Distrikte, sind in Folge dessen körperlich ver-
kümmert und unterscheiden sich in keiner
wesentlichen Beziehung von den Uebrigen.
Die Orlams sind die mächtigsten in Folge
ihrer größeren Klugheit und ihres Muthes;
sie besitzen entwickeltere Körperformen, und in
ihren Adern rollt ein gut Theil europäisches Blut.
Ziemlich gleichzeitig kamen in den vierziger
Jahren dieses Jahrhunderts Missionare, Rei-
sende und Händler ins Land. Man fand eine
nicht dichte aber ziemlich wohlhabende Be-
völkerung vor. Der Reichthum bestand meist
in großen Heerden, die sich stark vermehrten,
ferner in einem sehr guten und werthvollen
Wildstand. Metalle wurden nur importirt und
waren stets theuer. Landbau war auch nicht
in den leisesten Spuren vorhanden. Der
Handel mit anderen einheimischen Völker-
schaften war gleich Null.
Der Wohlstand der Nation ist ungeheuer
zurückgegangen, selbstverständlich nicht ohne
eigenes Verschulden; sie ist heute, bis auf
wenige reiche Leute, blutarm. Durch den
früheren hohen Preis der Straußenfedern und
des Elfenbeins, durch die Aufmunterung der
Händler, die die Feuerwaffen einführten, und
nicht zum Wenigsten durch die große Jagd-
passion der Namaquas ist der Wildstand so
gut wie aufgerieben und beginnt erst in neuerer
Zeit, sich wieder etwas zu heben.
Dieser Nuin des Wildstandes ist für eine
halb oder ganz wilde Nation von großer
Bedeutung. Das hier früher in großer Zahl
heimisch gewesene Wild lieferte werthvolle
Tauschartikel, in erster Linie die Straußen-
federn. Heute noch kostet in Kapstadt und
Port-Elisabeth das Pfund der besten Straußen-
federn 8 Pfund Sterling und darüber, früher
waren sie sehr viel theurer. Eine glückliche
Straußenjagd brachte ein kleines Vermögen ein.
Die Giraffe und das Rhinozeros, sowie Kudu
brachten gut bezahlte Häute an den Markt.
Das der Giraffe giebt ausgezeichnete Schuh-
sohlen, die Haut des Rhinozeros Peitschen,
das Kudufell Peitschenschnur und sehr halt-
bare Riemen.
Außer diesen Tauschartikeln lieferte der
Wildstand aber auch einen ganz wesentlichen
Theil der Nahrungsmittel einer Bevölkerung,
die nur von Milch und Fleisch lebt. Den
Ausfall an Wildfleisch mußten nachher die
Heerden der Hausthiere decken, ebenso wurden
sie in letzter Zeit der einzige Tauschartikel für
curopäische Waaren, dadurch wurden sie schnell
gelichtet und sind heute noch im Abnehmen
begriffen.
Es kam dazu die Eitelkeit der Namaqua,
sie geben viel für europäische Kleider, ein guter
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Rock spielt hier eine fast noch größere Rolle
wie anderwärts. Nun ist hier aber auch ein
Gespann (16 Stück) schöner großer Ochsen das
äußere Zeichen eines „großen“ Mannes, es ist
das Letzte, was er angreift, um seine Begierde
nach europäischen Waaren zu befriedigen, viel
leichter giebt er Zuchtkühe und junge, halb-
wüchsige Ochsen weg, und das fördert nicht
den Viehstand.
Mir hat ein alter Händler erzählt, daß er
in früheren Jahren, als das Geschäft noch gut
ging, jährlich vielen hundert Kälbern den Hals
abgeschnitten hätte. Er war gezwungen, tragende
Kühe in Zahlung zu nehmen, diese mußten den
weiten Weg nach Kapstadt zur Schlachtbank
machen, die Kälber waren also nur eine Last.
Selbstverständlich waren junge Ochsen und
Kühe weit billiger im Handel, als die er-
wachsenen Ochsen, und so mußte für denselben
Gegenstand die doppelte bis dreifache Stückzahl
gegeben werden. Hierzu kam die Trägheit
und Sorglosigkeit der Leute, die den Viehstand
sich selbst überließen. Schlechte Jahre thaten
das Ihre, und so wirkten viele Ursachen zu-
sammen, um eine wohlhabende Bevölkerung zu
einer blutarmen zu machen, ganz unabhängig
von der natürlichen Beschaffenheit des Landes.
Wie groß diese Bevölkerung ist, darüber
gehen die Ansichten weit auseinander. Bei
einem nomadisirenden Volke ist das an und
für sich schon recht schwierige Geschäft der
Volkszählung fast unmöglich. Ich will alle
Zahlen anführen, deren ich habhaft werden
konnte, und so dem Leser Material an die
Hand geben, sich selber ein Urtheil zu bilden.
Nehmen wir als nördliche Grenze von
Groß-Namaqualand den 23. Breitengrad, als
östliche den 20. Längengrad östlich von Green-
wich, im Süden den Oranje-Fluß, so umfaßt
es in runder Zahl 400 000 Quadratkilometer,
gegen 348 330 der preußischen Monarchie seit
1866. Hier leben oder lebten bis vor
Jahresfrist — die Folgen des letzten Krieges
bleiben außer Betracht —:
nach Ansicht der
Th. Hahn Missionare
Hoachanas 40007) —
die rothe Gobabis ç 1800 —
Nation Feldschuhträger 1000 —
Haruchas 800 —
Zethanien . Jo 1500
Bersaba 8 —
Orlams Gttlon . — 800
Warmbad 2500 —
gemischt Keetmanshop — 800
— 800
Bastards Rehoboth
*) Die Bevölkerung von Hoachanas ist seitdem
durch Ueberfälle Hendrik Witboois nahezu ver-
trieben worden und sammelt sich erst jetzt wieder
allmälig.