Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

kann. Die Wege nach Bonjongo, Busumbu 
und Bota wurden verbessert und die Plantagen 
des Bezirksamts vergrößert. 
Abgesehen von der vorgedachten Ver- 
ordnung bezüglich des M0onierverfahrens 
wurden auf Grund des Gesetzes, betreffend 
die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutz= 
gebiete (R. G. Bl. 1888 S. 75 ff.) und der 
Verfügung des Reichskanzlers vom 29. März 
1889 behufs Uebertragung konsularischer Be- 
fugnisse sowie des Rechtes zum Erlasse polizei- 
licher und sonstiger die Verwaltung betressender 
Strafvorschriften auf Beamte der Schutzgebiete 
im verflossenen Jahre folgende Verordnungen 
erlassen: 
V. vom 4. Februar, betresfend die Melde- 
pflicht der Nichteingeborenen im Schutzgebicte 
von Kamerun. Hiernach sind die an= und 
abziehenden Europäer der An= und Abmelde- 
pflicht unterworfen. 
V. vom 10. Februar, betreffend die von den 
Seeschiffen in Kamerun zu entrichtenden Hafen- 
abgaben. 
Während früher die Hafenabgaben nach 
dem Tiefgange der Schisse erhoben wurden 
und auch das Anlaufen der Rhede als abgaben- 
pslichtig erklärt war, handelt die gegenwärtige 
Verordnung nur von Gebühren für Benutung 
des Kameruner Hasens nach der Skala von 
100 brit. Registertons = 9 Mark. 
V. vom 7. Juli, betreffend die Einführung 
eines neuen Zolltariss. Hiernach sind seit dem 
26. Sepiember v. J. die Zollsätze bedeutend 
erhöht worden. 
V. vom 7. September, betreffend die Erhöhung 
der Gebühren für das summarische Verfahren. 
Bisher wurde bei allen Palavern der Ein- 
geborenen und bei den bürgerlichen Rechts- 
streitigkeiten zwischen Schwarzen und Weißen 
ür das gesammte Verfahren (einschließlich der 
Zwangsvollstreckung) eine Vorladegebühr von 
4 Mark erhoben. Da die oft sehr beträchtlichen 
amtlichen Aufwendungen an Kosten und Zeit 
zu diesem Betrage in keinem Verhälluiß standen, 
sind die Gebühren erhöht worden. Die Prozesse 
der Schwarzen haben seit dieser Erhöhung ab- 
genommen. 
V. vom 28. September, betrefsend eine von 
Schiffen zu entrichtende Gebühr für das Aus- 
oder Einladen von Gütern an Sonn= und 
Feiertagen. 
V. vom 21. November, betreffend die Er- 
hebung eines Einfuhrzolles von Geweben und 
den demgemäß vervollständigten Zolltarif. 
Hiernach sollen alle zu Bekleidungszwecken 
verwendbare Gewebe, welche bisher unverzollt 
eingingen, vom 1. April 1892 ab mit einem 
  
206 
  
Eingangszoll vom 20 Pfg. das Kilogramm 
belegt werden. 
Chef der Verwaltung für das ganze Kamerun- 
gebiet ist der Gouverneur, unter ihm funktionirt 
als Chef des Bezirksamts Viktoria der Bezirks- 
amtmann, welchem ein vom Gouverneur jähr- 
lich ernannter Gemeinderath aus 6 Mitgliedern 
als berathende Behörde zur Seite steht. Neben 
dem Gonverneur sind in einem gewissen Grade 
selbstständig die Leiter der Expeditionen. Diese 
Selbstständigkeit beginnt bei dem Leiter der 
Südexpedition hinter Jaunde, bei dem Leiter 
der nördlichen Expedition hinter Bali. Behufs 
Ansübung der Gerichtsbarkeit erster Instanz 
sowie Stellvertreiung des Gouverneurs ist 
der Kanzler bestimmt. Demselben sind zugleich 
die seemannsamtlichen Befugnisse übertragen. 
Detachirte Posten befinden sich, abgesehen von 
Viktorin in Edea und Kampo. In Edea 
wurde eine Regierungsstation zur Ueberwachung 
des Sannaga, und seines nächsten Hinterlandes 
und in Kampo, eine Zollstation zur Verhinde= 
rung des Schmuggels an der Südgrenze ge- 
gründct. Die neu gegründete Zollstation in 
Oron mußte wegen der noch nicht vollendeten 
englisch-deutschen Grenzregulirung Ende des 
Jahres wieder aufgehoben werden. Auch hatte 
sich herausgestellt, daß von Oron dem Grenz- 
schmuggel nicht beizukommen war. 
Die Mitwirkung, welche den Dnallas auf 
dem Gebiete der Rechtspflege eingeräumt ist, 
hat sich als nutzbringend erwiesen. Abgesehen 
von den Berufungsprozessen bilden jetzt im 
Grunde nur Streitigkeiten zwischen Duallas 
und den zu einem anderen Stamm gehörigen 
Schwarzen, Streitigkeiten zwischen Weißen und 
Schwarzen sowie Streitigleiten der Weißen 
untereinander die Prozesse des Gouvernements-= 
gerichts, während die Streitigkeiten der Duallas 
untereinander vor die Gerichte der Häupt- 
linge bezw. das Eingeborenen= Schiedsgericht 
gehören. Das Verbrechen des Mordes und 
des Todtschlags ist jedoch der Jurisdiktion des 
Gouvernementsgerichts ausschließlich vor- 
behalten. 
Das über das summarische Verfahren hier 
geführte Gerichtsjournal hat mit 618 Num- 
mern abgeschlossen. Darunter sind zu ver- 
zeichnen: 42 Fälle wegen Diebstahls, 11 wegen 
Hausfriedensbruchs, 13 wegen Körperverletzung, 
2 wegen Landfriedensbruchs, 2 wegen Wider- 
stands gegen die Staatsgewalt, je ein Fall 
wegen Rebellion, Mordes und Nothzucht; die 
übrigen Fälle betressen Schuldklagen. 62 Pro- 
zesse davon hatten die Herausgabe von Weibern 
zum Gegenstande. Die Zahl der vorjährigen 
Gerichtssälle in Viktoria betrug 201, darunter 
befanden sich 46 Strafsachen, besonders Dieb-
	        
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