Abschnitt XXXVII. Kommunalabgaben-Gesetz. 965
gleichzeitig auch über die später erhobene Steuerforderung zu beschließen oder
zu entscheiden. « «·
§. 74. Wird nach rechtskräftig entschiedener Sache eine weitere Steuer-
forderung in Ansehung des Einkommens erhoben, welches den Gegenstand
des früheren Verfahrens gebildet hat, so finden die vorstehenden Bestimmungen
(§§. 71 bis 73) sinngemäße Anwendung mit der Maßgabe, daß derjenige
Kreis= (Bezirks-) Ausschuß, welcher in dem ersten Verfahren beschlossen und
entschieden hat, auch für das zweite Verfahren zuständig ist, und daß das
rechtskräftig festgesetzte Antheilsverhältniß der bei dem ersten Verfahren be-
theiligt gewesenen Gemeinden in dem zweiten Verfahren nicht mehr geändert,
in dem letzteren vielmehr nur noch darüber beschlossen und entschieden werden
kann, welchen Betrag die früher aufgetretenen Steuergläubiger dem später
aufgetretenen nach dem durch das rechtskräftige Urtheil für sie festgesetzten
Antheilsverhältnisse zu erstatten haben. · «
§. 65. Durch Einspruch und Klage wird die Verpflichtung zur Zahlung
oder Leistung nicht aufgeschoben ½).
§. 76. Gegen die Feststellung des Gesammtsteuersatzes für einen Ge-
werbebetrieb, der sich über mehrere Gemeinden erstreckt und nicht zur Staats-
gewerbesteuer, aber gemäß §. 28 Nr. 2 bis 6 zur Gemeindegewerbesteuer
herangezogen wird (§F. 32), finden dieselben Rechtsmittel statt, die im Falle
der Veranlagung dieses Betriebes zur Staatsgewerbesteuer gegeben sein würden
(§§. 35 bis 37 des Gewerbesteuergesetzes vom 24. Juni 1891). « »
Desgleichen finden auch in diesem Falle hinsichtlich der Zerlegung des
Steuersatzes in die auf die einzelnen Betriebsorte entfallenden Theilbeträge
die im §. 38 a. a. O. wegen der Rechtsmittel getroffenen Vorschriften
Anwendung.
Sechster Titel. Aufsicht.
§. 772). Für die Ertheilung der in diesem Gesetze vorbehaltenens
Genehmigung ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen bei Stadt-
gewenten der Bezirksausschuß, bei Landgemeinden"!) der Kreisausschuß
zuständig.
1) Daher steht selbst wenn die Heranziehung zur Steuer sachlich eine rechtswidrige
gewesen sein sollte, dem Steuerpflichtigen im Falle der Aufhebung der Veran-
lagung durch rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsrichters kein Anspruch auf
Zinsen für den ihm zu erstattenden Betrag zu, E. O. V. XXVIII. 115. Vergl.
E. O. V. VIII. 16; ebensowenig ein Antrag auf Rückerstattung von Beitreibungs-
kosten, E. O. V. VI. 134.
2) Ausf. Anw. Art. 46.
3) Die Frage, welche Gemeindebeschlüsse über Gemeindebesteuerung der Ge-
nehmigung bedürfen, ist lediglich nach den Bestimmungen des Kommunalabgaben-
gesetzes zu entscheiden. Eine Vorschrift, wonach die Gemeinden ohne die Genehmigung
der zuständigen Behörde nicht befugt sein würden, eine bestehende direkte oder in-
direkte Gemeindesteuer vorübergehend oder dauernd außer Hebung zu setzen bezw.
eine genehmigte Steuer-Ordnung wieder aufzuheben, ist in dem Kommunalabgaben-
gesetze nicht enthalten. Die bezüglichen Gemeindebeschlüsse bedürfen daher keiner Ge-
nehmigung, Res. 15. Mai 1897 (M. Bl. S. 906). « «
) Zu diesen gehören gemäß Res. 2. Jau. 1895 (M. Bl. S. 16) auch die
Amtsbezirke, Aemter und Landbürgermeistereien. 1
Zur Rechtswirksamkeit von Beschlüssen der Gemeindeversammlung, die der Geneh-
migung und der Zustimmung bedürfen, werden übereinstimmende Willenserklärungen der
Gemeindeversammlung, die den Beschluß faßt, z. B. eine Steuer-Ordnung erläßt,
des Kreisausschusses, der das beschlossene zu genehmigen hat, und des die Zu-
stimmung ertheilenden Regierungspräsidenten erfordert. Hat demnach der Kreis-
ausschuß nur bedingungsweise genehmigt, so muß die Gemeindeversammlung, damit
ihr Beschluß zur gesetzlichen Gültigkeit gelangt, die gestellten Bedingungen sich zu
elgen machen. Hat weiter der Regierungspräsident nur unter Vorbehalt seine Zu-
stimmung ertheilt, so müssen Gemeindeversammlung und Kreisausschuß auch ihrer-
seits den Vorbehalt ausdrücklich oder flillschweigend annehmen. Zu vergl. Pr. V. Bl.
XVI. 549, 550, XVIII. 219.