Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

eingehend auf weitere Untersuchungen über die 
Natur der Malaria vorbereitel. Er beabsichtigt, 
am 5. Oktober von Hamburg die Reise nach 
Togo anzutreten, um seine Thätigkeit daselbst 
wieder aufzunehmen. Von dort wird er eine 
kurze Studienreise nach Lagos und Kamerun 
unternehmen. In ersterem Ort beabsichtigt er 
die gesundheitlichen Einrichtungen lennen zu 
lernen und insbesondere mit dem englischen 
Arzt Dr. Randel zu konferiren, welcher einen 
besonderen Nuf mit Bezug auf die Behandlung 
des sogenannten Schwarzwasserfiebers genießt. 
In Kamerun wird er sich über das Ergebniß 
dieser Studien mit dem dortigen Regierungs. 
arzt, Herrn Dr. Schröder, besprechen. 
Usambara und seine Nachbargebiete. 
Allgemeine Darstellung des nordöstlichen 
Deutsch-Ost-Afrika und seiner Bewohner. 
Auf Grund einer im Auftrage der Deutsch- 
Ostafrikanischen Gesellschaft im Jahre 1890 
ausgeführten Neise von Dr. Oscar Bau- 
mann. Mit 21 ethnographischen Abbil- 
dungen, 2 Textplänen, 8 Originalkartenbei 
lagen und 4 Notenseiten. Berlin, Dietrich 
Reimer, 1891. Preis 12 M 
Das vorliegende Werl bildet einen sehr be- 
deutenden Beitrag zur Kenntniß des nordöst- 
lichen Theiles unseres ostafrikanischen Schutz= 
gebietes. Der Versasser hat sich, wie belannt, 
im Auftrage der Deutsch Ostafrikanischen Gesell- 
schaft geraume Zeit in jenen Gebieten ausge 
halten. Seine Hauptaufgabe war die Her- 
siellung einer genauen Karte. Er hat diese 
Aufgabe glänzend gelöst. Wir besitzen nun- 
mehr eine Karte des nordöstlichen Deutsch Ost 
Afrika im Maßstabe von 1: 300 000, welche 
auf Grund des früheren Materials und der 
eingehenden Feststellungen des Verfassers selbst 
eine genaucre Aufnahme enthält, als die irgend 
eines anderen deutschen Kolonialgebietes, ja, 
genauer als die des größten Theiles der euro- 
päischen Türkei. Vier Nebenkarten geben Ueber- 
sichtsskizzen über die ethnographischen und geo- 
logischen Verhältnisse, die Bevöllerungsdichtig- 
leit und die Vertheilung der Hauptnahrungs- 
mittel. 
Von nicht minderem Interesse aber als die 
Lartenaufnahmen ist die Darstellung der poli- 
tischen, wirthschaftlichen und Handelsverhält- 
nisse dieses Theiles von Deutsch-Ost-Afrika, 
welcher in Usambara und den vorliegenden 
Küstenländern eines der aussichtsreichsten Ge- 
biete für den deutschen Unternehmungsgeist ent- 
hält. Auf Schritt und Tritlt macht sich die 
eingehende Kenntniß aller Verhältnisse bemerkbar, 
welche die Frucht eifrigen Studiums, insbe- 
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sondere auch der Eingeborencn, ist, welche den 
Verfasser, wie dieser bemerkt, kaum mehr als 
Europäer, sondern als ihres Gleichen ansahen. 
So verdienen dem seine Ansichten und Vor- 
schläge eine ganz besondere Beachtung, zumal 
Herrn Baumann auch einc genaue Kenntniß 
westafrikanischer Verhältnisse zur Seite steht. 
In wirthschaftlicher Hinsicht empfiehlt der 
Verfasser Hebung der Kautschutprodultion, 
welche das Hundertfache der bisherigen Zisser 
(etwa 1000 englische Pfund) betragen könnte. 
Er selbst hat sich stets bemüht, die Einge- 
borenen hierauf hinzuweisen. 
Sodann befürwortet er die Einführung 
der Oelpalme und zwar aus folgendem 
Grunde: die zahlreich vorkommende Kokos- 
palme gelangt gegenwärtig nur wenig zum 
Früchtetragen, sondern dient fast ausschließlich 
zur Herstellung des Palmweins (Tembo). An 
der Küste können polizeiliche Maßregeln gegen 
Palmweinerzeugung und Ausschank einigen 
Nutzen schaffen, im Hinterlande jedoch nicht, da 
die Bewohner einen solchen Grad der Trunk- 
sucht 5) erreicht haben, daß es wohl laum 
ôhicch sein dürfte, sie plötzlich zu Tempe- 
renzlern zu machen. Es würde nun allerdings 
ein unfehlbares Mittel geben, den Eingeborenen 
das Tembotrinken abzugewöhnen und dadurch 
die Kopraproduktion zu heben: Branntwein- 
einfuhr. Doch verträgt sich diese nicht mil 
modernen Humanitätsanschauungen, und es muß 
daher daran gedacht werden, den Eingeborenen 
einen anderen Ersatz für den Kokostembo zu 
liesern. Dies lönnte durch Einführung der 
Oelpalme geschehen, die heute schon auf Pemba 
*) Der Rokospalmwein ist, wie Dr. Baumann 
bemerkt, sehr stark und wird viel, besonders von 
älteren Weibern, mit Vorliebe genossen. Noch stärler 
ist der aus Dumpalmen gewonnene. „Im Tembo-= 
trinlen leisten die Wadigo gerademm Unerhörtes und 
betreiben dies förmlich systematisch. Zeden vierten 
Tag pflegen sich die Männer mehrerer Ortschaften 
an einem bestimmten Punkt im freien Felde zu 
tressen und eine regelrechte Buschkneiperei abzuhallen, 
wobei in Kalebassen unglaubliche Mengen Palmwein 
herbeigebracht und vertilgt werden. Auch sonst wird 
jede „passende Gelegenheit“, wie ein Markt u. s. w., 
benutzt, um sich zu betrinken. Die Weiber, welche 
zu den Ooffiziellen Kneipen“ nicht zugelassen werden, 
pjlegen sich inzwischen dem häuslichen Susse mit um 
so größerer Ausêdauer zu widmen und sollen die 
Männer vielfach noch übertressen. Thatsächlich habe 
ich noch niemals so viele Betrunkene gesehen, wie 
im Digo-Lande. Abgesehen davon, daß diese Trunken- 
heit die geistige Entwickelung des Stammes schwer 
schädigt, wirkt der Tembogenuß noch besonders auf 
den Magen schlecht ein. Wenigstens übertrifft der 
Tembokater an Furchtbarkeit Alles, was mir in 
dieser Hinsicht schon vorgekommen. Dabei stumpft 
Tembo in geschlechtlicher Hinsicht“ notorisch ab, und 
die geringe Kinderzahl der Digo-Familien wird von 
diesen selbst nicht selten mit häusigem Tembogenuß 
begründet.“
	        
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