Full text: Handbuch für Preußische Verwaltungsbeamte. Zweiter Band. (2)

Abschnitt XXXVI. Landgemeinde-Ordnung für die Prov. Westfalen. 923 
Versammlung auf 3—6 Jahre der Ausübung des Gemeinderechts verlustig erklärt, 
und um ein Achtel bis ein Viertel stärker zu den direkten Gemeinde--Abgaben heran- 
gezogen werden. Ueber die Berechtigung zur Ablehnung oder Niederlegung 
ciner Stelle in der Gemeinde-Verwaltung oder Gemeinde-Vertretung, über die 
Nachtheile, welche gegen Angehörige (Mitglieder) der Gemeinde wegen Nicht- 
erfüllung der ihnen nach den Gemeinde-Verfassungsgesetzen obliegenden Pflichten 
sowie über die Strafen, welche gegen Mitglieder der Gemeinde-Vertretung wegen 
Zuwiderhandlung gegen die Geschäftsordnung oder wegen unentschuldigten 
Ausbleibens nach Massgabe der Gemeinde-Verfassungsgesetze zu verhängen sind, 
beschliesst die Gemeinde-Vertretung. Der Beschluss bedarf keiner Bestätigung 
der Aufsichtsbehörde. Gegen den Beschluss findet die Klage im Verwaltungs- 
Streitverfahren statt; die Klage steht auch dem Gemeinde-Vorstande, sowie dem 
Amtmann zul). 
Wegen der Verpflichtung, die Stelle eines gewählten Amtsverordneten zu 
übernehmen und mindestens drei Jahre lang zu versehen, kommen die vor- 
stehenden Bestimmungen gleichfalls zur Anwendung:). 
§. 79. Wer eine das Gemeinderecht voraussetzende Stelle in der Verwaltung 
oder Vertretung der Gemeinde oder des Amts bekleidet, scheidet aus derselben aus, 
wenn er des Gemeinderechts verlustig geht; im Falle des ruhenden Gemeinderechts 
tritt die Suspension ein (§. 22). 
§. 80. Die Ausfsicht des Staats über die Gemeinden, über die öffentlichen An- 
gelegenheiten der den Gemeinden gleichgestellten Güter und über die Aemter wird, 
sofern nicht ein Anderes ausdrücklich bestimmt ist, in erster Instanz von dem Land- 
rathe als Vorsitzendens) des Kreisausschusses und in zweiter und letzter Instanz 
von dem Regierungspräsidenten ausgeübt. 
Der Landrath ist, wenn er es in besonderen Fälleu für nöthig findet, befugt, in 
der Gemeinde= und Amtsversammlung den Vorsitz, jedoch ohne Stimmrecht, zu über- 
nehmen, imgleichen die Einberufung einer solchen Versammlung anzuordnen. 
Zur Gemeinde-Versammlung dieser Art muß der Amtmann eingeladen werden. 
Für alle dem Amtmann bobliegenden Geschäfte, mit Ausnahme der im letzten 
Alinea §. 74 gedachten, ist der Landrath dessen numittelbarer Dienst-Vorgesetzter. 
S. 81. Beschwerden bei den Aufsichtsbehörden in den im S. 80 Abs. 1 
bezeichneten Angelegenheiten sind in allen Instanzen innerhalb zwei Wochen 
anzubringent). 
§. 82. Durch Königliche Verordnung auf den Antrag des Staats-Ministeriums 
kann eine Gemeinde-Versammlung, sofern diese nicht aus sämmtlichen stimmberechtigten 
Gemeindemitgliedern besteht, oder eine Amtsversammlung aufgelöst werden. Es ist 
sodann eine Neuwahl anzuordnen und muß dieselbe binnen sechs Monaten, vom Tage 
der Auflösungs-Verordnung an, erfolgen. Dieser Neuwahl unterliegen, im Falle der 
Auflösung einer Amtsversammlung nur die §. 75 sub 3 gedachten Mitglieder. 
Bis zur Einführung der neugewählten Mitglieder der Gemeinde= oder Amts- 
versammlung beschliesst an Stelle der letzteren der Kreisausschusss). 
§. 83. In Betreff der Dienstvergehen der Amtmänner, Gemeinde-Vorsteher und 
Stellvertreter, so wie der sonstigen Amts= und Gemeinde-Beamten") und Diener, 
kommen die darauf bezüglichen Gesetze mit der Maßgabe zur Anwendung, daß der 
1) Zust. Ges. 88. 27, à; 28, vergl. auch §. 37. 
2) Westf. Kr. O. 8 24 Abs. 3. . 
«)JndieserEigenichaftundinFällenverobigenAnwirdderLaudrath,wenn 
er verhindert ist, nicht durch den Kreis-Sekretär, sondern durch seinen vom Kreis- 
ausschuß gewählten Stellvertreter (§. 80 Kr. O.) vertreten. 
4) Zust. Ges. §. 24 Abs. 2. Vergl. das. §. 37. 
5) Zust. Ges. 8. 33, g. Z„ 
6) Wegen Bestrafung der Dienstvergehen der Gemeinde-Vorsteher und sonstigen 
Gemeindebeamten vergl. 8. 36 Zust. Ges. 
Durch §. 27 Abs. 3 W. Kr. O. ist die (nach §. 36 Nr. 1 Zust. Ges.) dem 
Landrathe, in der Beschwerdeinstanz dem Regierungspräsidenten zustehende Befugniß 
zur Verhängung von Ordnungsstrafen gegen die Amtmänner, Gemeinde-Vorsteher 
und sonstigen Gemeindebeamten, bezüglich der Ehrenamtmänner, auf den Kreisaus- 
schuß, in der Beschwerdeinstanz auf den Bezirksausschuß übertragen worden.
	        
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