Full text: Deutsches Kolonialblatt. III. Jahrgang, 1892. (3)

Der Bafen von Daressalam. 
Neueren Berichten aus Ostafrila zufolge 
hat das kürzlich erfolgte Einlaufen der großen 
Schiffe des Kreuzergeschwaders in den engeren 
Hafen von Daressalam umsomehr Freude er- 
regt, als die Dampfer der deutschen Ostafrika- 
linie die Einfahrt mehr oder weniger zu scheuen 
scheinen. Nachdem seinerzeit der erste Post- 
dampfer dieser Linie, „Neichstag“, beim Aus- 
lausen aus dem Hafen von Daressalam auf 
den Grund gerathen war, wurden die Ver- 
hältnisse immer als möglichst schwierig darge- 
siellt, und es ist seither bei den Führern der 
Hauptdampfer eine gewisse Scheu vor dem 
Hafen von Daressalam geblieben, ja fast Regel 
geworden, wenigstens auf der Rückreise von 
Lindi kommend, nicht in den Hafen einzulaufen. 
Der Einschiffung der meist zahlreichen 
Passagiere von hier mit ihrem ansehnlichen 
Gepäck werden dadurch Schwierigkeilen bereilet, 
die ohne irgend welche Gefahr vermieden wer- 
den könnten. Nicht selten kommt es vor, daß 
Kranke, die nicht selber gehen können, an Vord 
zu schaffen sind, und für solche Kranke ist der 
lange Transport nach der Rhede, besonders 
wenn draußen elwas See steht, eine Quälerci, 
die auch auf den Krankheitszustand verschlim- 
mernd einwirkt. Nicht minder verursacht 
das Ankern des Dampfers draußen Kosten 
und große Schwierigkeiten beim Verladen von 
Frachtgütern, da die Dampfbeiboote, Pinassen 
und dergl. mit den geschleppten Booten selbst bei 
gutem Wetter mehr als eine halbe Stunde 
brauchen, um nur heranzukommen. 
Neben der Schen vor dem Hasen mag 
vielleicht der Wunsch, möglichst schnell nach 
Sansibar zu kommen, eine Rolle spielen. Die 
Nechnung ist aber meist falsch, da die Ein- 
schiffung der Passagiere draußen mehr Zeit in 
Anspruch nimmt, als durch das Nichtein= und 
Auslaufen gewonnen wird. Nach dem Urtheil 
deutscher und englischer Seeoffiziere sind die 
Schwierigkeiten beim Hafen von Daressalam 
indessen keineswegs so besonders erheblich; 
hoffentlich wird dieses Urtheil, welches durch 
das glatte Ein= und Auslaufen der Kriegs- 
schisse seine Bestätigung gefunden hat, bald 
allgemeiner verbreitet sein, und damit auch auf 
die deutschen Dampferführer einen bestimmenden 
Einfluß haben. 
Die Klagen der Nhederei über den geringen 
Verdienst der Dampfer der Küstenlinic sind 
nicht unbegründet, erklären sich aber durch 
mancherlei Versehen, welche von der Leitung 
des Unternehmens selbst begangen werden. An 
keinem Platz des deutschen Schutzgebietes hat 
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Fracht-Aumeldungen und -Ansammlungen sind 
deshalb ausgeschlossen. Wer irgend etwas zu 
verfrachten wünscht, muß sich eine Dhau zu 
miethen suchen, um mit ihr seine Fracht den 
kleinen Dampfern längsseit zu bringen. Die 
Frage, ob es unter diesen Umständen nicht 
besser ist, die gemiethete Dhau überhaupt zu 
benutzen und den Dampfer gar nicht, drängt 
sich von selbst auf, und ihre Beantwortung 
wird durch die hohen Frachtkosten und durch 
die Ungewißheit, ob man denn auch wirklich 
dem Dampfer wird seine Fracht zuführen können, 
erleichtert. Es sind Klagen geführt worden, 
daß ein Dampfer Abends bei Dunkelheit auf 
einer Rhede oder in einem Hafen angekommen, 
und des Morgens noch vor eigentlichem Tages- 
anbruch auch bereits wieder verschwunden ge- 
wesen sei. Die Möglichkeit, Fracht an Bord 
zu schaffen, war ganz ausgeschlossen. 
Der Hasen von Pangani ist in der letzten 
Zeit nicht mehr von dem Küstendampfer be- 
nutzt worden; daß es möglich und bei durchaus 
nicht außergewöhnlicher Aufmerksamkeit auch 
ganz gefahrlos ist, beweisen die früheren Fahr- 
ten unter einem anderen Schiffsführer, sowie 
die Fahrten der Gonvernementsfahrzeuge. Die 
Rhede von Pangani ist die schlechteste und ge- 
sährlichste des ganzen deutschen Schutzgebietes. 
Die immer hohe Dünung des indischen Occans 
zwängt sich durch die Oeffnung zwischen den 
Inseln Sansibar und Pemba hindurch und 
trifft gerade die Rhede von Pangani mit ganzer 
Kraft. Ladung zu löschen oder zu nehmen ist 
unter sehr vielen Umständen dort ganz ausge- 
sechlossen, wo das Schiff in der allerheftigsten 
Weise rollt. Selbst der Personenverkehr ist 
sehr häusig gefährlich. Pangani ist ein ganz 
lebhafter Verkehrsort; daß der Dhau-Transport 
vorgezogen wird, wenn der Küstendampfer nur 
die Rhede und nicht den Hafen anläuft, ist 
nicht zu verwundern. 
Wie gesagt, der Besuch des Geschwaders, 
welcher auf die ganze Küstenbevölkerung einen 
tiesen und nachhaltigen Eindruck gemacht hat, 
wird auch noch die weitere segensreiche Folge 
haben, daß nach dem anstandslosen Ein= und 
Auslausfen von Schiffen, wie S. M. S. „Leip- 
zig“, „Alexandrine“ und „Sophie“, die immer 
wieder auftauchende Legende von der gefähr- 
lichen Hafeneinfahrt von Daressalam ein für 
allemal abgethan und widerlegt ist, wobei auch 
der Umstand noch Beachtung verdient, daß seit 
dem Misgeschick, welches im Jahre 1890 den 
ersten deutschen Postdampser in Folge von Un- 
vorsichtigkeit dort betroffen, sich seither kein 
weiterer ähnlicher Fall ereignet hat. 
die deutsche Ostafrika-Linie einen Agenten; :
	        
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