Dr. Baumann, daß die südlich vom Majita-
Tafelberge gelegene, auf den Karten als seichte
Bucht angegebene Bai ein tiefer, dem Speke-
Golf an Länge gleichkommender Golf ist. Auf
seinem weiteren Marsche nach Norden durch
die fruchtbaren und stark bevölkerten Land-
schaften Mugongo, Usegus, Uhemba und Maschi
stellte er fest, daß der Hauptfluß der nord-
westlichen Massailänder, der Ngare dabasch,
nicht, wie allgemein angenommen, mit dem
Ruwara, sondern mit dem sich weiter nördlich
in die Dobo-Bai ergießenden Mara= oder
Maroa-Fluß identisch ist. Ende Mai erreichte
die Expedition die an das Massailand greu-
zende Landschaft Ngoroine, woselbst sie mit
einer Suaheli-Karawane aus Tanga zusammen
traf, die ihren Spuren gefolgt war. Nachdem
die Expedition sich darauf südwärts gewandt
und die Landschaften Elmaran (Ikoma), Ututwa
und Meatu durchzogen hatte, nahm sie ihren
Weg durch das ausgedehnte, nach Süden bis an
die Isansa-Berge sich erstreckende Steppenland,
welches reich an reinem, zum Kochen gut ver-
wendbaren Steinsalz ist. Zur Gewinnung
desselben kommen Karawanen aus großer Ent-
fernung. In westlicher Nichtung über Sagayu,
Nysambe und Usman gelangte Dr. Baumann
am 20. Juli wohlbehalten mit seiner Karawane
in der deutschen Station Muansa an.
Die durchforschten Gebiete sind von zum
Bantuvolke gehörigen Stämmen bewohnt, die
der Expedition fast durchweg freundlich begeg-
neten. Der wichtigste und größte unter ihnen
ist der der Waskuma. Diese sprechen vielfach
Suaheli und slehen in BVerbindung mit der
Küste, die sie zu Handelszwecken aussuchen.
Sie sind von der Küstenkultur viel mehr be-
einflußt, als viele Stämme in nächster Nähe
der Küste, und haben die Landwirthschaft zu
einer gewissen Blüthe gebracht, indem sic außer
Tabak sogar Baumwolle bauen, aus der sie
ein gutes, festes Zeug weben.
Die Expeditionen des Grafen Schweiniß,
Lieutenants Meyer und Kapitäns Spring,
welche auf der großen Karawanenstraße über
Tabora gleichfalls dem Victoria-Nyansa zu-
strebten, sind nach einem längeren, durch die
Verhältnisse bedingten Ausenthalte in Tabora
am 19. September d. J. ebenfalls am See
angelangt.
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Bei Schluß der Redaktion gehen derselben
noch nachstehende drei Berichte des Reichs-
kommissars Majors v. Wissmann an die
Ausführungskommission des Antisklaverei-Ko-
mités zu:
wissmannsche Seen-Expedition.
Am Moramballa-Berge,
Gabelung des Ziu-Zin und Schire,
den 27. August 1892.
Dem verehrten Komité melde ich ergebenst,
daß der Schire dieses Jahr derartig gefallen
ist, wie seit sieben Jahren nicht konstatirt. Infolge
dessen bin ich mit den englischen Kanonen-
booten, die mich bis Chiromo schleppen woll-
ten, nicht nur nicht dorthin, ja nicht einmal
bis zur englischen Interessensphäre „Port
Herald“ gelangt. Wir haben, um mit den
beiden starken Booten etwa 50 Seemeilen zu
überwinden, sechs Tage gebraucht und zwar
Tage geradezu grausamer Arbeit.
Da es wahrscheinlich ist, daß bald diese
Stelle hier für die Dampfer überhaupt unpassir-
bar ist, so werden wir nur den „Musquito“
herüberziehen und, während der „Herald“
den Verkehr meiner Leichter zwischen dem
Sambesi-Lager und hier übernimmt, wird der
„Musquito" zwischen Port Herald und hier gehen.
Wie wir von dort weiterkommen werden, ist nicht
abzusehen, denn schon jetzt dürfen die Leichter
nicht mehr als 18 Zoll Tiefgang haben. Ich
selbst werde nächstdem von Port Herald bis
Chiromo untersuchen., Bumiller kommt mit
dem nächsten Konvoi nach, und Eltz habe ich
befohlen, zu versuchen, ob er den „Pfeil“
irgendwie vorwärts bringen kann, vielleicht
ganz leer oder im Leichter. Seit 14 Tagen
bin ich ein schleichendes Fieber nicht los-
geworden, das ich mir durch öfteres bis an
den Hals im Wasser Stehen zugezogen habe.
Ich bin infolge dessen sehr schwach und bitte
solglich, die Kürze dieses Berichtes zu ent-
schuldigen.
Bumiller wird die Vorgänge des unteren
Lagers berichten, das Chindelager muß unter-
dessen verlassen sein. Die Herren des Komitees
können sich vorstellen, daß die geradczu auf-
opsernde Hülfe der Kapitäne des „Herald“,
Lieutenants Robertson, und des „Musquito“,
Lieutenants Hewet, uns ganz anßerordentlich
zu Dank verpflichtet.
Mit vorzüglicher Hochachtung
gez. H. v. Wissmann,
Major,
Kaiserlicher Kommissar.