888 Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz.
Das Gemeinderecht geht verloren, sobald eines der zur Erlangung desselben
vorgeschriebenen Erfordernisse nicht mehr zutriftt.
§. 41. In jeder Gemeinde hat der Borsteher ein vollständiges Verzeichniß der
zur Ausübung des Gemeinderechts befähigten Meistbeerbten (Gemeinderolle) zu führen.
Wer einmal in diese Rolle aufsgenommen ist, kann aus derselben ohne gesetzliche
Gründe, welche ihm bekannt gemacht werden müssen, nicht weggelassen werden.
§. 42. Der Berlust des Gemeinderechts hat den Berlufst derjenigen Stellen zur
Folge, zu deren Erlangung der Besitz desselben erforderlich ist. Im Falle des ruhen-
den Gemeinderechts ist nach Umständen von der Aufsichtsbehörde !) über die Sus-
pension zu verfügen.
8. 43 (ersetzt durch Art. 13 Ges. 15. Mai 1856). Die vom Staate be-
soldeten Beamten, sowie die Beamten der vormals unmittelbaren Deutschen
Reichsstände, soweit dieselben den Staatsbeamten gleich zu achten sind. die
Geistlichen und Schullehrer bedürfen, wenn sie eine Stelle oder einen Auftrag
von längerer Dauer bei der Gemeindeverwaltung übernehmen sollen, dazu der
Erlaubniss ihrer vorgesetzten Dienstbehörde und des Landraths:). Diese Er-
laubniss kann auch, wenn sich aus der Verbindung beider Dienstverhältnisse
für den Staatsdienst oder die Gemeindeverwaltung in der Folge ein Nachtheil
erziebt= von der Dienstbehörde sowohl als von dem Landrathe:) zurückgerogen
werden.
Dritter Abschnitt. Von der Bertretung der Gemeinden.
§. 44. Die Gemeinde wird in ihren Angelegenheiten nach den darüber in
gegenwärtiger Ordnung ertheilten Vorschriften durch den Gemeinderath (Schöffenrath)
oder durch den Bürgermeister und den Gemeindevorsteher vertreten?).
Ob die Benennung Gemeinderath oder Schöffenrath zu gebrauchen sei, darüber
entscheidet das landesübliche Herkommen.
85. 8 und 25 der Kreis-Ordnung für die Rheinprovinz.
Die Gemeindeangehörigen sind verpflichtet, unbesoldete Aemter in der
Verwaltung und Vertretung der Landgemeinden und Landbürgermeistereien zu.
übernehmen.
Zur Ablehnung oder zur früheren Niederlegung solcher Aemter berechtigen
folgende Entschuldigungsgründe:
anhaltende Krankbeit;
Geschäfte, die eine häufige oder lange dauernde Abwesenheit vom Wohn-
orte mit sich bringen;
das Alter von 60 Jahren;
die Verwaltung eines unmittelbaren Staatsamtes;
Sonstige besondere Verhältnisse, welche nach dem Ermessen des Gemeinde-
raths beziehungsweise der Bürgermeistereiversammlung eine gültige Ent-
schuldigung begründen. «
FürdasAmtdesEhrenbürgetmeisters(§.103Abs.2)istalsgenügender
Ablehnungsgrund auch die Grösse des Geschäftsumfanges anzuerkennen, wenn
derselbe nach Ermessen des Kreisausschusses die an ein Ehrenamt zu stellenden
Ansprüche übersteigt.
Beträgt die Amtsdauer mehr als drei Jahre, so kann das Amt nach Ablauf
von drei Jahren niedergelegt werden.
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Zu Anmerkung 2 auf S. 887.
(G. S. S. 109) und Res. 5. Dez. 1881 (M. Bl. 1882 S. 30). Art. 12 hat durch
§. 51 Gef. 6. März 1879 insofern eine Aenderung erfahren, als eine Beschränkung
in der Ausübung der Gemeinderechte nicht mehr auf Grund der Zahlungsunfähigkeit
oder Zahlungseinstellung, sondern erst in Folge der Eröffnnng des Konkursverfahrens
eintritt.
Gerichtliche Sequestration des Vermögens bewirkt das Ruhen des Gemeinde-
rechtes des Eigenthümers nicht, E. O. V. IX 63.
1) Landrath oder Regierungspräsident, Zust. Ges. §. 36,4.
*) Zust. Ges. §. 24.—
) Die Bertretung der Gemeinde nach außen, insbesondere vor Gericht, steht nur
dem Bürgermeister zu, Erk. O. Trib. 2. Juli 1861 (Rh. Arch. LVII. II S. 68).