974 Abschnitt XXXVII. Anw. zur Ausf. des Kommunalabgaben-Gesetzes.
Gebühren im engeren Sinne (§§. 4, 5, 8, 11).
Art. 5. 1. Nach Abs. 2 des §. 4 muß die Erhebung von Gebühren erfolgen,
wenn eine Veranstaltung einzelnen Gemeindeangehörigen oder einzelnen Klassen von
solchen vorzugsweise — wenn auch nicht ausschließlich — zum Vortheil gereicht. Hat
aber die Gemeinde durch Beiträge (Art. 7) oder durch Mehr- oder Minderbelastung
(Art. 13) eine Ausgleichung wegen der ihr durch die Beranstaltung erwachsenen Kosten
ganz oder theilweise herbeigeführt, so find Gebühren überhaupt nicht oder nur insoweit
zu erheben, als die Ausgleichung nicht völlig erreicht ist (ugl. Art. 1 Nr. 1).
Mit dieser Einschränkung sind die Gebührensätze in der Regel so zu bemessen,
daß die Berwaltungs= und Unterhaltungskosten der Beranstaltung, einschließlich der
Aunsgaben für die Berzinsung und Tilgung des Kavitals, gedeckt werden. Eine obere
Grenze für Gebührensätze ist im Uebrigen im Gesetze nicht vorgeschrieben. Besteht
hiernach im Allgemeinen auch die Möglichkeit, die Gebührensätze so zu bemessen, daß
die Veranstaltung Ueberschüffe abwirft, so würde eine derartige Bemessung der Gebühren
doch nur aus besonderen Gründen sich empfehlen. Dem entsprechend hat das Gefetz
— abweichend von der im §. 3 bezüglich der gewerblichen Unternehmungen getroffenen
Bestimmung — nicht angeordnet, daß durch die Einnahmen einer Veranstaltung die
Kosten der Veranstaltung mindestens zu decken seien.
2. Nach Abs. 3 des §. 4 ist eine entsprechende Ermäßigung der Gebührensätze
und selbst der Fortfall der Erhebung von Gebühren in Fällen gestattet, in denen eine
Berpflichtung zur Benntzung einer Veranstaltung für alle Gemeindeangehörigen oder
für einzelne Klassen derselben besteht, oder die Genannten auf die Benutzung der An-
stalt, sei es auch nur thatsächlich, angewiesen sind. Diese Vorschrift des Gesetzes wird
beispielsweise Anwendung finden, wenn es sich um die Festsetzung der Gebühren für
die Benutzung von Hafen-, Werft= und ähnlichen Anlagen handelt, welcher sich die
Gewerbetreibenden in einer Gemeinde, ohne auf den Betrieb ihres Gewerbes zu ver-
zichten, füglich nicht entziehen können; sie wird dagegen beispielsweise keine Anwen-
dung finden bei der Festsetzung von Gebühren für die Benutzung von Speichern,
Niederlagen u. s. w., d. b. von Anlagen, die wenigstens in der Regel wesentlich nur
zur Erleichterung oder Bequemlichkeit des gewerblichen Verkehrs dienen. Soweit die
Vorschrift Platz greift, ist die Ermäßigung oder der gänzliche Fortfall der Gebühren
nur gestattet. Ob und in welchem Umfange hiervon Gebrauch zu machen ist, richtet
sich einerseits nach der allgemeinen Finanzlage der Gemeinde, andererseits nach dem
Maße des öffentlichen Interesses, dem die Veranstaltung dient, und nach den den Ein-
zelnen durch die Veranstaltung zugewandten Vortheilen. Unter Abwägung dieser ver-
schiedenen Gesichtspunkte würden z. B. die Kanalisationsgebühren von Grurdbesitzern
und Gewerbetreibenden zu bemessen sein.
3. Die Bestimmungen zu Nr. 1 und 2 finden keine Anwendung:
a) auf die von den Gemeinden unterhaltenen Unterrichts= und Bildungs-
anstalten, Krankenhäuser, Heil= und Pflegeanstalten, sowie die vorzugsweise den Be-
dürfnissen der unbemittelten Volksklassen dienenden Beranstaltungen. Bezüglich dieser
Beranstaltungen ist es dem Ermessen der Gemeinden überlafsen, ob und in welcher
Höhe Gebühren für ihre Benutzung zu erheben find.
Hiervon besteht nach Abs. 4 des §. 4 nur die Ausnahme, daß für den Besuch
der von den Gemeinden unterhaltenen höheren Lehranstalten und Fachschulen ein an-
gemessenes Schulgeld erhoben werden muß. Unter den Fachschulen sind gleichfalls
nur die höheren zu verstehen. Das Gesetz bezieht sich somit nicht auf Fortbildungs--,
Näh-, Haushaltungs= und äbnliche Schulen niederer Art.
Die Angemessenheit des Schulgeldes ist nicht etwa nach der Höhe des Schul-
geldes an Schulen gleicher Art, insbesondere an den entsprechenden Staatsanstalten,
sondern nach den Gesammtausgaben, welche die Schulen der Gemeinde verursachen
und nach dem Gesammthaushalt der Gemeinden zu beurtheilen. Jedenfalls darf nicht
zu Gunsten der Besucher der höheren Schulen die Steuerkraft der Gemeinden in un-
verhältnißmäßiger Weise in Anspruch genommen werden.
Das Erforderniß der Genehmigung des Schulgeldes durch die Schnlaufsichts-
behörde bleibt unberührt.
Wegen der Erhebung von Schulgeld in Bolksschulen bewendet es bei den Vor-
schriften des Gesetzes, betreffend die Erleichterung der Volksschullaften vom 14. Juni
1888 (G. S. S. 240).