Full text: Deutsches Kolonialblatt. II. Jahrgang, 1891. (2)

Neuankommende, wie ich einer war, erhält 
seine Leute durch ihn jedenfalls am schnellsten. 
Da ich mit meiner Zeit sehr gebunden bin, 
wandte ich mich auch an ihn, das heißt nach 
Sansibar, was mit Zeit und Geduld gut zu 
vermeiden wäre; ich habe mir vorgenommen, 
so viel wie möglich Sansibar zu umgehen; in 
diesem Falle war es unmöglich. In Zukunft 
wird jede Art von Ausrüstung vollkommen an 
der Küste vor sich gehen können, wie denn 
dieselbe in jeder Hinsicht weiter entwickelt ist, 
als man nach den Zeitungen glauben sollte. 
In Sansibar angekommen, bezog ich ein 
Hotel, wo der Koch eben durchgebrannt war; 
ich empfand das aber wenig, da ich stets Gast 
des deutschen Konsuls, Baron v. Redwitz, 
sein konnte. Nach langen Schauris (d. h. 
Berathungen) mit dem obengenannten Inder 
konnte ich mit r. Erhardt, der in Sansibar 
sein Zeichentalent sehr verwerthet hat, und mit 
23 Mann von Sansibar auf einer arabischen 
Dhau absegeln, um gestern nach langsamer, 
24 stündiger Fahrt in Pangani anzukommen. 
Die Träger, das heißt der Inder, erhalten als 
Lohn inklusive Verpflegung 30 Mark pro 
Monat und haben dafür eine Last von 60 Pfund 
zu tragen. Den Rest, ebenfalls 23 Mann, 
nahm ich hier auf, zum Theil Leute, die eben 
von einer Expedition zurücklehrten, die eine 
Amerikanerin Miß. Schelley mit nur einer 
weißen Begleiterin unternommen hat. Sie 
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lam gestern schwer krank hier an und ist von 
Lieutenant v. Varnbüler, dem Höchstlomman- 
direnden von Pangani, in die Station ausge- 
nommen worden. 
Pangani erinnert sehr an die schönsten 
Stellen am Rhein. Der Fluß ist ebenso groß, 
nur sind die Ufer viel schöner bewachsen. 
Das Fort ist wunderschön angelegt, und 
die Stadt nimmt täglich an Einwohnern zu. 
Heute früh machten wir einen mißglückten 
Versuch, nach Tanga weiterzusegeln. Der 
Wind war schwach, der Südwestmonsun, der 
immer wehen soll, blieb „ausnahmsweise“ aus, 
und da wir nur für 2 Tage Wasser auf der 
Dhau hatten, gingen wir wieder in den Hafen 
zurück, um morgen einen zweiten Versuch zu 
machen. 
Jassini am Umba- Fluß, 
den 24. Juni 1891. 
In Tanga angelangt, nach guter Fahrt, 
begab ich mich mit dem dortigen Chef der 
Zollverwaltung zum Bezirlshauptmann Krenz- 
ler, um von ihm Führer und Bvoote zu er- 
halten. 
Die Peterssche Expedition, begleitet von 
zwei Kompagnien unter Chef Johannes, 
gehören zum 
mueeldet, 
will erst in sechs Tagen aufbrechen. Mein 
Entschluß ging dahin, sosort aufzubrechen, an 
der englisch deutschen Grenze hinaufzugehen und 
mich eventuell am Kilimandscharo mit Peters 
zu treffen. Bis an den Umba Fluß bin ich 
nach drei Tagen gelangt. Nach einem größeren 
Abschiedssest in Tanga traf ich am Sigi-Fluß 
früh 8 Uhr wieder mit meinen 60 Mann 
zusammen, die ich unter Führung meines 
Somali-Aeltesicn in der Nacht schon über die 
Tanga-Bucht übergesetzt hatte. Die Lasten 
wurden endgültig in vierstündiger Arbeit ver- 
theilt und um 12 Uhr der Marsch angetreten. 
Einer hinter dem Andern: vorn ein Führer, 
dann ich, dann ? Somalss, davon einer mil 
der Fahne, 30 Träger, 2 Somalis, 20 Träger, 
der Trägerälteste, 2 Somalis, Dr. Erhardt 
mit dem Peiltompaß. Diese Ordnung ver- 
schiebt sich oft; heulte zum Beispiel habe ich 
drei Ochsen und zwei Yiegen mit, die von den 
Somalis getrieben werden, und dann habe ich 
die Peilarbeiten und Routenaufnahme für heute 
übernommen. Die Temperatur schwankt immer 
Wischen 21 und 30° C., Himmel bewöllt. 
Die ersten Tage waren zum 3 Theil mehr Wasser- 
als Landpartie. Wir gingen nicht weit vom 
Mreere in den Creels entlang und wateten oft 
zwei bis drei Stunden lang in dem ganz 
warmen Wasser. Einmal nur sanden wir 
Boote, das heißt halbvolle Einbäumc, deren 
ich 11 Stück zum Ueberfahren der Träger 
brauchte. Das Vild eines #olchen Uebergangs 
ist immer das gleiche, ob in den Bichern 
„Stanleys Uebergang über den Kongo“ oder 
„Uebergang über den Nil“ unter dem Bilde sleht. 
Wild giebt es hier noch nicht, wir müssen 
erst weiter ins Inland kommen. Was die 
Leute angeht, so tragen sie schon Bogen und 
Pfeil, sind aber schüchtern und bescheiden. Sie 
Stamme der Wadigos; ihre 
Häuptlinge sind meist Araber. 
Daß die Karten hier ganz falsch 
lonstatirten wir mit ziemlicher Sicherheit; zum 
Beispiel liegt der Ort, wo ich hier schreibe, 
dicht am Umba-Fluß, während er auf den 
Karten 5 bis 8 Kilometer davon entfernt ge- 
zeichnet wird. 
Wenn ich in diesen Briefen schlechten Stil 
schreibe, so bilte ich, sich darüber nicht zu 
wundern, denn man lam im Lager oft keine 
5 Minuten lang ruhig schreiben. 
Dr. Erhardt wird sortwährend um Me- 
dizin angegangen, und ich erhalte alle 5 Mi 
nuten Vesuche von Arabern und Häuptlingen, 
die meist Hühner oder Kokosnüsse als Geschenle 
bringen. Dazwischen kommt der Koch und 
er hältte heute Bonillon, Curryreis 
sind,
	        
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