Die Tasman- und Lord Howegruppe sind gewiß
winzige Theile des Schutzgebiets und werden für
alle Zeit nur für die Kopraproduktion, deren Ertrag
durch vermehrten Anbau der Kokospalme noch sehr
gesteigert werden kann, in Betracht kommen. Trotz
dieser geringen Bedeutung muß dem gesetzwidrigen
Handel der australischen Schiffe auf diesen Inseln
gesteuert werden, weil die Firma Forsayht, welche
dieselben seit Jahren bearbeitet hat, mit Recht be-
ansprucht, daß ihre Konkurrenz nicht aus der Ueber-
tretung der Zollgesetze Vortheil zieht, und weil ferner
das Ansehen der deutschen Verwaltung des Schutz-
gebiets zuviel Einbuße erleidet, wenn sie ein gewohn-
heitsmäßiges Zuwiderhandeln gegen die Gesetze des
Schugebiets nicht zu hindern vermag.
Hoffentlich hat der Besuch der Inseln gute Wir-
kung gehabt; das einfachste Mittel, in diesem Theile
des Schutzgebiets Ordnung zu halten, würde darin
bestehen, daß die Kriegsschiffe der australischen Station
bei ihren Rundreisen durch die Südsee-Schußgebiete
mit einem mäßigen Umwege den äußeren südlichen
und östlichen Umring des Schutzgebiets der Neu-
guinea-Kompagnie (Shortland, Fanro, Choiseul,
Mabel, Lord Howe, Tasman) hin und wieder an-
liefen. Die Aufbringung eines einzigen ohne Legi-
timation handelnden Schuners zur Bestrafung würde
ein Erfolg sein, welcher für lange Zeit Ordnung
schaffen würde.
Die Rückfahrt nach Herbertshöh ward einmal
unterbrochen: der Kommandant des „Bussard“ hatte
kurze Zeit vorher in Auckland einen Missionar der
englischen Hochkirche Dr. Welshman kennen gelernt,
welcher sein Arbeitsfeld seit einer Reihe von Jahren
an der Südwestecke von Maabel hatte und auf dem-
selben nach beendeter Erholungsreise im Beginn des
Monats Mai wieder einzutreffen gedachte. Es inter-
essirte natürlich sehr, die Einrichtungen dieser Mission,
von deren Existenz der Verwaltung bis dahin noch
keine Kunde geworden war, in Augenschein zu nehmen.
Wir trafen am 8. Mai, enva 2 Uhr nachmittags,
vor dem Wohnsitz des Missionars an der Vulavu#
anchorage (siehe englische Admiralitätskarte 209)
ein; während die Dampfbarkasse unter Führung eines
Lieutenants zur See mit mir und dem Kanzler vom
„Bussard“ abging und dem Lande zusteuerte, dampfte
das Schiff selbst weiter und legte sich in der Cockatoo
anchorage (siehe englische Admiralitätskarte 209)
vor Anker.
Wir besuchten unterwegs unter Führung einiger
Eingeborenen, welche mit Kanus hinausgekommen
waren, einen etwa 80 Fuß hohen schroff empor-
steigenden Korallenfelsen (auf der Karte Green Rk.
bezeichnet). Derselbe war mit einer Anzahl von
Häusern auf seinem schmalen Plateau und, wo sich
sonst Fläche bot, besetzt; in den unteren Partien
waren die Häuser durch etwa 5 Fuß hohe und
3 bis 4 Juß breite, von Korallen durch Menschen-
hand ausgethürmte Mauern, welche sich an dem
äußern Umring des Inselchens entlang zogen, ge-
93
schützt. Der ganze Platz nahm sich, zumal Baum-
und Strauchvegetation nicht fehlte, sehr nett aus und
machte den Eindruck einer kleinen Festung. In der
That dient er auch als solche, indem die Bewohner
der gegenüberliegenden Küsle sich bei Annäherung der
mächtigen Kriegskanus der Bewohner einiger eng-
lischen Salomonsinseln auf den Felsen zurückziehen
und dort Freiheit und Leben mit Erfolg vertheidigen.
Derartige Kriegszüge, welche keinem andern Zwecke,
als dem Menschenraub, gelten, waren seit längerer
Zeit an dieser Stelle nicht vorgekommen, ohne daß
sich indessen ein Gefühl absoluter Sicherheit ein-
gebürgert hätte und die Eingesessenen in steter Wach-
samkeit nachgelassen hätten. Wer sich über diese
Kriegszüge, die bei ihrer Ausführung stattfindenden
Grausamkeiten, ihre entseblichen Wirkungen (z. B. die
vollständige Entvölkerung eines großen Theiles der
Nordostküste von Mabel), die rechtlose Lage der
fortgeführten Menschen unterrichten will, dem wird
die Schrift des englischen Naturforschers Woodford:
„A naturalist amongst the head-hunters“ reiche
Information geben.)) Als Hauptplatz, von welchem
aus diese Raubzüge unternommen werden, wurde
Rubiana (auf New-Georgia) bezeichnet.
Nach Besuch der Felsenfestung steuerten wir dem
Lande zu, wo cin Bootshaus, in welchem eine Gig
sichtbar wurde, den Wohnplaßz des Missonars an-
zeigte. An Land angekommen, wurden wir von
einem des Englischen kundigen Missionslehrer
(teacher), einem Eingebornen des Platzes, welcher
eine mehrjährige Ausbildung in einem Missions-
institut auf der Insel Norfolk erhalten hakte, empfangen
und belehrt, daß der Missionar, wenngleich tagtäglich
erwartet, noch nicht eingetroffen sei. Wir benußten
die knapp bemessene Zeit, um die Wohnung des
Missionars, ein einfaches aus dortigem Material und
im Stile des Platzes gebautes Haus, und die Kirche
und Schule, obenfalls ein einfaches Gebäude, in
welchem lediglich ein Pult und eine Anzahl von
Bänken die Bestimmung verriethen, in Augenschein
zu nehmen.
Der Einfluß der Missionsthätigkeit auf die Ein-
geborenen war unverkennbar und prägte sich schon
nach außen durch die Reinlichkeit und Sauberkeit
an Körper und Kleidung und den allgemeinen Ge-
brauch Letzterer aus. Auch war das Gebahren der
Leute ein gesittetes zu nennen
Im weitern Verlauf der Küste waren noch mehrere
Eingeborene als Missionslehrer stationirt, auch die
Anwohner von Cockatoo- anchorage waren der
Mission zubehörend.
Die Dampfbarkasse erreichte das Schiff so früh,
daß dasselbe noch kurz vor Einbruch der Dunkelheit
den Ankerplatz verlassen und die freie See gewinnen
konnte.
Die Fortsetzung der Rückfahrt vollzog sich bei
yleich herrlichem Wetter, wie es die ganze Reise be-
*) Vergl. Jahrg. 1890 S. 235.