Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

meer von Berlin, große Freude ein Bild, die 
Zuckerernte darstellend, wo Neger, mit den 
auch hier gebräuchlichen Instrumenten arbeiten, 
ebenso ein Bild von Kamernn, wo ja die Ver- 
hältnisse ähnlich sind wie hier. 
sind sehr wißbegierig und wollen auch über die 
kleinste Kleinigkeit belehrt sein. 
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Die Schüler 
Zu den angenehmsten Fächern zählt das 
Singen. Bekanntlich haben die Neger au Musik 
und Tanz eine große Freude, und so macht 
auch das Singen meinen Schülern besonderes 
Vergnügen; zudem besitzen sie auch die dafür 
nöthige Begabung. 
Ebenso zeigen die Knaben für das Turnen 
sehr viel Interesse, und das wird noch mehr 
der Fall sein, wenn einmal ein mit den noth- 
wendigen Geräthen ausgerüsteter Turnplatz zur 
Verfügung steht. 
Ballspiele am meisten Anklang. 
Soll ich den Eindruck, den ich bis jetßzt 
von meinen Schülern bekommen habe, zusammen- 
Von den Spielen finden die 
fassen, so muß ich sagen, daß die Negerkinder 
im Durchschnitt hinter unseren deutschen Schülern 
zurückstehen, doch bei weitem nicht in dem 
Maße, als man gewöhnlich annimmt. Nicht 
wenige können es mit den begabtesten deutschen 
Schülern aufnehmen, zeigen namentlich ein sehr 
bedeutendes Auffassungsvermögen. 
Wie oben FZesagt, hatte ich bis jeht haupt- 
sächlich Abtheilung A im Auge. Abtheilung B 
besteht aus jüngeren und minder begabten 
Schülern, die in erster Linie Anlaß zum obigen 
Urtheil über die Begabung gegeben haben. 
Dies führt mich nun auf das Alter der 
aufzunehmenden Kinder. Dieselben wie in 
Deutschland mit 6 bezw. 7 Jahren aufzunehmen, 
hat keinen Zweck, da die Verhältnisse, unter 
denen die schwarzen Kinder aufwachsen, ganz 
andere sind als zu Hause. Ich halte es für 
das Beste, Kinder von 9 Jahren an auf- 
zunehmen, in Ausnahmefällen vielleicht auch 
von 8 Jahren an. Natürlich muß man sich 
bezüglich des Alters in den meisten Fällen auf 
sein eigenes Schätungsvermögen verlassen bezw. 
in zweifelhaften Fällen die Kinder auf Probe 
aufnehmen. 
Bei Beginn der Schule hatten sich auch 
7 Mädchen eingefunden, doch blieben sie nach 
einigen Wochen bis auf zwei weg. So weit ich 
bis jetzt bei einer solch kleinen Zahl urtheilen 
kann, stehen die Mädchen hinsichtlich der Be- 
gabung hinter den Knaben zurück. 
Was einzelne hervorstechende Eigenschaften 
der schwarzen Schüler betrifft, so machte sich 
im Anfang ein starker Hang zum Stehlen 
bemerkbar, indem die Schüler einander die 
Griffel wegnahmen bezw. wegzunehmen suchten. 
Nachdem aber in zwei Fällen strenge Züchtigung 
Eingeborenen geltend machen. 
seitens des Vaters erfolgt war, dem ich die 
Sache mitgetheilt, ist bis jetzt kein weiterer 
Fall vorgekommen. Ebenso machte sich ein 
ziemlich starker Hang zum Lügen bemerkbar. 
Bis jetzt habe ich die Beobachtung gemacht, 
daß die Schwarzen nur dann ihrer Pflicht 
richtig nachkommen, wenn sic beaufsichtigt werden: 
sobald sie sich aber nur einen Moment un- 
beobachtel glauben, lassen sie nach. Das zeigt 
sich auch in der oft mangelhaften Ausführung 
der Hausaufgaben. 
Einen wichtigen Faktor in der Unterrichts- 
thätigkeit bilden die Schulstrafen. Im All- 
gemeinen suche ich körperliche Züchtigungen 
thunlichst zu vermeiden. An deren Stelle treten 
die auch in Deutschland üblichen Schulstrafen, 
wozu ich noch ein besonderes Sysiem von 
Ehrenstrafen bezw. Belohnungen gefügt habe. 
Andere Schüler, andere Behandlung. So habe 
ich manches von den Jesuiten bezw. Philanthro-= 
pisten eutlehnt, was bei den jetzigen deutschen 
Pädagogen verpönt ist: So erhalten z. B. 
Schüler, die sich durch Fleiß und gutes Be- 
tragen auszeichnen, ein kleines Geschenk, faule 
und unartige werden namentlich aufgeführt und 
von verschiedenen Vergünstigungen ausgeschlossen. 
Solche und ähnliche Mittel haben bis jetßt ihre 
Wirkung nicht verfehlt. 
Eine halbe Stunde vor Beginn der Schule 
wird die geborgte Glocke geläutet, der größle 
Theil der Schüler stellt sich pünktlich ein. Doch 
bei dem bekannten Phlegma des Schwarzen, 
der sich zu Allem gerne Zeit läßt, überhaupt 
von dem Werth der Zeit keine Ahnung hat, 
kommt es jeden Tag vor, daß einzelne zu spät 
kommen; dieselben müssen dann zur großen 
Freude der anderen nach dem Unterricht nach- 
sitzen. Im Allgemeinen kommen die Schüler 
regelmäßig jeden Tag. Doch scheinen sich 
manche Eltern nicht mit dem Gedanken vertraut 
machen zu können, daß, wenn sie einmal ange- 
fangen haben, sie ihre Kinder nun auch regel- 
mäßig zur Schule schicken müssen. Doch darf 
man daraus nicht schließen, daß sie der Schule 
überhaupt kein Interesse entgegenbringen. Wie 
mir von verschiedenen Seiten versichert wurde, 
liegt ihnen sehr viel daran, daß ihre Kinder 
Deutsch lernen. Einzelne Fälle abgerechnet, 
halten sie ihre Kinder zum pünktlichen Schul- 
besuch an. So wird sich mit der Zeit ein 
günstiger Einfluß seilens der Schule auf die 
In der kurzen 
Zeit läßt sich darüber schwer ein Urtheil ab- 
geben. Die Erwachsenen nehmen, wie ich schon 
zu beobachten Gelegenheit hatte, regen Antheil 
au den Fortschritten der Kinder und gewinnen 
auf diese Weise unwillkürlich Interesse am 
Deutschthum überhaupt, und das um so mehr,
	        
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