Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

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Sunda sei stark genug, um sich selbst zu schützen, und 
brauche nicht die Vormundschaft Mereres. Leßterer 
versuchte, den abtrünnigen Souverän zu bestrafen, und 
erklärte Krieg, konnte aber trotz wiederholter Einfälle 
in Sundas Gebiet die starke Boma des Feindes 
nicht zwingen. Sunda rächte sich seinerseits für die 
Einfälle Mereres an arabischen Karawanen, die all- 
jährlich von Utengule kommend auf dem Wege nach 
Nuemba sein Gebiet passirten, durch unverschämten 
Hongo und sonstige Erpressungen, so daß dieselben 
die Straße aufgaben und einen Umweg über Kivinda 
einschlugen. Sunda soll ferner mit den Wahehe in 
Verbindung getreten sein und diese mit Nachrichten 
versehen. Mochten diese Meldungen zum Theil auch 
übertrieben sein, so schien es mir doch rathsam, dem 
Vorschlag stattzugeben, da die Wanika wegen ihrer 
vielfachen Straßenräubereien und Dreistigkeit gegen 
kleinere Karawanen allgemein verhaßt sind, und die 
Züchtigung cines ihrer mächtigsten Häuptlinge den 
anderen eine warnende Lehre sein würde. Auch 
wurde ich durch die gemeinsame Aktion mit Merere 
in die Lage versetzt, die Verwendbarkeit der Wasongo- 
krieger für unsere Unternehmung aus eigener An- 
schauung zu beurtheilen. Ich sandte daher am 24. Mai 
Eilboten nach Muenso, um Euer Hochwohlgeboren 
über die Verhältnisse zu unterrichten und im Falle 
des Einverständnisses um Verstärkung (Geschütz und 
Sudanesenzug) zu bitten. Den Bescheid erbat ich 
mir nach Sunda. Ich selbst marschirte erst am 
28. Mai, nachdem mir Merere etwa 500 Krieger 
unter Führung seines zweitältesten Sohnes übergeben 
hatte, von Utengule ab; ferner schloß sich mir der 
Jemadar an, um Euer Hochwohlgeboren persönlich 
seinen Salaam und Geschenke zu überbringen. Am 
29. Mai traf ich vor Sunda ein. Die Eingeborenen 
standen in vollem Wasfenschmuck vor der Boma und 
gaben durch wildes Geschrei und Kriegstänze uns 
zu verstehen, daß sie zum Kriege bereit seien. Meine 
Versuche, mit Sunda friedlich zu verhandeln, mußte 
ich bald aufgeben, da die Wanika im Vertrauen auf 
ihre Boma und angesichts meiner schwachen Truppe 
(die 500 Wasango machten auf sie wenig Eindruck, 
da dieselben schon in zehnfacher Zahl unverrichteter 
Dinge hatten abziehen müssen; ich selbst hatte nur 
10 Mann) meine Forderung dreist zurückwiesen, ja 
sogar sich erfrechten, mir den Eintritt in die Boma 
zu verweigern. Ich bezog vor Sunda befestigtes 
Lager, enthielt mich jedoch jeglicher sonstigen Maß- 
nahmen, auf die Entscheidung Euer Hochwohl- 
geboren wartend; vom Feinde blieb ich, abgesehen 
von einigen erfolglosen Schüssen aus der Boma, im 
Lager unbehelligt. Am 3. Juni cr. traf endlich die 
erbetene Verstärkung (30 Sudauesen) von Muenso 
ein; — das Geschütz hatte wegen Trägermangels 
nicht mitgesandt werden können — und beschloß ich 
sofort den Angriff auf die Boma. Ich ließ nach 
kurzem Salvenfeuer die Truppe mit aufgepflanztem 
Seitengewehr gegen die mir am schwächsten scheinende 
Stelle der Boma mit Hurrah vorgehen. Die Leute 
  
sprangen in den Graben hinab und verschwanden in 
demselben bis an den Gürtel in der sumpfigen Sohle 
versinkend. Nur mit gegenseitiger Hülfe konnten sie 
die steile, glatte Eskarpe erklimmen. Die Arbeit mit 
der Axt an der Pallisade und gleichzeitiges Durch- 
feuern durch dieselbe war fast unmöglich, da die 
Leute immer wieder in den Graben zurücksanken. 
Ein Sudanese pflanzte die Fahne auf die Pallisade, 
wurde durch die Brust geschossen und fiel todt zurück. 
Andere erhielten Speerstiche durch Pallisadenlücken 
und Schüsse; ein Unteroffizier wurde durch einc über 
ihn gegossene heiße Flüssigkeit gräßlich entstellt. Die 
Pallisaden spotteten der mbequemen Arbeit mit 
der Axt, und die Leute blieben, endlich vollständig 
erschöpft und viele verwundet, in der Sohle des 
Grabens, der nicht bestrichen werden konnte. Die 
Wasango stockten und wandten sich rückwärts. Ich 
sah ein, daß ich mit meinen wenigen Leuten auf 
diese Weise die Boma nicht zwingen würde, und 
blies zum Rückzug. Meine Leute holten die in der 
Pallisade exponirte Flagge und schafften trotz des 
Feuers Todte und Verwundete mit sich, so daß es 
geradezu ein Wunder war, daß ich nicht mehr Ver- 
luste erlitt. Es war 1 Sndanese gefallen, 6 Mann 
verwundet. 
Ich sandte noch gleichen Tages Bericht an Euer 
Hochwohlgeboren, um Geschütze und Verstärkung 
bittend. Am 5. Juni cr. traf Fuchs mit weiteren 
20 Mann, dem 3,7 cm Geschütz und dem Maxim 
ein. Nach Besprechung der Sachlage und Empfang- 
nahme Euer Hochwohlgeboren Weisungen für den 
zweiten Angriff beschloß ich denselben noch am gleichen 
Tage, nachdem die Truppe sich ausgeruht hatte. 
Da ich annahm, daß der Feind durch die Wir- 
kung von 20 Granaten und Salven erschüttert und 
entmuthigt sei, und meine Truppe um das Doppelte 
verstärkt war, so beschloß ich einen abermaligen An- 
lauf an ciner anderen Stelle, wo mir die Pallisaden 
schadhaft schienen. Während eines von Fuchs ge- 
führten Scheinangriffs von der rechten Flanke ließ 
ich die Sudanesen und Gomorenabtheilung den Sturm 
auf die Ostfront der Boma ausführen. In vor- 
züglicher Haltung drang die Sturmabtheilung an die 
Boma, den vorliegenden Graben ohne Verluste 
nehmend, kounnte jedoch wegen verdeckt liegender 
Dornen und giftigem Kaktusdickicht abermals nicht 
durchdringen. Die Truppe unterhielt von hier ein 
lebhastes Feuer durch die Pallisaden in das Dorf 
hinein, seitwärts vom Feuer des Feindes flankirt. 
Das Maxim versagte den Dienst, da es auf zu 
weichem Boden stand und nicht genügend Rückstoß 
änßern konnte. Unterdessen hatte Fuchs die Ab- 
theilung des Scheinangriffs bis auf 100 m an die 
Boma herangeführt; auf meine Aufrage, ob er glaube, 
aus seinem Scheinangriff an dieser Seite mit Erfolg 
zum Sturm vorgehen zu können, erhielt ich ver- 
neinende Antwort. Die Sturmabtheilung sandte 
Meldung, daß die Patronen nahezu verbraucht. Zur 
Neuausgabe von Patronen war, da der Abend herein-
	        
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