Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Die demnächstige Ankunft einer Karawane 
an der Küste, welche der Expedition gehöriges 
Elfenbein, wissenschaftliche Sammlungen aller 
Art und außerdem noch zwei große Elfenbein- 
zähne als Geschent eines einheimischen Herr- 
schers für Seine Majestät den Kaiser 
und König mitbringen soll, wird in Aus- 
sicht gestellt. 
Station und Bezirk Lindi (Deutsch-Ost-Afrika). 
Lindi liegt unter dem 10. Grad S.Br., 
etwa 2.10 Seemeilen von Sansibar entfernt, 
an der Westseite einer in der Allgemeinrichtung 
NNO—SSW 15 km in das Land hinein schiff 
baren Meeresbucht, welche durchschnittlich 600 
bis 900 m — ja, am Ausgang zum Meere 
7500 m breit ist und bis zur Stadt Schiffen 
aller Größen gute und geschützte Ankerplätze 
bietct. 
In die Bucht ergießen sich einige lleinerc, 
zum Theil mit Kanves befahrbare Flüsse, von 
denen der Uteredi, auch Lindi-Fluß, der be- 
deutendste ist. Die Nachbarstationen sind im 
Norden Kilwa-Kiwindje, etwa sechs bis sieben 
Tagereisen über Land entsernt, und das südlich 
gelegene, in zwei slarken Tagemärschen erreich 
bare Milindani. 
Die Lindi-Bucht wird auf beiden Ufern 
von Hügelreihen begrenzt, welche nur einen 
schmalen, mit Kolosnußpalmen bestandenen 
flachen Küstenstreisen übrig lassen. Die Hügel, 
gut bewaldet und fruchtbar, steigen zu einer 
200 m hohen Hochebene an. Auf dieser Hoch- 
ebene und an ihren Abhängen liegen die 
Schambas, Gärten und Felder der Einge- 
borenen, deren gutes Gedeihen wohl auf frucht- 
baren Boden schließen läßt. Der Meeresgrund 
wird gebildet von Korallenstein mit darüber 
lagerndem Schlamm. 
Die mit einer in allen Tönen von dunlel- 
braun über hochroth zu hellbraun gefärbten 
Erde bedeckten Hügel, Abhänge und Hochebenen 
werden von zahlreichen Bachrinnen durchbrochen, 
welche der Mehrzahl nach nur in der Regen- 
zeit Wasser führen, so daß also in der trockenen 
Zeit, da Brunnen nicht belannt sind, die Ein 
geborenen auf das Wasser angewiesen sind, 
welches sich in lünstlich angelegten Zisternen 
und Bodenlöchern sammelt oder in Bodenver- 
tiefungen stehen bleibt. Die Trinlwasserver- 
hältnisse sind daher vorlänfig nicht günstig; 
es wird hierfür durch die Verwaltung gesorgt 
werden müssen. 
Der artesische Brunnen der Station liefert 
leidliches Wasser; das Ergebniß der Unter- 
suchung desselben ist noch nicht bekannt. 
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Im Allgemeinen ist das Klima hier gesund 
und bei einiger Vorsicht dem Europäer er- 
träglich — es ist dies bedingt durch das 
Fehlen der Mangrowedickichte auf der Stadt- 
seite der Bucht und durch die erfrischende, 
starke, tägliche Secbrise. Auf den Higeln, 
Hängen und Hochebenen wechselt Buschwald 
mit Sesam-, Mtama= (Negerhirse), Bataten- 
(süte Kartofseln), Maniok-, Mais= und Strauch- 
bohnen-Pflanzungen ab, welche von Bananen in 
geringer Menge, Kokospalmen und der unseren 
heimathlichen Wallnußbäumen in Blätterschmuck 
und Kronenbildung so ähnlichen Mangobäumen 
beschattet werden. Tieser liegende Stellen, 
Mulden und Bodensenkungen werden durch 
Reisbau ausgenußt. Neben vorgenannten Ge- 
wächsen charakterisiren die Fächerpalme, der 
Assenbrotbaum, dessen Ninde von der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft aufgekanft und nach 
Düren in der Rheinprovinz zur Papierbercitung 
gesandt wird (die starke, bastartige Rinde wächst 
wieder), und viele Tamarinden die Landschaft: 
bisweilen verrathen auch hoch emporragende 
Kandelaberbäume (Wolfsmilchart) unfruchtbaren 
Steppenboden. 
Der Feldbau wird steißig betrieben, im 
Allgemeinen mehr wie im nördlichen Theil, 
auch von Seiten der Männer. 
Die für den Ausfuhrhandel so wichtigen 
Erdnüsse werden aus unerklärlichem Grunde 
noch wenig gebaut. Es ist zu hoffen, daß die 
Bemühungen der deutschen Beamten, die Ein- 
geborenen von dem Werthe des Anbaucs dieses 
Produktes zu überzeugen, bald von Erfolg ge- 
lrönt sein werden. Versuche sind angebahnt. 
Beim Feldbau wird ein gewisser Frucht- 
wechsel beobachtel, wohl mehr in Folge von 
Negersaulheit wie aus Erfahrung, vorwiegend, 
wie auch sonst in dem Hinterlande von Mom- 
bassa, Tanga, Pangani und Bagamoyo, wird 
Raubbau mit jährlichem Wechsel der Anbau- 
släche getrieben. Die Düngung erfolgt durch 
Abbrennen von Busch und Gras, wodurch 
leider in den der Feldwirthschaft gewidmeten 
Landstrichen kaum jemals ein wirklicher Baum 
sich enlwickeln kann, da alle keimenden Anfänge 
die Flamme zerstört. 
Rindvieh wird sehr wenig in den näher 
der Küste gelegenen Bezirken gehalten, so weit 
belaunt, nur von Seiten der Station etwa 
50 bis 60 Stück und von einigen Arabern 
ebensoviel; dieses hat nur allein seinen Grund 
in den mangelnden oder doch nur geringen 
We eideflächen; alles, was nicht für den Feld- 
bau in Betracht kommt, ist undurchdringlicher 
Buschwald, je höher hinauf, um so dichter. 
Ziegen und Schafe, Hühner und Enten 
sind reichlich vorhanden. Der Bezirk Lindi
	        
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