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nun den Gnädigsten Befehlen nach Vermögen Genüge zu leisten, es mir
angelegen sein lassen, mir hierüber die von mir angebrachten Rügen
sattsames Zeugnis abgeben, wodurch ich aber bei hiesiger Stadt und
Bürgerschaft nicht als Verachtung, Verdruß und Feindschaft mir und
meinen Kindern auf den Hals gezogen und zeitlebens nicht auswetzen
werde, gegenwärtig ich aber nur zum Spott und Gelächter der Stadt
herumgehe, und solches theils selber mit anhören muß, wie denn z. B.
am Tage Mariä Heimsuchung Abends nach 8 Uhr J. G. Fuchs, Meister
und Posamentier, vor J. Schmidts Haustür laut erzählte: Ich bin itzo
in Dresden gewesen, da geht Alles noch wic vor mit Flatterhauben, alle
Schuhmacher und Schneider gehen so, desgleichen in Leipzig und Prag
und Wien; auch hier in Annaberg ist kein Raths Gebot, sondern nur der
Rathsherren Weiber ihr Gebot, sie gönnen Niemand Anderem nichts. “
III. Geburt und Taufe.
1. Die Gehurt.
(Hierzu vgl. Dr. H. Ploß, das Weib in der Natur= und Völkerkunde.
Mo.1! 272 ff. M. 185 ff.).
Die Schwangerschaft. Nach weithin verbreitetem Aberglauben
übt das Verhalten der Mutter vor der Geburt einen Einfluß auf die
körperlichen und geistigen Eigenschaften des Kindes aus. Mag sich
diese Vorstellung in gewissen Fällen mit wirklichen Tatsachen berühren,
so ist doch hier die Einbildungskraft sicher viel zu weit gegangen; denn
wollte einer alle Aberglauben, die sich auf das Verhalten der hoffnungs-
vollen Frau vereinigen, zusammenfassen, so würde sich vermutlich ergeben,
daß eine Frau in dieser Zeit überhaupt nichts tun dürfte, ohne daß ihr
Kind irgendwelche Folgen davon verspürte.
Die hoffende Frau darf nicht auf Eierschalen treten, sonst trägt sie
nicht aus (A. 572°). Stellt sie sich an den heißen Ofen oder trägt heißes
Wasser, so wächst die Nachgeburt an (A.), geht sie unter einer Leine hin-
durch, so umschlingt die Nabelschnur den Hals des Kindes (A., B. 5727),
das Mitesser bekommt (A., B., Gey. 571) oder ein Vielfraß wird (A.),
wenn sich die hoffende Frau essend vor den Brotschrank stellt. Bei
einem schreckhaften Anblick oder einer unverhofften Nachricht soll die
Mutter die Hände falten und von sich halten, damit das Kind kein
Mal bekomme (A. 572°). So sagte mir eine Frau, daß ihr nunmehr
vierzehnjähriger Sohn noch deutlich die Abdrücke ihrer Finger auf den
Oberarmen habe, weil sie sich selbst bei einem Feuer an den Ober-
armen gefaßt habe, eine andere Frau, die vor einer Maus erschrak,
habe ein Mädchen mit dem Adbzeichen dieses Tieres auf der Stirn
geboren. Um sich vorm „Versehen“ zu hüten, sollen Schwangere Ge-
sellschaften, Festlichkeiten u. a. meiden (A.). Auch moralische Eigen-
schaften können zur Zeit der Schwangerschaft auf die Leibesfrucht
übertragen werden. Ein etwaiger Hang zum Stehlen macht das Kind
zum Dieb (v. 572). So auch erbt das Kind die Begierde nach gewissen
Speisen (v.).