Ein Fest der Stammesmarkung bei
den Jaunde am 8. März 1890.
Ein reges Leben herrschte an diesem Morgen
auf der Station, aus allen umliegenden Dörfern
kamen die Bewohner sestlich geschmückt und
heschminkt, die Haare mit Oel gesalbt, um sich
nach dem eine Stunde von der Station ent-
sernten Dorse des Häuptlings Zumpe Ganthins
zu begeben, wo am heutigen Tage die Festlich
keit der Stammesmarkung stattfinden und die
Festlichkeiten ihren Ansang nehmen sollten.
Dieselben dauern acht Tage. Unter Singen,
Scherzen und Pfeifen mußte ich der Einladung
des Häuptlings Folge leisten, wahrscheinlich zur
größeren Verherrlichung des Festes, hatte mich
aber auch schon vorher entschlossen, einem solchen
Feste beizuwohnen. Ich begab mich in Be-
gleitung von sechs Mann, obenfalls festlich ge-
kleidet, nach dem Festorte. Von allen Seiten
kamen die Bewohner, Bara, Banthe, Voghe,
Velinghe, Jeduti, Tshingas, Ntoni und andere,
theils aus Neugierde, theils um an den fest-
lichen Tänzen theilzunehmen. Von allen Seiten
wurde ich beim Passiren der Dörser freundlichst
begrüßt, und unter Händeschütteln, Umarmun=
gen mit den befreundeten Chefs (die höchste
Ehre und Zeichen der besten Freundschast),
Pfeifen, Singen und Scherzen erreichte ich
97 Uhr Vormittags den Festort. Von ferne
schon hörten wir Trommeln ertönen, welche
den Anfang der Tänze verkündeten und gleich-
zeitig die umliegenden Dorfbewohner einluden,
sich zu beeilen.
Schon beim Eintritt ins Dors wurde ich
mit freundlichen Zuruscn begrüßt. Der Fest-
geber, im höchsten Schmuck mit seinen Frauen
und Kindern, erwartete mich in der Mitte des
Dorfes. Eine rothe baumwollene Zipfelmütze
und ein Filzhut krönten sein würdiges Haupt,
um den Hals einc schöne Leopardenzahnkette
und Perlenschnüre, als Mantel trug er ein
sehr großes Leopardenfell mit Kopf und
Pranken, um die Hüsten ein Stück Zeug, wel-
ches durch langen Gebrauch die Farbe der
Schminke (Mba, Rothholzpulver) angenommen
hatie. Die Rechte war bis zum Ellenbogen-
gelenk mit Messingspangen bedeckl, die Linke
mit breiten Elfenbeinringen geschmückt. An
den Fußgelenken hatte er ebensalls große
Messingringe, aber bedeutend schwerer als die
des Armgelenks, dem Anscheine nach, die Zehen
waren ebenfalls mit Messingringen geziert.
Zur Vervollständigung trug er in der rechten
Hand cinen großen Speer. Die Frauen waren
alle geschmückt und trugen das Zeichen ihrer
Würde am Knie sowohl wie am Arme (Mes-
singspangen), ihr Körper war bis an die Brüste
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mit rother Farbe (Mba) bemalt, die Haarfrifur
mit dickem Palmöl gesalbt. Auch trugen die-
selben einen aus besserem Material hergestellten
Schamgürtel und Büschel aus Nahhiafaser,
schön roth und schwarz gefärbten und mit
weißen Porzellanknöpsen verzierten Hinter-
schmuck und obendrein glänzten an ihren Nacken
riesige Perlenschnüre, hergestellt aus schwarzen,
rothen, blauen böhmischen Glasperlen. An der
Stirn riesige Kuopfbänder.
Die Begrüßung war ziemlich formell, eine
zweimalige Umarmung und mehrfaches Hände-
schütteln nebst Vorwürfen, weswegen ich nicht
zum Vorseste gekommen war (Febr.). Dann wurde
ich unter großer Begleitung und Jauchzen nach
dem großen Hause geführt, wo mir ein Ehren-
sitz zurecht gemacht war, und nachdem ich Platz
genommen, wurde mir vom Festgeber das üb-
liche Gastgeschenk überbracht, welches ich fürs
Erste mit einem kleinen Gegengeschenke erwiderte.
Kurz darauf begannen die Festlichkeiten.
Die Volksmasse vergrößerte sich zusehends,
und noch war keine Stunde verflossen, so waren
auf dem ziemlich großen Dorsplatze etwa
tansend Theilnehmer versammelt, aus allen Ge-
sichtern strahlte Freude und gab sich durch
Lachen, Scherzen, Singen und Tanzen kund.
Ein lautes Halloh unterbricht das Gesumme
der Menschen, es bewegt sich unter Stosien,
Schreien und Schimpfreden eine merkwürdig
gevutzte menschliche Figur, auf dem Rücken einen
riesigen Korb von Bambus, durch die Menge.
Natürlich ist alles Spaß, und der Betreffende
wird im Rücken mit allen möglichen Sachen
(Bananen, Pisangs u. s. w.) beworfen, alles
geht in den Korb, der durch die aufgesammel-
ten Früchte immer schwerer wird. Am Ende
des Dorfes entledigt er sich seiner Last, und
dasselbe Spiel beginnt von Neuem. Doch hier
ertönen andere Instrumente, lautes Tuten und
Pfeisen und dröhnendes Gestampfe lassen uns
schnell bei Seite treten; ein großartiger Reihen
tanz beginnt, die Theilnehmer, etwa 200, alle
mit Messern und Speeren bewaffnet, bewegen
sich unter Taktschlagen mit den Füßen ziemlich
schnell von einem Ende des Dorfes zum an-
deren und von da wieder aufwärts bis zur
Mitte des Dorfes, woselbst sie sich zerstreuen.
Sofort wechselt die Szene und wird kriegerisch,
Messer und Lanzen schwingend, die Gewehre
in die Höhe haltend, kommen sie laufend nach
dem Ende des Dorfes, scheinbar es zu ver-
theidigen, und geben die mit Flinten Bewassncten
Schüsse mit starken Pulverladungen ab, worauf
sie wieder mit Singen, Schreien und Pfeifen nach
der Mitte des Dorfes sich begeben. Es geht
dieses in der Reihensolge, und zwar immer die
einzelnen Ortschasten mit ihren Häuptlingen.