Der Bafen von Daressalam.
Neueren Berichten aus Ostafrila zufolge
hat das kürzlich erfolgte Einlaufen der großen
Schiffe des Kreuzergeschwaders in den engeren
Hafen von Daressalam umsomehr Freude er-
regt, als die Dampfer der deutschen Ostafrika-
linie die Einfahrt mehr oder weniger zu scheuen
scheinen. Nachdem seinerzeit der erste Post-
dampfer dieser Linie, „Neichstag“, beim Aus-
lausen aus dem Hafen von Daressalam auf
den Grund gerathen war, wurden die Ver-
hältnisse immer als möglichst schwierig darge-
siellt, und es ist seither bei den Führern der
Hauptdampfer eine gewisse Scheu vor dem
Hafen von Daressalam geblieben, ja fast Regel
geworden, wenigstens auf der Rückreise von
Lindi kommend, nicht in den Hafen einzulaufen.
Der Einschiffung der meist zahlreichen
Passagiere von hier mit ihrem ansehnlichen
Gepäck werden dadurch Schwierigkeilen bereilet,
die ohne irgend welche Gefahr vermieden wer-
den könnten. Nicht selten kommt es vor, daß
Kranke, die nicht selber gehen können, an Vord
zu schaffen sind, und für solche Kranke ist der
lange Transport nach der Rhede, besonders
wenn draußen elwas See steht, eine Quälerci,
die auch auf den Krankheitszustand verschlim-
mernd einwirkt. Nicht minder verursacht
das Ankern des Dampfers draußen Kosten
und große Schwierigkeiten beim Verladen von
Frachtgütern, da die Dampfbeiboote, Pinassen
und dergl. mit den geschleppten Booten selbst bei
gutem Wetter mehr als eine halbe Stunde
brauchen, um nur heranzukommen.
Neben der Schen vor dem Hasen mag
vielleicht der Wunsch, möglichst schnell nach
Sansibar zu kommen, eine Rolle spielen. Die
Nechnung ist aber meist falsch, da die Ein-
schiffung der Passagiere draußen mehr Zeit in
Anspruch nimmt, als durch das Nichtein= und
Auslaufen gewonnen wird. Nach dem Urtheil
deutscher und englischer Seeoffiziere sind die
Schwierigkeiten beim Hafen von Daressalam
indessen keineswegs so besonders erheblich;
hoffentlich wird dieses Urtheil, welches durch
das glatte Ein= und Auslaufen der Kriegs-
schisse seine Bestätigung gefunden hat, bald
allgemeiner verbreitet sein, und damit auch auf
die deutschen Dampferführer einen bestimmenden
Einfluß haben.
Die Klagen der Nhederei über den geringen
Verdienst der Dampfer der Küstenlinic sind
nicht unbegründet, erklären sich aber durch
mancherlei Versehen, welche von der Leitung
des Unternehmens selbst begangen werden. An
keinem Platz des deutschen Schutzgebietes hat
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Fracht-Aumeldungen und -Ansammlungen sind
deshalb ausgeschlossen. Wer irgend etwas zu
verfrachten wünscht, muß sich eine Dhau zu
miethen suchen, um mit ihr seine Fracht den
kleinen Dampfern längsseit zu bringen. Die
Frage, ob es unter diesen Umständen nicht
besser ist, die gemiethete Dhau überhaupt zu
benutzen und den Dampfer gar nicht, drängt
sich von selbst auf, und ihre Beantwortung
wird durch die hohen Frachtkosten und durch
die Ungewißheit, ob man denn auch wirklich
dem Dampfer wird seine Fracht zuführen können,
erleichtert. Es sind Klagen geführt worden,
daß ein Dampfer Abends bei Dunkelheit auf
einer Rhede oder in einem Hafen angekommen,
und des Morgens noch vor eigentlichem Tages-
anbruch auch bereits wieder verschwunden ge-
wesen sei. Die Möglichkeit, Fracht an Bord
zu schaffen, war ganz ausgeschlossen.
Der Hasen von Pangani ist in der letzten
Zeit nicht mehr von dem Küstendampfer be-
nutzt worden; daß es möglich und bei durchaus
nicht außergewöhnlicher Aufmerksamkeit auch
ganz gefahrlos ist, beweisen die früheren Fahr-
ten unter einem anderen Schiffsführer, sowie
die Fahrten der Gonvernementsfahrzeuge. Die
Rhede von Pangani ist die schlechteste und ge-
sährlichste des ganzen deutschen Schutzgebietes.
Die immer hohe Dünung des indischen Occans
zwängt sich durch die Oeffnung zwischen den
Inseln Sansibar und Pemba hindurch und
trifft gerade die Rhede von Pangani mit ganzer
Kraft. Ladung zu löschen oder zu nehmen ist
unter sehr vielen Umständen dort ganz ausge-
sechlossen, wo das Schiff in der allerheftigsten
Weise rollt. Selbst der Personenverkehr ist
sehr häusig gefährlich. Pangani ist ein ganz
lebhafter Verkehrsort; daß der Dhau-Transport
vorgezogen wird, wenn der Küstendampfer nur
die Rhede und nicht den Hafen anläuft, ist
nicht zu verwundern.
Wie gesagt, der Besuch des Geschwaders,
welcher auf die ganze Küstenbevölkerung einen
tiesen und nachhaltigen Eindruck gemacht hat,
wird auch noch die weitere segensreiche Folge
haben, daß nach dem anstandslosen Ein= und
Auslausfen von Schiffen, wie S. M. S. „Leip-
zig“, „Alexandrine“ und „Sophie“, die immer
wieder auftauchende Legende von der gefähr-
lichen Hafeneinfahrt von Daressalam ein für
allemal abgethan und widerlegt ist, wobei auch
der Umstand noch Beachtung verdient, daß seit
dem Misgeschick, welches im Jahre 1890 den
ersten deutschen Postdampser in Folge von Un-
vorsichtigkeit dort betroffen, sich seither kein
weiterer ähnlicher Fall ereignet hat.
die deutsche Ostafrika-Linie einen Agenten; :