Ungoro eingebrochen und am Kilimandjaro noch nicht
erloschen sein.
An den Südgrenzen unseres Gebictes muß sie in
bedrohlicher Weise im Vorschreiten begriffen sein, da
Engländer und Portugiesen bereits strenge Maßregeln
angeordnet haben, um sie am Vordringen in ihre
Gebiete zu hindern.
Die Ausbreitung der Seuche geschieht unzweifel-
haft durch direkte Verschleppung des Ansteckungs-
stoffes durch erkrankte Thiere. So theilte mir Chef
v. Elpons mit, daß die Seuche in die Stationsherde
von Dar-es-Saläm durch zwei auf einer gekaperten
Skiavendhau vorgefundene Thiere gebracht worden
sei; bald nach ihrer Einstellung in die Herde er-
wiesen sie sich als krank und die Serche ergriff da-
nach auch die ganze übrige Herde, während die
Gegend sonst vollständig seuchenfrei war. Ferner
gaben die Massai, die auf ihr Vieh in ausgezeichneter
Weise achten, v. Höhnel als ganz bestimmt an, daß
sie sich die Seuche durch geraubtes Vieh aus dem
Samburulande eingeschleppt hätten, und weigern der
Telekischen Expedition den Durchzug, weil er krankes
Vieh in der mitgetriebenen Herde habe. Dafür
spricht auch die Verbreitung entsprechend den Naub-
zügen der Massai, denn die Seruche folgt erkennbar
den Wegen dieser, und die Gegenden, die sich durch
eine wehrhafte Bevölkerung oder günstige örtliche
Verhältnisse vor den Massaieinbrüchen schützen konnten,
blieben dauernd oder für längere Zeit von der Seuche
verschont, so Taweta, Kahe, die Dschaggaländer, das
Südparegebirge, Uschamboa, Umbugwe.
Die Senuche muß aber auch indirekt, etwa durch
Zwischenträger oder infizirtes Futter, übertragen wer-
den können. Das beweist eine gleichfalls von Chef
v. Elpons in Mpwapwa gemachte Beobachtung.
Der Elfenbeinhändler Stokes kam mit einer er-
krankten Herde vom Victoriasee nach Mpwapwa, und
um die Ansteckung von seiner eigenen Herde fern
vt halten, ließ v. Elpons diese einige Tage vor
em Eintreffen Stokes! flußaufwärts in die Berge
treiben. Trotzdem brach die Seuche in ihr aus, als
Stokes einige Tage in Mpwapwa war. Ein direk-
ter Verkehr der Herden untereinander hatte nicht
stattgefunden, eine Infektion durch das Wasser ist
auch ausgeschlossen. Aehnlich verhält es sich mit der
Einschleppung in die Dschaggastaaten. Hier wird
das Vieh in Ställen gehalten, aber die Leute holen
sich vielsfach das Gras aus der Ebene, wo schon seit
längerer Zeit die Seuche herrscht. Nimmt man eine
bakterielle Natur der Seuche an, so ist solche Ueber-
tragung auch gar nicht schwer zu erklären: wir wissen
ja, daß die Bakterien, z. B. der Schweineseuche und
Hühnercholera, selbst dreimal den Darmkanal eines
Thieres passiren können, ohne ihre Lebenskraft und
Jufektionstüchtigkeit einzubüßen; da in Afrika die
Vernichtung der Kadaver den Geiern und Schakalen
überlassen ist, so wird gerade durch sie eine indirekte
Verschleppung leicht möglich sein.
Diese Art der Verbreitung ist um so eher mög-
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lich, als die üechaszer und Ranbvögel nicht empfäng-
lich für diese Seuche sind.
Außer den Rindern sind in hohem Grade
empfänglich die wildlebenden Büffel, die größeren
Antilopenarten, Giraffen und nach einer Quelle
Maskatesel, Pferde und Kameele. Wenig empfänglich
dagegen ist das Kleinvieh. Ob Schweine empfänglich
oder immun sind, ist nirgends erwähnt. Unempfänglich
„sind graue Esel und Zebras.
Es ist kein einziger Fall bekannt, daß beim Men-
schen irgend eine Art der Infektion stattgefunden habe,
weder beim Zerwirken kranker Thiere, noch nach dem
Genuß von Fleisch solcher Thiere.
Die Erkrankung verläuft nach den übereinstim-
menden Berichten sehr schnell, meist innerhalb 24
bis 36 Stunden und in der Mehrzahl der Fälle,
nicht unter 98 pEt., tödtlich. Ob freilich die wirk-
liche Dauer der Krankheit so kurz ist, steht noch da-
hin; es könnten immerhin die ersten Symptome über-
sehen worden sein; denn in Telekis Expedition
suchten die Massai kranke Thiere heraus, die Teleki
und v. Höhnel für durchaus gesund hielten, und
ähnlich erging es Thomson.
Nach den Angaben der Reisenden und in Afrika
Angestellten kommen zwei durchaus verschiedene For-
men vor. In der einen sind die Lungen, in der
anderen der Darmkanal erkrankt, also eine pektorale
und eine intestinale Form. Andererseits wird auch
von einer hochgradigen Veränderung der Muskulatur
und Knochen berichtet. Leider sind die Angaben zu
ungenau, um bestimmte Schlüsse auf die Natur der
Seuche zu gestatten.
Das Jungvieh soll nach den einen Berichten mehr,
nach den anderen weniger leicht erkranken als das
ausgewachsene Vieh. Die Kühe scheinen leichter zu
erkranken oder vielleicht auch öfter der Krankheit zu
erliegen, da die durchgekommenen und übriggebliebenen
Thiere zumeist Stiere sein sollen. Ein einmaliges
Ueberstehen scheint vor einer Neuerkrankung zu schützen.
Von Heilmitteln wird nur eins erwähnt: Pater
Schyuse glaubt mit Chinin ein Thier durchgebracht
und zwei gebessert zu haben. Weitere Versuche verbot
der Chininmangel.
Von den aus Europa bekannten Rinderkrankheiten
können eigentlich nur die Rinderseuche und die Rin-
derpest in Betracht kommen, Milzbrand, als der die
Seuche aufänglich aufgefaßt wurde, ist wohl aus-
geschlossen, fehlen doch alle Veränderungen an der
Milz und nirgends ist etwas von der charakteristischen
Eindickung des Blutes erwähnt. An Rinderseuche
ist zu denken wegen der gleichzeitigen Veränderung
der Muskulatur, die mehrfach beobachtet worden ist.
Vieles stimmt wieder besser auf Rinderpest, so die
„Lroße Galle“, nur entspricht dieser nicht der an-
geblich so rapide Verlauf.
Von den furchtbaren Verheerungen geben Augen-
zeugen folgende Schilderungen:
Thomson erzählt in seinem Buche „Durch
Massailand“: „Auf unserem Wege überraschten uns