Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz. 943
§. 34. Das Einkommen aus bebauten und unbebauten Grundstücken,
welche ganz oder zum Theil nach §. 24 der Steuer vom Grundbesitz nicht
unterworfen sind, unterliegt insoweit auch nicht der Gemeindeeinkommensteuert).
§. 35. Ein die Steuerpflicht begründender Betrieb von Handel und Gewerbe,
einschließlich des Bergbaues, der im §. 33 Nr. 2, 3. und 4 bezeichneten Per-
sonen und Erwerbsgesellschaften findet nur in denjenigen Gemeinden statt, in
welchen sich der Sitz:), eine Zweigniederlassungs), eine Betriebs-, Werk= oder Ver-
kaufsstätten) oder eine solche Agenturs) des Unternehmens befindet, welche er-
Zu Anmerkung 7 auf S. 942.
dieser Vorschrift an sich der Gemeindeinkommensteuer Unterworfenen können indeß nur
so lange ihr Aufenthalt in der Gemeinde noch fortbesteht, zur Steuer herangezogen
werden, E. O. V. XXIX. 19.
1) Dadurch ist der bisherige im Wesentlichen auf Entscheidungen des O. V. G.
(E. O. B. XXII. 21) beruhende Rechtsstand, wonach z. B. Gymnasien als juristische
Personen wegen des Einkommens aus Gymnafialgebäuden steuerpflichtig waren,
geändert.
2) Als Sitz ist der Ort anzusehen, wo die Leitung und VBerwaltung eines
Unternehmens geführt wird. Der Ort, an dem eine Aktiengesellschaft, eine Kom-
manditgesellschaft auf Aktien, eine eingetragene Genossenschaft ihren Sitz hat, muß
in das Handelsregister (Art. 209, Nr. 1, 210, 175 Nr. 1, 176 H. G. B.) bezw. in
das Genossenschaftsregister (§S. 6, 10 Reichsges. 1. Mai 1889) eingetragen werden.
Der im Handelsregister eingetragene Sitz der Gesellschaft wird aber unter Umständen
daun nicht als Sitz des Unternehmens im wirthschaftlichen, steuerlichen Sinne
angesehen werden dürfen, wenn sich an diesem Orte keine wirtschaftliche, gewerbliche
Thätigkeit irgend welcher Art vollzieht, E. O. V. XXVII. 31, Erk. O. V. G.
26. Sept. und 31. Okt. 1894 (Pr. V. Bl. XVI. 39, 231). Der Regel nach wird
auch der Sitz der juristischen Personen durch den Sitz der Verwaltung bestimmt.
Eine Ausnahme kann eintreten, wenn bei der Verleihung der juristischen Persönlich-
keit oder durch Statut ein vom Sitze der Verwaltung verschiedener Ort als Sitz
bestimmt worden ist.
3) Eine Zweigviederlassung ist als vorhanden anzunehmen, wenn von ihr aus
unmittelbar Geschäfte geschlossen werden. Zweigniederlassungen von Aktiengesell-
schaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, eingetragene Genossenschasten müssen in
das Handels= bezw. Genossenschaftsregister eingetragen werden. Beweist aber auch die
Anmeldung bis auf Weiteres gegen die Gesellschaft, so ist doch die Kommunal-
besteuerung von der erfolgten Anmeldung nicht abhängig, die Steuerpflicht ist viel-
mehr Thatfrage. Zu vergl. E. O. V. XXI. 63 und Erk. O. V. G. 30. Jan. 1894
(Pr. V. Bl. XV. 601 — Baubureau einer Terraingesellschaft nicht schon eine
Zweigniederlassung).
4) Betriebsstätte ist die Stelle an der sich dauernd und bleibend entweder nach
der Willensbestimmung des Unternehmers oder nach der Natur des Gewerbes die-
jenigen Thätigkeiten vollziehen, die den Inhalt des Gewerbebetriebes bilden, ins-
besondere also z. B. diejenigen Arbeiten geleistet werden, die zur Heroorbringung der
den Gegenstand des Unternehmens bildenden Waaren oder Leistungen erforderlich sind.
Bergl. E. O. V. XV. 202, XVI. 110, XVIII. 128, XXII. 12.
Als Betriebsstätte bei Bergbauunternehmungen sind nicht die unter-
irdischen Gewinnungsorte, sondern die Aufbereitungsanstalten, die Förderschachte und
die Förderstollen anzusehen, die übrigen Schachte und Stollen aber nur dann, wenn
auf oder bei denselben Maschinen-, Feuerungs-, Werkstätten= oder sonstiger Betrieb
umgeht. Das O. V. G. erkannte unterm 27. April 1885 einen Wasserhaltungs-
schacht als eine Betriebsstätte an, weil dazu mehrere Gebäude gehörten, in denen
2 Wasserhaltungsmaschinen von 100 bis 209 Pferdekräften aufgestellt waren, welche
sich fortwährend im Betriebe befanden und ständig von 10 bis 20 Arbeitern bedient
wurden. Vergl. Erk. O. V. G. 27. April und 16. Nov. 1885 (Pr. V. Bl. 1885
Nr. 11). Ein noch im Bau begriffener Schacht ist keine Betriebsstätte, E. O. V.
27. April 1895 Nr. II. 655.
Der nicht in der Gemeinde wohnende Pächter eines in ihr landwirthschaft-
lich benutzten Grundstücks ist dort abgabepflichtig. Vergl. E. O. V. II. 33.