—
legten, mußte sich in den Anschauungen der
Eingeborenen über Handel und Verlehr ein
Umschwung vollziehen, der seinerseits für das
gesanimte Schutzgebiet als solches nicht ohne
weittragende Folgen bleiben konnte.
In ersler Linie wurden die Binnen—
stämme dadurch, daß sie nunmehr in direkten
Handelsverkehr mit den Weißen traten, mit
einem Schlage vom Banne des Zwischen-
handels erlöst, der seit vielen Jahrzehnten
lähmend auf der Entwicklung dieser Länder
ruht. An Stelle zahlreicher kleiner, mit Vor-
schuß von den Europäern an der Küste ver-
sehener schwarzer Händler traten kaufkräftige
hroße Firmen, welche ohne das Risiko des Vor-
schusses die vorhandenen Produkte im Innern
aufkanften; vermöge ihrer größeren Kauf-
kraft mußten sie einen größeren Umsatz
schaffen, vermöge ihrer Intelligenz konnten
sie die Aufmerksamkeit der Neger auf neue
Produkte lenken, welche die zur Zeit im Handel
befindlichen zu vermehren oder später an deren
Stelle zu treten geeignet sind. So ist bei-
spielsweise ja der Gummihandel durch die
Schweden im Kamerungebiete eröffnet worden,
die allerdings damals nicht im Besitze eines
Monopols sich besanden, aber im Innern
lebten. Daß endlich die Binnenstämme auch
ihrerseits von den erschlossenen Wegen Ge
Produkten kommen würden, durfte den nicht
Wunder nehmen, ja er mußte es bestimmt er-
warlten, welcher die Händlernatur des Negers
ebenso wic dessen Habgier in den Kreis seiner
Berechnungen zu ziehen gewohnt ist. So
mußte die Monopolverordnung in ihren letzten %
Konsequenzen, wenn sie auch das Land an-
scheimend nur einigen wenigen Firmen preis-
gab, belebend und im höchsten Grade ent-
wickelnd wirken und der durch sie einmal in
die richtige Bahn geleilete Strom dursie un-
gehindert weiter fließen. Die Monopolver-
urdnung hatte ihre Schuldigkeit gethan.
In welcher Weise nun die gegenwärtige
Handels-Aera mit Rücksicht auf die Zulunft
zu verwerthen ist, das ist eine die Gegenwart
unmittelbar berührende Verwaltungsfrage.
Indem ich von der Annahme ausgehe, daß
die Entwicklung des Handels einen derartigen
Aufschwung nimmt, daß nach einer absehbaren
Reihe von Jahren die vorhandenen Erzeug-
nisse erschöpft oder ausgepumpt sind, lasse ich
es dahingestellt sein, ob dies in 5, 10 oder
20 Jahren der Fall sein wird. Für den Zweck
dieser Deukschrist will ich jedoch annehmen,
daß dies innerhalb der nächsten Dekade ge-
schehen sein kann, für welchen Zeitraum eine
gewisse Wahrscheimlichkeit vorhanden ist. Und
107
sollten 20, ja 30 Jahre ersorderlich sein, nun,
dann ist dies eben in Verbindung mit den auf
obige Voraussetzung hin zu schaffenden Ein-
richtungen cinfacher Reingewinn.
Noch lagert ja in den Grasläudern bei
den Eingeborenen auf Jahre hinaus reichlich
Elfenbein zum Abholen aufgestapelt; noch
schweisen die Elephanten, stellenweise wahre
Landplagen, zahlreich durch die Wald= und
Grasländer; noch rankt die Gummiliane reich-
lich in den ausgedehnten Waldungen der
Küstengebiete ebenso, wie sich ganze Wälder
der Oelpalme den Blicken des erstaunten Rei-
senden zeigen, namentlich an den Abhängen
des westafrikanischen Höhenplateaus an der
Grenze zwischen Waldland und Savanne. Aber
bereits soll der zuerst im Westen unseres
Schutgebietes erschlossene Gummihandel dank
dem beliebten Raubbau sich seinem Ende
nähern, und doch ist erst wenig mehr wie eine
halbe Dekade dahin, seitdem dieses Erzeugniß
in Mengen auf den Markt kam. Und so wird
es in ganz erhöhtem Maße und in demselben
Verhälknisse der Fall sein, je mehr die jebige
Handels Aera das Innerc erschließt, die Nach-
frage sieigt und die Eingeborenen an unsere
Bedürfnisse gewöhnt werden. Allein der
Oelbaum dürfte als piäce de resistance
alle Modisikationen des Handels zu über-
brauch machen, selbst zur Küste mit ihren
dauern, das Palmöl in Verbindung mit den
Palmkernen — letztere in Kamerun ein noch
wenig begehrter oder vielmehr angebrachter
Artitel — der Kolonie auf längere Zeit Ein-
nahmen zu versprechen im Stande sein. Ob
aber diese wie etwa in Lagos die regierungs-
mäßigen Unkosten aufzubringen vermögen, lasse
ich beim Fehlen guter Wasserwege als sehr
zweifelhaft dahingestellt sein.
Die ausschliesliche Ausbentung aller der-
zeiligen Erzeugnisse nur mit Berücksichtigung
der augenblicklichen guten Finanzen der
Kolonie hieße, ohne an die Schaffung neuer
Hülfsquellen gleich zeitig zu denken und zu
arbeiten, im Sinne der alten Schule, die ich
eingangs durch die alten Kongokaufleute fkiz=
zirt habe, weiter arbeiten und würde nichts
Anderes besagen, wie einen staatlich ins Leben
gerusenen und untlerstützten Naubbau, dessen
Folgen spälere Jahre nur mit außerordent-
lichen Mitteln erfolgreich begegnen könnten.
Eine vorausschauende Kolonialwirthschaft
aber hat bei Zeiten ihre Aufmerksamkeit auf
zur Zeit noch schlummernde Hülfs kräfte
des Landes zu richten, und das ist der Grund
und Boden, das sind die auf demselben leben-
den Eingeborenen, welche zur Hebung der in
ersteren ruhenden Schähe angehalten werden
müssen. Die Zukunft Afrikas ist der