Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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und lassen wir die von Osten her unberück- 
sichtigt, die heute noch unbedeutend ist und die 
ich auch nicht annäherungsweise schätzen kann, 
so erhalten wir 20 000 Pfund Sterling — 
400 000 Mark als den Werth dieser Einfuhr 
nach Kapstädter Engros-Preisen. Man sieht, 
der Handel ist nicht groß, entsprechend der 
dünnen und meist armen Bevölkerung. Dieser 
Handel ist aber einträglich für Kapstadt. Ich 
sage nicht zu viel, wenn ich behaupte, daß das 
Fünffache au Werth dafür von Groß-Namaqua- 
land nach Kapstadt zurückgeht, gleichfalls Kap- 
städter Engros-Preise zu Grunde gelegt. Davon 
kommt das Drei= bis Vierfache auf den Auf- 
schlag der Waarenpreise und das Ein= bis 
Zweifache auf den Minderwerth der Tausch- 
artikel. Ich will Zahlen nennen. Ein ge- 
suchter Artikel ist der Cavendish genannte ameri- 
kanische, in Tafeln gepreßte, sehr schwere Tabak. 
Ich habe das Pfund dieses Tabaks in Kap- 
stadt mit 16 Pence aus dem Zollverschluß be- 
zahlt bei 5 pCt. Rabatt. Auf 1 Pfund Tabak 
gehen genau 14 Tafeln, der Preis einer Tasel 
im Lande ist fast 6 Pence, macht das Pfund 
84 Pence oder 525 péCt. des Einkaufspreises. 
Der Kaffeepreis in Kapstadt beträgt 9,2 
Pence, in Groß-Namaqualand 30 Pence, also 
300 pCt. des Einkaufspreises. Ein Frauen- 
kleid kostet in Kapstadt 2½ bis 3 Schilling 
(8 ard = 7⅛¼ Meter), in Groß-Namagqua- 
land 10 Schilling und so fort. Für Schnaps 
wird etwa 1000 bis 2000 pCt., für Munition 
500 pCt. des Einkaufspreises gezahlt. 
Hill, der erwähnte Händler, den ich am 
mittheilsamsten und aufrichtigsten fand und der 
auch ausgezeichnete Erfahrungen besitzt, sagte 
mir, er hätte stets 300 pCt. genommen. Davon 
rechnete er 100 auf Einkauf, 100 auf Un- 
kosten, 100 auf Gewinn. Dies stimmt mit 
meinen übrigen Beobachtungen überein. 
Wir wenden uns nunmehr zum Viehhandel. 
Der Preis eines guten Ochsen, der ausge- 
schlachtet 800 Pfund und darüber wiegt, ist 
hier 5 Pfund Sterling, macht das Pfund 
1N Pence. Der Fleischpreis in Kapstadt 
schwankt zwischen 3 bis 5 Pence, wir können 
also rund 4 Pence sagen. Dies würde einen 
Werth des Ochsen von über 13 Pfund Sterling 
ergeben, Haut und die übrigen Theile des 
Thieres gar nicht gerechnet, sondern nur das 
reine Schlachtgewicht. Ein deutsches Kriegs- 
schiff kaufte solchen Ochsen in Kapstadt lebend 
mit 10 Pfund Sterling. 
Der Werth eines Hammels im Namaqualand 
beträgt 10 Schilling. Ich habe selbst Thiere 
geschlachtet, die 78 Pfund reines Schlacht- 
gewicht des herrlichsten Fleisches auf der Welt 
gaben. Nehmen wir aber durchschnittlich nur 
  
  
60 Pfund Schlachtgewicht an, so wäre das 
2 Pence das Pfund. 
Gummi wird im Namaqualand mit 3 bis. 
6 Pence der Becher bezahlt; ein Becher Gummi 
wiegt je nach seiner Größe 1 ¼ bis 1 1/ Pfund. 
In Kapstadt sind mir 9 Pence für das Pfund 
geboten, ich glaube aber, daß man mehr er- 
halten kann. Ich habe gehört, daß der Markt- 
preis in London für Gummi gegenwärtig über 
12 Pence das Pfund beträgt, die Fracht von 
Kapstadt dorthin beträgt 28 Schilling für 
2000 Pfund. 
Der ganze Gewinn des Handels bleibt in 
Kapstadt hängen. Ich will ein Bild geben. 
Der Händler ist nach Kapstadt gelangt, nach- 
dem er sich ein Jahr in der Wildniß ausge- 
halten. Seine Heerde ist verkauft, er hat noch 
nicht die Abrechnung der Firma, die den Ver- 
lauf vermittelt, und hofft, daß ein gut Theil 
für ihn übrig bleiben wird! Er hat eine kleine 
Abschlagsumme erhalten, um in Kapstadt leben 
zu können, und giebt sich den dortigen Ge- 
nüssen hin. Zur Zeit der Straußenfedern war 
dies Genießen stellenweise etwas zügellos, heute 
sind die Leute zahm und solide. Es geht ans 
Geschäft; bald stellt sich heraus, daß der Er- 
trag der Schlachtthiere nicht hinreicht, um die 
Schuld des vorigen Jahres zu decken. Dies 
ist die erste Enttäuschung. Es muß frische 
Schuld genommen werden: die Firma giebt sie 
nur gegen hohe Prozente. Die Höhe dieser 
Prozente bleibt natürlich meist unbekannt, nur 
in einem Falle konnte ich mir sicheren Einblick 
verschaffen und fand gegen 40 pCt. über den 
gewöhnlichen Preis. 
Nun wird auf eine Schiffsgelegenheit ge- 
wartet. Die Firma berechnet für die Expedition 
5 pCt. Die Fracht von Kapstadt nach London 
ist 28 Schilling für die Tounc, die nach Angra 
Pequena 30 Schilling. Der Händler muß für 
seine Person 7½ Pfund Sterling zahlen, für 
seine Leute 5 Pfund Sterling für die Person, 
für den Wagen 10 Pfund Sterling. Und 
dies bei einer ganz unregelmäßigen Verbindung. 
Das Schiff ankert in Angra Pequena, dort 
muß der Händler auf die bestellten Zugochsen 
warten, oft drei bis vier Wochen. Wasser ist 
aus Kapstadt mitgebracht, ebenso alle Mund- 
vorräthe. Da die Schiffsgelegenheit ganz un- 
regelmäßig, wird erst bei der Ankunft in Angra 
Pequena ein Eingeborener ins Jnland ge- 
schickt, die Ochsen zu bestellen, und dieser hat 
es nicht eilig. 
Endlich begiunt der Handelszug. Große 
Händler haben mehrere Wagen, bis sieben und 
mehr, die meisten Händler aber nur einen. 
Den Kapstädter Preis einer Wagenladung, 
etwa 4000 Pfund, kann man auf 300 Pfund
	        
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