78 Abschnitt XXXIII. R. Gew. Ordn. Innungen.
4 91. Die auf Grund des 8. 81b Ziff. 4 errichteten Innungsschieds-
gerichte müssen mindestens aus einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern bestehen.
Die Beisitzer und deren Stellvertreter sind zur Hälfte aus den Innungs-
mitgliedern, zur Hälfte aus den bei ihnen beschäftigten Gesellen (Gehülfen) und
Arbeitern zu entnehmen. Die ersteren sind von der Innungsversammlung, die
letzteren von den Gesellen (Gehülfen) und Arbeitern zu wählen. Auf das
Wahlrecht finden die Vorschriften der §§. 10, 13 Abs. 1, 14 Abs. 1 des Ge-
werbegerichts-Gesetzes Anwendung.
Der Vorsitzende wird von der Aufsichtsbehörde bestimmt; er braucht der
Innung nicht anzugehören.
Die Beisitzer erhalten für jede Sitzung, welcher sie beigewohnt haben, Ver-
gütung der baaren Auslagen und eine Entschädigung für Zeitversäumniß; die
Höhe der letzteren und der Betrag der dem Vorsitzenden zu gewährenden Ver-
gütung sind im Nebenstatute festzusetzen.
Sind Wahlen nicht zu Stande gekommen, oder verweigern die Gewählten
die Dienstleistung, so hat die Aufsichtsbehörde die Beisitzer aus der Zahl der
wählbaren Innungsmitglieder, Gesellen (Gehülfen) und Arbeiter zu ernennen.
Die Anberaumung des ersten Termins soll innerhalb acht Tagen nach
Eingang der Klage erfolgen und die Entscheidung nach Möglichkeit beschlennigt
werden. Wird die achttägige Frist nicht innegehalten, so kann der Kläger ver-
langen, daß statt des Innungsschiedsgerichts an den Orten, wo Gewerbegerichte
bestehen, diese und, wo solche nicht bestehen, die ordentlichen Gerichte entscheiden.
Dies Verlangen ist dem darnach zuständigen Gewerbegericht oder ordentlichen
Gericht und dem Innungsschiedsgerichte schriftlich mitzutheilen.
§. 91a. Erfolgt durch das Innungsschiedsgericht eine Verurtheilung auf
Vornahme einer Handlung, so ist der Beklagte zugleich auf Antrag des Klägers
für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer zu bestimmenden Frist vor-
genommen wird, zur Zahlung einer nach dem Ermessen des Gerichts festzu-
setzenden Entschädigung zu verurtheilen. In diesem Falle ist die Zwangsvoll-
streckung gemäß §§. 773 und 774 der Civilprozeß-Ordnung ausgeschlossen.
§. 91b. Die Entscheidungen der Innung (S. 81 a Ziff. 4) und der In-
nungsschiedsgerichte (§. 81b Ziff. 4) sind schriftlich abzufassen; sie gehen in
Rechtskraft über, wenn nicht binnen einer Nothfrist von einem Monat eine
Partei Klage bei dem ordentlichen Gericht erhebt. Die Frist beginnt gegen
eine bei der Verkündigung nicht anwesende Partei mit der Behändigung ger
Entscheidung.
Aus Vergleichen, welche nach surhäzung der Klage vor der Innung oder
dem Innungsschiedsgerichte geschlossen sind, findet die Zwangsvollstreckung statt.
Die Entscheidungen können von Amtswegen für vorläufig vollstreckbar
erklärt werden, wenn sie die im §. 3 Ziff. 1 des Gewerbegerichts-Gesetzes be-
zeichneten Streitigkeiten betreffen, oder der Gegenstand der Verurtheilung an
Geld oder Geldeswerth die Summe von einhundert Mark nicht übersteigt.
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ist nicht auszusprechen, wenn glaubhaft
gemacht wird, daß die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden
Nachtheil bringen würde; auch kann sie von einer vorläufigen Sicherheitsleistung
abhängig gemacht werden. fern die P b
Die Vollstreckung erfolgt, sofern die Partei dies beantragt, auf Ersuchen
der Innung oder des Innungsschiedsgerichts durch die Poltzeibehörde nach
Maßgabe der Vorschriften über das Verwaltungszwangsverfahren; wo ein
solches Verfahren nicht besteht, finden die Bestimmungen über die Zwangsvoll-
streckung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. Ein unmittelbarer
Zwang zur Vornahme einer Handlung ist nur im Falle des §. 127d zulässig.
Ist rechtzeitig Klage erhoben, so findet der §. 647 der Civilprozeß-Ordnung
entsprechende Anwendung.
§. 92. Die Angelegenheiten der Innung werden von der Innungsver-
sammlung und dem Vorstande wahrgenommen. 4
Zur Wahrnehmung einzelner Angelegenheiten können Ausschüsse gebildet
werden.