Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz. 889 
Wer ein unbesoldetes Amt in der Verwaltung oder Vertretung einer Land- 
gemeinde beziehungsweise Landbürgermeisterei während der vorgeschriebenen 
regelmässigen Amtsdauer versehen hat, kann die Uebernahme desselben oder 
eines gleichartigen für die nächsten drei Jahre ablehnen. 
Wer sich ohne einen der vorbezeichneten Entschuldigungsgründe weigert, 
ein derartiges Amt zu übernehmen, oder das übernommene Amt drei Jahre 
hindurch zu versehen, sowie derjenige, welcher sich der Verwaltung des Amtes 
thatsächlich entzieht, kann durch Beschluss des Gemeinderaths, beziehungsweise 
der Bürgermeistereiversammlung für einen Zeitraum von drei bis sechs Jahren 
der Ausübung seines Rechtes auf Theilnahme an der Vertretung:) und Verwal- 
tung der Gemeinde, beziehungsweise der Landbürgermeisterei für verlustig 
erklärt und um ein Achtel bis ein Viertel stärker, als die übrigen Gemeinde- 
angehörigen, zu den Gemeindeabgaben herangezogen werden. # 
Der Beschluss des Gemeinderaths beziehungsweise der Bürgermeisterei- 
versammlung bedarf keiner Genehmigung oder Bestätigung von Seiten des 
Bürgermeisters oder der Aufsichtsbehörde. 
Gegen den Beschluss findet die Klage im Verwaltungsstreitverfahren statt. 
Die Klage steht auch dem Bürgermeister zu:2). Z 
§. 45. In denjenigen — —") Gemeinden, welche nur achtzehn oder weniger zur 
Ausübung des Gemeinderechts befähigte Gemeindeglieder zählen, bilden diese sämmtlich 
den Gemeinderath. In allen übrigen Gemeinden besteht der Gemeinderath aus ge- 
wählten Gemeindeverordneten. Z„ 
Bei einer Verminderung der Zahl der Meistbeerbten bis auf achtzehn oder dar- 
unter tritt die Versammlung sämmtlicher Meistbeerbten erst von dem Zeitpunkt ab in 
die Stelle des aus gewählten Gemeindeverordneten bestehenden Gemeinderaths, wo 
eine neue Wahl von Gemeindeverordneten vorzunehmen gewesen wäre. Bei einer 
Vermehrung der Zahl der Meistbeerbten über achtzehn ist die Wahl von Gemeinde- 
verordneten binnen einer Frist von drei Jahren vorzunehmen. 
Bon diesen Bestimmungen soll in Ansehung derjenigen Gemeinden des ost- 
rheinischen Theils des Regierungsbezirks Coblenz, in denen mehr als achtzehn Meist- 
beerbte vorhanden sind, seither aber eine Vertretung durch sämmtliche zur Ausübung 
des Gemeinderechts befähigte Gemeindeglieder stattgefunden hat, eine Ausnahme dahin 
eintreten, daß der Gemeinderath aus sämmtlichen Meistbeerbten gebildet werden muß, 
wenn diese durch einen, nach Stimmenmehrheit abzufassenden Beschluß darauf 
antragen. 
§. 46. In denjenigen — — 2) Gemeinden, welche durch gewählte Verordnete vertreten 
werden, gehören zum Gemeinderath außer diesen Verordneten auch die im Gemeinde- 
ezirke mit einem Wohnhause angesessenen meistbegüterten Grundeigenthümer 4), welche 
von ihrem im Gemeindebezirke gelegenen Grundbesitz zu einem Jabresbetrage von 
mindestens einhundertfünfrig Mark an Grund- und Gebäudesteuer vom Staate 
Veranlagt sind und die im §. 35, beziehungsweise Art. 11 und 12 des Gesetzes 
vom 15. Mai 1856 vorgeschriebenen persönlichen Eigenschaften besttzen #). 
fest 47. Die Zahl der zu wählenden Gemeinde-Verordneten wird wie folgt 
estgesetzt: 
1) Das aktive und paffive Wahlrecht ist gemeint, Res. 11. März 1874, 
(M. Bl. S. 99). 
2) Die beiden letzten Absätze aus Zust. Ges. #§. 28. 
2) Die Worte „auf dem Provinziallandtag im Stande der Städte nicht vertre- 
ltenen“, desgl. die Worte im §. 46 „zum Stande der Städte nicht gehörigen“ find 
durch s. 21 Rh. K. O. beseitigt, Erk. 14. März 1890 (E. O. V. XIX. 124). 
) d. s. die sog. geborenen Gemeinderathsmitglieder. 
*) Es können also nur physische Personen geborene Gemeinderathemitglieder sein 
daher z. B. nicht Aktiengesellschaften, Erk. O. V. G. 19. Dez. 1894 (bei Harnisch 
S. 74). Bei Handelsgesellschaften steht die Zulassung eines Gesellschafters zum Ge- 
meinderathe nur den einzelnen Gesellschaftern unter ihrem persönlichen Namen zu, 
Erk. O. V. G. 13. März 1894 (das. S. 74); der Mitinhaber einer mit Grundbesttz 
in einer Gemeinde angesessenen offenen Handelsgesellschaft ist demnach als meistbe- 
güterter Grundeigenthümer anzusehen, Erk. O. V. G. 19. Febr. 1896 (das. S. 75). 
 
	        
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