Die Begründung der Wettinischen Macht. 33
(Flandrer, Flamänder, Flamen). Gewöhnlich ging ein
Grundherr (meist ein Ritter) mit einer geschlossenen Gruppe
deutscher Bauern einen Vertrag über die Ansiedlung ein
und übertrug deren Leitung dem Oberhaupte der zukünftigen
Gemeinde als dem Unternehmer (locator), oder er über-
nahm diese Stellung selbst. Die Ansiedler erhielten als
persönlich freie Leute jeder seine Hufe (zu etwa 30 Morgen,
7 —8 ha) und zahlten nach einigen Freijahren dem Grund-
herrn einen mäßigen Zins, der Kirche den Ertragszehnten;
der Locator erhielt, als Dorfvorstand, Inhaber der niederen
Gerichtsbarkeit und der Ortspolizei, 2 Hufen mit der
Schenk= und Schlachtgerechtigkeit seines Hofes (daher Erb-
lehngericht, slawisch Kretscham, d. i. Wirtshaus), die Pfarr-
kirche 1—2 Hufen. Soweit das Land schon von Slawen
besetzt war, begründeten die Deutschen neue Dörfer ent-
weder auf einem abgetrennten Teile einer flawischen Dorf-
flur, nach der dann auch das neue deutsche Dorf, durch
einen Zusatz unterschieden (Groß-Schweidnitz, Deutsch-
Ossig), genannt wurde, oder sie besetzten geradezu ein sor-
bisches Dorf. In beiden Fällen teilten sie die Flur nach
der älteren deutschen Weise in Gewannhufen, mit denen
auch das Rittergut im Gemenge lag. Soweit das Land
unbewohntes Bruchland oder Urwald war, legten die
Deutschen neue, meist nach dem Locator benannte Dörfer
an (daher Kunnersdorf, Albrechtsdorf, Herwigsdorf, Burkers-
dorf u. a. m.), bauten ihre (30—40) Höfe in einer offenen
Doppelreihe längs des Baches oder der Straße (Reihen-
dörfer) und maßen jedem eine gesonderte Hufe in Form
eines langen, bis zur Dorfgrenze reichenden Streifens zu,
im Bruchlande nach flämischen, im gerodeten Wald= und
Berglande (Erzgebirge) nach fränkischen (Waldhhufen. Auch
die Städte wurden, meist auf der Flur eines flawischen
Ortes, dessen Namen dann auf die deutsche Gründung über-
Kacmmel, Schsische Geschichte. 3