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Vorstand beschloß in Folge dessen die sofortige
Absendung einer Lazarethausrüstung. Die mit
der Beschaffung derselben betraute Kommission
entledigte sich ihrer Aufgabe auf das Promp-
teste, so daß die Ausrüstungsgegenstände bereits
mit dem am 23. v. M. von Hamburg abge-
gangenen ersten Dampfer der Ost-Afrika-Linie
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hinausgesandt werden konnten. Durch Neube- «
schaffung von neun vollständigen Tropen-Lager-
stätten nebst allem Zubehör ist der bisherige
Bestand von 15 Betten auf 24 erhöht worden.
Wie die genannte Zeitschrift ferner mittheilt,
gewinnt die Absicht, auch nach den anderen
Kolonien, zunächst wohl Neu-Guinea, Pflege-
schwestern zu entsenden, immer mehr festen
Boden.
Das Namaqualand, dessen Bewohner und wirth-
schaftliche Verhältnisse.
(Schluß.)
Wir wenden uns zum Handel mit den
Fellen der Hausthiere, die im Lande selbst ge-
schlachtet werden. Bei der Lebensweise der
Bevölkerung ist die Zahl der geschlachteten
Thiere nicht unerheblich. Der Fleischtonsum
ist ein weit höherer, als solcher in Europa auf
den Kopf der Bevölkerung berechnet wird, wie
dies überhaupt in ganz Süd-Afrika der Fall
ist; auch in Kapstadt und überall ißt man
drei Mal täglich Fleischspeisen. Gemüse sind
theuer und nur ein Nahrungsmittel der
Wohlhabenden, in Groß-Namaqualand ist es
ein Luxus. Hier wie überall in der Welt
ißt der Reiche zu viel, der Arme zu wenig,
so daß auch hier der Fleischkonsum nicht so
hoch ist, als man auf den ersten Blick glauben
möchte und es im Irteresse der Bevölke-
rung wünschenswerth wäre. Bis jetzt wurden
die Felle der geschlachteten Hausthiere bis auf
einen verschwindend geringen Theil im Lande
selbst verbraucht. Sie bilden die ausschließliche
Kleidung der Kinder, sogar der Kinder reicher
Leute, d. h. die Kinder gehen nackend und
hängen bloß, wenn es kalt ist, ein gegerbtes
Schaf= oder Ziegenfell um. Auch die Aermeren
unter den Erwachsenen haben noch diese
Nationaltracht. Aus gut gegerbten Ziegenfellen
werden bessere Beinkleider gefertigt. Der
Fußboden in den Hütten ist mit aneinander-
genähten Fellen bedeckt, wobei häufig Rinder-
felle zur Verwendung kommen. Die Bastards
sertigen aus Ziegenfellen ganz geschmackvoll ge-
musterte Teppiche und bieten sie auch zum
Kaufe an. Binderiemen und Schnüre werden
aus Ziegenfellen geschnitten. Mit Schaffellen
deckt man sich Nachts zu. Die meisten Rinder-
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sfelle endlich werden zu Zugtauen bei den
Ochsenwagen verarbeitet, zu Riemen für die
Ochsenanspannung, zu Reitzeng, Schuhsohlen cc.
Ausgeführt wurde aus dem Lande bisher
wenig, nur im Süden wurden kleine Posten
nach der Kapkolonie verkauft.
Die Händler im Lande ermunterten die
Sache nicht, weil sie eine so schwere Waare
nicht den weiten Weg über Land nach Kap—
stadt mitführen konnten, wohin sie sich mit
ihren Schlachtthieren alljährlich oder alle zwei
Jahre, je nach der Größe ihres Geschäfts, hin-
begeben mußten.
Ganz vereinzelt gingen kleine Posten mit
leeren Wagen nach Angra Pequena, um dort
verschifft zu werden; es waren dies meist Felle
von Thieren, welche die großen Händler, die
eine Menge Leute um sich haben, selbst ge-
schlachtet hatten.
Um ein werthvoller Handelsartikel zu sein,
muß das Fell der einheimischen Ziege gut ab-
gehäutet, gut gesalzen und im Schatten ge-
trocknet sein. Das Fell einer großen Ziege
wiegt, so behandelt, trocken bis 4 Pfund,
durchschnittlich 3 Pfund, in Kapstadt wird für
die tadellose Haut 9 Pence per Pfund bezahlt,
ein Fell bringt also 2 bis 3 Schilling, was
bei dem Werth des lebenden Thieres von
10 Schilling immerhin erheblich in's Gewicht
sällt. Mangelhaft behandelte und kleine Felle
bringen nur 6 Pence pro Pfund. Schwierig-
keiten für die Leute bietet zunächst das Einsalzen.
In Kapstadt kosten 200 Pfund Salz 8 Schilling.
Dagegen 1 Becher Salz im Lande, etwa
1 Pfund, ½ bis 1 Schilling. Die Händler
nehmen also 1000 bis 2000 pECt. und zwar
in Folge des theuren Transports. Der Händler
rechnet folgendermaßen und dies ist von seinem
Standpunkt aus auch ganz richtig; „statt des
Sackes Salz kann ich Kaffee oder Kleider,
Tabak, kurz, theure Sachen laden, dies würde
pro Pfund einen noch höheren Gewinn bringen,
also muß ich auch eben so viel für Salz
nehmen, sonst erleide ich Schaden.“ Dagegen
läßt sich allerdings wenig einwenden. Auf
das Bedürfniß des Publikums kommt es hier
gar nicht an. Die Folge ist, daß Salz hier
eine Leckerei ist und viel zu theuer kommt, um
Felle damit salzen zu können. Ohne gesalzen
zu sein, haben dieselben aber, wie gesagt, nur
einen geringen Werth. Die zweite Schwierig-
keit liegt in dem Trocknen der Felle im
Schatten, da die Nomaden nur kleine Hütten
besitzen, just groß genug, um Nachts die
Familie eng zusammenliegend zu beherbergen.
Noch muß ich erwähnen, daß das Land
selbst schöne Salzlager hat, offen zu Tage
liegend. So habe ich bei einem Bekannten