Full text: Deutsches Kolonialblatt. I. Jahrgang, 1890. (1)

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damals das Glück, an einer Station zu landen 
und schließlich nach Nauru zurückzugelangen. 
Der Mann war mir persönlich bekannt. Er 
war ein alter Sträfling aus Sydney und seit 
sehr vielen Jahren in Nauru ansässig gewesen. 
Die politischen Zustände in dem Schutz- 
gebiet der Marschall-Inseln sind augenblicklich 
in gedeihlicher Entwickelung. Die Verhältnisse 
liegen hier einfacher wie im Gebiet der Neu- 
Guinea-Kompagnie. 
Die Eingeborenen leben auf kleinen über- 
sichtlichen Inseln und man kann ihrer im Be- 
darfsfalle habhaft werden. 
Sie stehen unter Häuptlingen, durch deren 
Vermittelung es möglich ist, ihnen Abgaben 
aufzulegen, an die sie überdies durch eben 
diese Häuptlinge von jeher gewöhnt sind; sie 
fangen an einzusehen, daß ihnen unter Um- 
ständen der Kommissar bei Schlichtung von 
Streitigkeiten oder gegen Bedrückung nützlich 
sein kann, und schließlich sind sie auch nie so 
blutdürstig gewesen, wie die Bewohner des 
Bismarck-Archipels. 
Ursache zur Klage für den einen oder den 
andern, berechtigt und unberechtigt, giebt es 
natürlich auch hier. 
Am Nachmittage des 26. Mai verließ ich 
mit dem Kaiserlichen Kommissar und einem 
Dolmetscher an Bord die Lagune von Jaluit, 
um der Insel Namoryk einen Besuch abzu- 
statten, wo einige Amtsgeschäfte zu erledigen 
waren. Man kann dort nicht ankern und selbst 
die Landung mit unseren Booten ist nur bei 
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leidlich stillem Wetter möglich. Am Vormittage 
des 27. waren wir vor der Insel angekommen. 
Der Kommissar wurde zur Erledigung seiner 
Amtsgeschäfte an Land gesetzt und ich hielt 
mich mit dem Schiff in der Nähe. Am Nach- 
mittage schiffte er sich wieder ein und es wurde 
sofort die Rückreise nach Jaluit angetreten. 
Dort lief zeitig am nächsten Morgen die 
Kreuzerkorvette in die Lagune wieder ein; der 
Kommissar nebst Begleitung schiffte sich aus; 
es wurde die Post eingenommen und ohne 
weiteren Aufenthalt die Weiterfahrt nach Apia 
fortgesetzt, woselbst am 6. Juni Vormittags 
10 Uhr in gewohnter Weise mit drei Ankern 
geankert wurde. 
Die Witterung in den Marschall-Inseln 
war heiß und regnerisch gewesen. 
Ueber die in dem vorstehenden Bericht er- 
wähnte Erledigung der Untersuchung in Betreff 
des Verschwindens von drei Weißen und einer 
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Boot giebt ein Bericht des Kommandanten 
S. M. S. „Sophie“, Korvettenkapitän Her- 
bing, Auskunft, dem Folgendes entnommen 
wird: 
— 
„Nach dem Antrage sollten die Eingeborenen 
des Dorfes Kotum auf der Gardner-Insel 
(Tatan) wegen der an den Insassen des Ende 
Mai 1889 bei ihnen gelandeten Bootes ver- 
übten Unthat bestraft werden. 
Die Aussagen, auf Grund derer der Antrag 
gestellt war, stammten sämmtlich aus dritter 
Hand; ich mußte mich also erst von der 
Richtigkeit derselben überzeugen. Am 24. Februar 
Morgens fuhr ich zu diesem Zweck auf der 
Insel Tatan, in der Nähe des Dorfes, wo 
das Boot gestrandet war, an Land. Die ein- 
gezogenen Erkundigungen ergaben klar, daß 
Weiße nicht gemordet waren, wohl aber Ka- 
naken, sowie daß zwei Weiber gerettet waren. 
Das eine dieser Weiber wurde mir vor- 
geführt und auf ihren Wunsch mit an Bord 
genommen; es war ein schwächliches junges 
Mädchen, das über Fieber und Hunger klagte. 
Ich beabsichtigte das Mädchen dem Reichs- 
kommissar zu überweisen. 
Dieses Mädchen sagte aus, die drei im 
Boot befindlich gewesenen Weißen seien nicht 
gemordet, sondern Tage lang vor der Landung 
Hungers gestorben. Die übrigen Insassen des 
Bootes seien Kanaken von Pleasant-Insel ge- 
wesen und bis auf sie und ein anderes Weib 
beim Landen ermordet worden. 
Die Verständigung mit diesem Wesen machte 
einige Schwierigkeiten, klar zu verstehen war 
aber, daß die drei weißen Männer nicht auf 
der Insel ermordet, sondern vorher im Boote 
verhungert waren. Nach Ankunft in Makupi 
haben auf meinen Wunsch die Herren Herus- 
heim und sein Kommis Thiel, welche beide 
auf Jaluit gewesen waren und sich leicht und 
sicher mit dem Mädchen verständigen konnten, 
das Mädchen in meiner Gegenwart ausgefragt. 
Dasselbe sagte dabei Folgendes aus: 
Sie heiße Irivon und stamme von Pleasant- 
Island. Sie sei mit dem amerikanischen 
Schoner „Mangaribien", Kapitän Reiher, 
nach der Insel Likieb (Marschall-Gruppe) ge- 
bracht worden, um bei dem Dr. Ingalls im 
Hause zu arbeiten. Von dort sei sie mit einem 
Schiff, dessen Name wie „Bukein“ klingt, nach 
Jaluit gekommen und habe bei Mr. Morgan 
als Plätterin gearbeitet. Mit demselben Schiff 
wollte sie dann in Gesellschaft von drei anderen 
Weibern nach Pleasant-Island zurückfahren und 
hatten die Insel auch gesichtet, als von der 
Insel ein Boot längsseit kam. In dem Boot 
· hätten sich drei Weiße befunden, Namens Bill, 
Anzahl von Eingeborenen in einem offenen 
Carpenter und Bair, die an Bord gekom- 
men wären, um Einkäufe zu machen. Kopra 
hätte sich in dem Boot nicht befunden, dasselbe 
hätte sie und die drei anderen Weiber an Land 
bringen wollen. Durch Wind und Strom sei
	        
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