Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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Sterling veranschlagen. Der kleine Händler 
braucht zu einem Wagen einen Ochsentreiber. 
Derselbe ist zugleich Vertrauensperson, oft ein 
Bastard europäischer Abstammung; er erhält 
Er braucht 
pro Monat 3 Pfund Sterling. 
ferner einen Ochsenleiter für 1 ½ Pfund Ster- 
ling und einen Viehwächter für 1 Pfund 
Sterling. Sobald die eingehandelte Heerde 
wächst, sind zwei Viehhändler erforderlich. 
Allen muß gute Kost einschl. zwei Tafeln Tabak 
die Woche und Zucker zum Kaffee gewährt 
werden. Dazu tritt die Brandschatzung durch 
Bettelei und selbst Gewalt, sowie die Abgabe Stande zu bringen, von denen nur einer bei 
an die Kapitäne. Man sieht, die Unkosten sind 
ungehener im Verhältniß des Umsatzes. Der 
große Händler hat es nur wenig billiger, er 
spart nur an den Viehwächtern im Verhältniß 
zur Wagenzahl. 
Nach 6 bis 7 Monaten ist alles verkauft, 
oft schneller, aber dann noch nicht bezahlt. 
Nehmen wir an, der Mann giebt keinen Kredit, 
er hat jetzt alles eingetauschte Vieh beisammen 
auf dem vom Häuptling gepachteten Platze, es 
Aus kli- 
matischen Rücksichten beginnt er nun im Monat 
hat gut geregnet, das Vieh ist fett. 
Juni den Trieb der Schlachtthiere nach Kap- 
stadt. Die Zeit des Ueberflusses, die Regen- 
zeit in Groß-Namagqualand, ist die Zeit der 
Dürre in der Kap-Kolonie; er kommt mit 
seinem Vieh just dort an, wenn daselbst alles 
mager ist. Auch muß er auf die ersten Regen 
in der Kolonie warten, die dort im Winter 
fallen, damit seine Thiere Gras finden. Es 
geht alles gut, er findet gute Weidefelder am 
Wege, bezahlt den Farmern für die Erlaubniß, 
darauf hüten zu können, eine gewisse Summe 
in jungen Ochsen, nach 6 bis 8 Wochen ist er 
in Klagmütz. Dies ist eine Station an der 
Eisenbahn von Piquattbar nach Kapstadt und 
der Schlachtviehmarktplatz. Das Vieh wird 
hier von angestellten Leuten öffentlich meist- 
bietend verkauft. Käufer sind die Schlächter 
aus Kapstadt, Stellenbosch u. s. w. und Farmer 
aus der Umgegend. Letztere kaufen die jungen 
Ochsen und Kühe, um sie zu nützen, wenn sie 
dieselben billig bekommen können. 
Ich erwähnte, daß ein großer fetter Ochse 
in Groß-Namagqualand den Werth von 5 Pfund 
Sterling besitzt. Man glaube aber ja nicht, 
daß der arme Händler diesen Preis in Klag- 
mütz wirtlich bekommt. 
Ring der Schlächter in Kapstadt. 
Ist der Händler aus dem weiten Norden 
erst mit seinen Schlachtthieren in Klagmütz, so 
kann er nicht wieder zurück, dies verbietet der 
weite Weg und die damit verbundenen Kosten 
wie das Risiko. Dies verbietet ferner der 
Umstand, daß die Kap-Kolonie im Westen höchst 
  
  
  
  
  
grasarm ist. 
Nur kurze Zeit nach dem Regen 
sprießt dort 
ein feines Gras, welches bald 
verschwindet, die Hauptvegetation besteht aus 
Büschen und Blumen, die heimischen Thiere 
leben davon, die an die reichen Grasflächen 
gewöhnten Rinder aus Groß-Namaqualand 
verschmähen aber diese Nahrung, werden bald 
mager und gewöhnen sich erst in Jahr und 
Tag an die veränderte Lebensweise. Besser 
geht es mit Ziegen und Schafen. Hierauf 
gründete ein unternehmender Kopf seinen Plan. 
Er wußte eine Vereinigung aller Schlächter zu 
der Versteigerung bot, natürlich gab er, was 
er wollte, die anderen bezogen ihren Bedarf 
von ihm gegen einen geringen Aufschlag, so 
standen sich alle Theile gut, der arme Händler 
mußte die Zeche bezahlen. Bald wurde der 
Mann eine Macht, die niemand brechen konnte. 
Die Farmer spielten die Rolle der Schakale, die 
die Reste zu unglaublich billigen Preisen kanften, 
10 Schillmg ein Ochse, der in Groß-Namaqua- 
land 2¼ bis 3 Pfund Sterling gekostet. 
So mußte der Händler ein armer Mann 
bleiben trotz der 300 bis 500 péCt., die er für 
seine Waaren nahm, und wurde bald arm, 
wenn er etwas hatte. Um sein Leben zu 
fristen, borgte er ruhig weiter, der Kredit 
wurde ihm aus nahe liegenden Gründen nicht 
versagt. So schiebt sich die Sache nun schon 
über 10 Jahre weiter, ein widerwärtiges Ge- 
misch von Niedertracht und Schlaffheit. 
Nun wird man begreifen, warum ich den 
frischen Wind, der von Osten her, von Kim- 
berley und Johannisburg weht, so freudig be- 
grüße, daß ich den Inden Hopschilo in Keet- 
manshop, der dort Ochsen gegen baar Geld 
kaufte, als einen Wohlthäter des Landes be- 
trachtete, nun wird man begreifen, warum ich 
Propaganda zu machen suche für Woll= und 
Mohairzucht, welche Artikel im Verein mit 
Gummi und Fellen einen direkten Verkehr mit 
Europa ermöglichen. Man wird nun auch 
begreifen, warum Kapstadt so ungern Groß- 
Namaqualand und Damaraland Deutschland 
überlassen will, hat es doch daraus jährlich 
einen Reingewinn von 3 000 000 Mark oder 
60 Mark auf den Kopf der Bevölkerung, da 
Kapstadt etwa 50 000 Eimvohner hat. Das 
ist eine erhebliche Revennc. 
Dies verhindert der 
Es ist gar kein Zweifel, daß das Handels- 
monopol, welches Kapstadt bisher hier gehabt 
hat, zu Eude geht, die Berg-Industrie lockt 
eine große Einwanderung nach Süd-Afrika, 
die Fleischpreise haben sich seit Jahresfrist 
schon merklich gehoben, Schlachtvieh wird nicht 
serner ein verachteter Tauschartikel bleiben, der 
Bequemlichkeit halber wird man es auch hier
	        
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