42 1. Tl. Kriegserklärung u. Friedensschluß n. deutsch. Staatsrecht.
Doch darf der mittelbare Einfluß des Reichstages, der von
der Regierung Rechenschaft fordern kann, nicht gänzlich über-
sehen werden, denn die Volksvertretung hat bei der Beratung
des Etats des Auswärtigen Amtes die Möglichkeit, Mißstände,
die sich gezeigt haben, aufzudecken und für deren Abhülfe
Sorge zu tragen.
II. Kapitel.
8 6.
Friedensschluß nach deutschem Staatsrecht.
Der Friedensschluß ist eine der drei Arten, auf die ein Krieg
beendet werden kann, nämlich: durch tatsächliches Einstellen der
Feindseligkeiten, durch völlige Unterwerfung des Gegners, durch
Friedensschluß. Die Beantwortung der Frage, welches Organ
im Reiche zur Beendigung des Krieges auf eine der beiden ersten
Arten befugt ist, ist nicht schwierig; es ist der Kaiser kraft seines
ausschließlichen Rechtes zur Kriegführung auf Grund der ihm
zur Verfügung stehenden Machtmittel des Reiches gemäß Art.
53, Abs. 1, 63, Abs. 1 R. V. Denn sowohl das Einstellen der
Feindseligkeiten, wie auch das völlige Unterwerfen des Fein-
des 1) sind bloße Aktelu nd unmittelbare Wirkungen der Krieg-
führung, die ausschließlich dem Kaiser zusteht. Hierzu bedurfte
es also keiner besonderen Verfassungsbestimmung.
Dagegen ist die Frage, wer zu der häufigeren Art der Been-
digung des Krieges, zum Friedensschluß, befugt ist, durch die
Reichsverfassung selbst geregelt, allerdings, wie wir sogleich sehen
werden, in keineswegs klarer Form.
Wie bei dem einseitigen Akte der Kriegserklärung zwei
wesentliche Erfordernisse, die Kriegbeschließung und die Kriegs-
erklärung vorhanden sein müssen?), so muß man auch beim
Friedensschluß, wie bei jedem Staatsvertrag als einer gegen-
seitigen staatlichen Willensäußerung, auf der Seite eines jeden
Kontrahenten die Willensbildung als solche und die Willens-
erklärung unterscheiden. Die Befugnis zur letzteren, die sich
1) Hierunter sällt auch das völlige Sichunterwersen unter den Feind.
2)-Vgl. oben Seite 20.