898 Abschnitt XXXVI. Gemeinde-Ordnung für die Rheinprovinz.
§. 83. Ueber die Art und Weise der Ausführung von Gemeinde-Anlagen und
Anstalten, sowie über die Berwaltung des Gemeindevermögens muß der Gemeinde-
rath in allen Fällen zuvor gehört werden. In Ausehung solcher Angelegenheiten,
welche sich auf Erfüllung von Pflichten der Gemeinden beziehen (§. 86), ist auch hier
der Beschluß des Gemeinderaths als bloßes Gutachten anzusehen, welches aber soweit
beachtet werden soll, als es den Zwecken entsprechend und mit den allgemeinen Staats-
grundsätzen vereinbar ist.
Für die Behandlung derjenigen Angelegenheiten, welche nur das besondere In-
teresse der Gemeinde und namentlich der Bermögensverwaltung betreffen, ist der Be-
schluß des Gemeinderaths entscheidend.
Beschlösse des Gemeinderaths, welche dessen Befugnisse überschreiten oder
die Gesetze verletzen, hat der Bürgermeister entstehendenfalls auf Anweisung
der Aufsichtsbehörde, mit aufschiebender Wirkung unter Angabe der Gründe
zu beanstanden. Gegen die Verfüguug des Bürgermeisters steht dem Gemeinde--
rathe die Klage im Verwaltungsstreitverfahren zu?.
Wenn kerner der Bürgermeister die Ueberzengung hat, daß ein Beschluß dem
Gemeindewohl wesentlich nachtheilig werden würde, so soll er die Ausführung ver-
sagen und darüber an den Landrath berichten; er muß aber, wenn er bei Abfassung
des Beschlusses nicht anwesend war, eine nochmalige Berathung der Sache unter
seinem Vorsitze veranlassen und eine Einigung versuchen. Der Landrath kann den
Gemeinderath persönlich vernehmen und hat, wenn auch er keine Einigung zu Stande
bringt, die Verhandlungen dem Kreisausschusse zur Beschlussfassung vorzulegen?).
Die Gemeinden können, wo ein dringendes Bedürfniss der Landeskultur
dazu vorliegt und ihre Kräfte es gestatten, nach Anhörung der betreffenden
Gemeindevertretung und des Kreistages angehalten werden, unkoltivirte Ge-
meinde-Grundstücke, namentlich durch Anlage von Holzungen und Wiesen, in
Kultur zu setzen. Nähere Bestimmungen hierüber bleiben Königlicher Verordnung
vorbehaltens).
§. 89. Ueber alle Ausgaben, Dienste und Einnahmen, welche sich im Voraus
bestimmen lassen, stellt der Bürgermeister Etats auf, und hat, nachdem solche vom
Gemeinderathe festgestellt worden, innerhalb der Grenzen dieser Etats, ohne über die
einzelnen Anweisungen den Gemeinderath zu hören, selbständig zu verfügen.
Ein Duplikat des Etats ist dem Landrath vor der Ausführung einzureichen,
welcher, wenn darin gegen gesetzliche Bestimmungen gefehlt ist, die Ausführung
nöthigenfalls zu suspendiren und das Erforderliche gemäss §§S. 87 und 88 zu
veranlassen hat /#).
Der Entwurf zu den Haushaltsetats soll, bevor er vom Gemeinderathe geprüft
wird, vierzehn Tage lang im Verwaltungslokale zur Einsicht der Gemeindeglieder und
der Forensen offen gelegt werden. Der Gemeinderath kann auch die Beröffentlichung
des Haushaltsetats durch den Abdruck beschließen.
Bei Vorlegung des Haushaltsetats hat der Bürgermeister dem Gemeinderath
einen ausführlichen Bericht über den Stand der gesammten Verwaltungs--Angelegen-
heiten der Gemeinde vorzulegen.
§. 90. Der Bürgermeister hat dafür zu sorgen, daß der Haushalt nach den
Etats geführt werde. Außerordentliche Ausgaben, welche außer dem Etat geleistet
werden sollen, bedürfen der Genehmigung des Gemeinderaths und des Kreisaus-
schusses ).
5. 91. Die Rechnung über die Gemeindekasse hat der Einnehmer vor dem
1. September ) des folgenden Jahres zu legen und dem Bürgexmeister einzureichen.
Nach vorläufiger Durchsicht läßt der Bürgermeister in der Gemeinde bekannt machen,
daß die Rechnung im Verwaltungslokale während vierzehn Tage offen liege. Jedes
) Zust. Ges. §3. 29, 37.
2) Zust. Ges. §. 33, . .
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Vergl. auch 8. 30 Abs. 2 Zust. Ges.
) Zust. Ges. 88. 29, 35.
5). Zust. Ges, §. 31 Abs. 1. .. «-.;.
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der Gemeinden allgemein am 1. April beginnt und am 31. März endigt.