964 Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz.
Der Antrag des Steuerpflichtigen, welcher binnen der Frist von 4 Wochen
vom Tage der Bekanntmachung der Steuer (§. 65) seitens der zweiten oder
einer weiteren eine Steuerforderung erhebenden Gemeinde ab gerechnet, zu
stellen ist, tritt an die Stelle des Einspruches gegen die Heranziehung (Veran-
lagung) zu den bezüglichen Steuern in jeder einzelnen der betheiligten Ge-
meinden (§. 69).
Der Kreis= (Bezirks-) Ausschuß hat nach verhandelter') Sache den auf
jede Gemeinde entfallenden Theil des steuerpflichtigen Einkommens und den
von demselben zu entrichtenden Steuerbetrag festzusetzen.
Zutreffendenfalls kommen die Bestimmungen des §. 58 des Gesetzes über
die allgemeine Landesverwaltung vom 30. Juli 18832) dahin zur Anwendung
daß auch in den Fällen, in welchen die Stadt Berlin betheiligt ist, der
Minister des Innern den Bezirksausschuß bestimmt, welcher zu beschließen hat.
§. 72. Gegen den Beschluß des Kreis= (Bezirks-) Ausschusses findet
binnen einer Frist von 2 Wochen der Antrag auf mündliche Verhandlung im
Verwaltungsstreitverfahren statt. In den Fällen, in welchen der 8. 58 a. a. O.
zur Anwendung kommt, ist für das Verwaltungsstreitverfahren derjenige
Kreis= (Bezirks-) Ausschuß zuständig, welcher in Ansehung des Beschluß
verfahren für zuständig erklärt worden war.
Der Antrag auf mündliche Verhandlung im Verwaltungsstreitverfahren
steht sowohl dem Steuerpflichtigen, als auch einer jeden Gemeinde zu, auf
deren Steuerforderung sich der Beschluß erstreckt, und richtet sich gegen sämmt-
liche Betheiligte, deren Theilverhältniß durch den von dem Kläger verfolgten
Anspruch berührt wird.
§. 73. Wird während schwebenden Beschluß= oder Verwaltungsstreit-
verfahrens eine weitere Forderung auf Zahlung von Gemeindesteuern in
Ansehung des dem Verfahren unterliegenden Einkommens erhoben, so hat der
Steuerpflichtige binnen der Frist von vier Wochen, vom Tage der Bekannt-
machung der bezüglichen Steuerforderung (§. 65) ab gerechnet, deren Ein-
beziehung in das schwebende Verfahren bei derjenigen Behörde zu beantragen,
bei welcher die Sache anhängig ist?). In diesem Verfahren ist alsdann
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Zu Anmerkung 3 auf S. 963.
gemäß §. 71. K. A. G. entgehen. Er wird diesen Antrag zweckmäßig dann stellen,
wenn er einer Mehrzahl steuerberechtigter Gemeinden gegenüber steht, die bei ihrer
Veranlagung den §. 51 K. A. G. unbeachtet gelassen und sein steuerpflichtiges Ein-
lommen so hoch angenommen haben, daß es im Ganzen den Höchstbetrag derjenigen
Steuerstufe übersteigt, in die er bei der Beranlagung zur Staatseinkommensteuer ein-
geschätzt worden ist. Aber der Steuerpflichtige braucht nicht unbedingt den Antrag
auf Vertheilung zu stellen. Er kann auch unter Umständen gegen einzelne oder alle
Heranziehungen im Wege des Einspruchs vorgehen, E. O. V. XXX. 29.
1) Also dürfte ein Vorbescheid gemäß §. 64 L. V. G. unzulässig sein.
2) In einem Falle, in dem der §. 58 L. V. G. Anwendung findet, in dem
es also zur Begründung der Zuständigkeit des Kreis= oder Bezirksausschusses noch
eines besonderen Verwaltungsaktes bedarf, genügt es zur Wahrung der An-
tragsfrist von vier Wochen, wenn der Antrag auf Vertheilung innerhalb derselben
bei einem der in Frage kommenden Kreis= oder Bezirksausschüsse oder bei der Stelle
gestellt worden ist, die (§. 58 L. V. G.) berufen ist, den zuständigen Kreis= oder
Bezirksausschuß zu bestimmen, E. O. V. XXVII. 198.
3) Darunter ist sowohl die Beschlußbehörde, als auch das Verwaltungsgericht zu
verstehen. Daher kann der Kreisausschuß, wenn bei ihm als Verwaltungsgericht eine
Sache schwebt und während dessen eine weitere Steuerforderung Seitens einer bei
dem bishberigen Verfahren nicht betheiligten Gemeinde erhoben wird, sofort ohne vor-
herigen Beschluß über die Sache befinden, das Oberverwaltungsgericht als Revifions-
instanz nur, wenn der Anspruch spruchreif ist. Anderenfalls hat Zurückweisung in
die Instanz stattzufinden, H. H. Komm. Ber. S. 3
Sobald der Antrag auf Vertheilung gestellt ist, tritt er nicht nur an die Stelle
des Einspruchs gegen die früheren Heranziehungen, sondern er schließt auch bezüglich
der späteren den Einspruch aus, E. O. BV. XXX. 29. Vergl. Res. 17. Dez. 1896
(M. Bl. 1897 S. 5).