Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz. 895
Zweite Abtheilung. Von dem Vorsteher, dem Empfänger und den Unterbeamten der
Gemeinden.
§S. 72 (ersetzt durch Art. 20 Ges. 15. Mai 1856).
Der Gemeindevorsteher und dessen Stellvertreter (Beistand), sowie die
Bezirks, Dorf- oder Bauerschaftsvorsteher werden von dem Gemeinderathe aus
der Zahl der zur Ausübung des Stimmrechts befähigten Gemeindemitglieder auf
die Dauer von sechs Jahren durch absolute Stimmenmehrheit gewählt y). Der
Vorsteher muss im Gemeindebezirke wohnen und die zu seinen Geschäften
nöthigen Kenntnisse besitzen.
Die Wahlen erfolgen nach näherer Vorschrift des der Kreis-Ordnung für
die Rheinprovinz beigefügten Wahlreglements:).
Die Gewählten bedürfen der Bestätigung durch den Landrath #u#).
Vor der Bestätigung ist der Bürgermeister mit seinem Gutachten zu hören.
Die Bestätigung kann unter Zustimmung des TKreisausschusses versagt
werden.
Wird die Bestätigung versagt, so ist eine Neuwahl anzuordnen 2). Erhält
auch diese die Bestätigung nicht, so ernennt der Landrath auf den Vorschlag
des Bürgermeisters unter Zustimmung des Kreisausschusses einen Stellvertreter
auf so lange, bis eine erneute Wabl die Bestätigung erlangt hat. Dasselbe
lindet statt, wenn keine Wahl zu Stande kommt.
Für Verhinderungsfälle des Gemeindevorstehers wird in gleicher Weise
ein Stellvertreter (Beistand) gewählt ), welcher dieselben Eigenschaften be-
eitzen muss.
§. 73. In denjenigen Gemeinden, welche für sich allein eine Landbürger-
meisterei 1) bilden, ist der Bürgermeister zugleich Gemeindevorsteher 5.
§. 74 (aufgehoben durch §. 23 der Kreis-Ordnung für die Rheinprovinz).
§. 75. Das Amt des Vorstehers wird unentgeltlich verwaltet, und nur für
Dienstunkosten eine Eutschädigung gewährt, welche bis zum Betrage von zehn
fennigen für den Kopf der Bevölkerung von dem Kreisausschusse"!)) nach Ver-
nehmung des Gemeinderaths zu bestimmen ist, mit Genehmigung des Kreisaus-
schusses vom Gemeinderath aber auch höher festgesetzt werden kanng).
Für Dienstreisen nach einem mehr als zwei Meilen entfernten Orte kann besondere
Vergütigung verlangt werden. Gebühren für einzelne Amtshandlungen dürfen nur
Znsoweit erhoben werden, als sie in den Gesetzen ausdrücklich gestattet find; dagegen
müssen die durch solche Handlungen verursachten baaren Auslagen jederzeit von den
Betheiligten erstattet werden.
§. 76. Der Vorsteher ist für die Verwaltung der Ortspolizei), für die Ver-
waltung der Gemeindeangelegenheiten und für alle Augelegenheiten der Bürgermeisterei,
soweit sie die Gemeinde betreffen, ein Organ des Bürgermeisters (§. 85). Dieser
darf aber demselben das Etats-, Kassen- und Rechnungswesen nicht üÜbetragen.
Die Gemeindevorsteher und deren Stellvertreter gehören in der Rheinprovinz
zu den Hülfsbeamten der Staatsanwaltschaft?).
"*§. 77. Wo der Umfang der Gemeinde es nöthig macht, können für einzelne
Theile derselben, nach Beschluss des Kreisausschusses), Bezirks-, Dorfs- oder
auerschaftsvorsteher bestellt werden, welche in dem ihnen angewiesenen Bezirke wohn-
haft sein müssen. Wegen der Qualifikation, Amtsdauer, Wahl und Bestätigung
derselben kommen die binsichtlich der Wahl und Bestätigung der Gemeinde-
vorsteher geltenden Vorschriften in Anwendung'). Die Dorfs= und Bauer-
—„ — —
) Rh. Kr. O. §. 23.
#:) Vergl. Res. 3. Aug. 1874 (M. Bl. S. 100).
3) Er muß aber in der Gemeinde seinen Wohnort haben. Er wird dann auch
als Gemeindevorsteher durch einen Beigeordneten vertreten, Res. 22. März 1888.
1) Zust. Ges. §. 32, 4.
*) Art. 21 Ges. 15. Mai 1856.
„)Rh. Kr. O. §. 28.
!) Srr. P. O. §. 159, Ger. Verf. Ges. §. 153 und Res. 15. Sept. 1879
(M. Bl. S. 265).
*!) Zust. Ges. §. 32, 3.
*o) Rh. Kr. O. §. 23.