Full text: Deutsches Kolonialblatt. IV. Jahrgang, 1893. (4)

aufs Aeußerste die eingetrockneten Gerippe zahlreicher 
Rinder, welche die ganze Gegend bedeckten; um die 
Kraals herum sah es einfach schrecklich aus. Hunderte 
von Thieren lagen herum, sterbende und in allen 
Stadien der Verwesung; kein Versuch wurde gemacht, 
sie zu begraben, infolge dessen herrschte überall ein 
entsetzlicher Gestank und die Bevölkerung befand sich 
in hülflosem Elend. Vom Morgen bis zum Abend 
sangen die Massai: „Wir beten zu Gott, wir beten 
zu Mbaratien.“ Das ganze Land war erfüllt von 
Klagen und dem Schrei der Verzweislung. Wegen 
der Rinderpest waren keine Lebensmittel, weder für 
Geld noch für gute Worte zu bekommen.“ 
Aus Deutsch-Massailand berichtet Major v. Wiss- 
mann von seiner Expedition nach dem Kilimandjaro, 
„daß an Stelle verlassener Massaikraals Hunderte 
von Rindern die Luft verpesteten und daß überall 
gefallene Büffel umherlagen“; und Dr. Baumann, 
der ein Jahr später diese Gegenden passirte, schreibt, 
daß sich auf dem Neirobiplateau einzelne Serengeti- 
massai im höchsten Stadium des Elends herumtrieben. 
„Viele schlichen der Karawane nach und machten den 
Geiern und Schakalen die elenden Reste der Träger- 
mahlzeiten streitig. Eltern wollten ihre Kinder für 
ein Stück Rindfleisch an uns verkaufen, ja eine Mutter 
bot uns sogar ihr kleines Mädchen für einen ver- 
endeten Lastesel an und ließ uns dasselbe schließlich 
zurück.“ Lieutenant Meyer fand, daß von einem 
Massaistamme, der nach der letzten Viehseuche von 
Hunger getrieben nach Usongo gekommen war, dort 
alle bis auf den letzten Mann gestorben waren, weil 
die Leute, von Hunger geschwächt, sich nicht mehr 
an die ungewohnte vegetabilische Nahrung gewöhnen 
konnten; und der englische Bevollmächtigte in Uganda, 
Kapitän Lugard, sagt, „daß es die größte Wohlthat 
wäre, welche man den Eingeborenen erweisen könnte, 
wenn man ein wirksames Mittel gegen die Sadoka 
fände“. 
RAus fremden Rolonien. 
von der italienischen Rolonie Eritrea. 
In Eritrea sind wieder zwei Zonenkommandos, 
Asmara und Keren, eingerichtet. Ferner ist befohlen, 
daß die beiden Festungsartillerie = Kompagnien, die 
Pionier= und Verpflegungs-Kompagnie von jetzt ab 
zur Hälfte aus Italienern, zur Hälfte aus Einge- 
borenen sich zusammensetzen sollten, desgleichen die 
Kompagnie „Carabinieri Reali“. Es würden somit in 
Zulunft nur italienische Mannschaften haben: das 
Bersaglieri-Bataillon und die Krankenträger-Kom- 
pagnie, die Hälfte Italiener und die Hälfte Einge- 
borene, aber italienische Offiziere die oben genannten 
Truppentheile. Nur Eingeborene, aber ilalienische 
Offiziere haben die vier Bataillone Infanterle, die 
zwei Eskadrons Kavallerie und die zwei Geblrgs- 
batterien. Im Ganzen beträgt die Truppenstärke in 
Eritrea 224 Offiziere, 6100 Mann, 1100 Pferde 
  
545 — 
und Manlthiere. Von der Mannschaft waren bisher 
3800 Mann Eingeborene, der Rest Italiener. Durch 
oben angegebene Umformation würde sich die Anzahl 
der eingeborenen Soldaken um etwa 800 Manmn ver- 
mehren und um diese Zahl die der Italiener sich 
vermindern. # 
Ferner ist bestimmt worden, daß die Dienstver- 
pflichtung der aus Italien sich Rekrutirenden bei den 
berittenen Waffen und den Carabinieri drei Jahre 
beträgt, bei den Uebrigen zwei Jahre, für die ein- 
geborenen Mannschaften aber gleichmäßig drei Jahre. 
Zur Aufrechterhaltung der für Handel, Wandel 
und Gedeihen der Kolonie durchaus nothwendigen 
Ruhe und Ordnung sind dem Gouverneur derselben, 
gegenwärtig Generalmajor Baratieri, weitgehende 
Vollmachten ertheilt worden, wie z. B. das Recht der 
Ausweisung der die Ruhe störenden Eingeborenen, 
Italiener und Fremden. Wenn es sich um Aufrecht- 
erhaltung der Ordnung handelt, hat er die Befugniß, 
Ausnahmemaßregeln für die ganze Kolonie oder einen 
Theil derselben zu verhängen, wie z. B. die allge- 
meine Entwafsnung, Standrechtserklärung, Verbot der 
Zeitungen u. s. w. Die Eingeborenen dürfen nur 
Waffen tragen nach schriftlicher Erlaubniß des Gou- 
verneurs, die Anderen nach derjenigen der Orts- 
behörde. . · 
Zur Sicherung der Grenzen vor feindlichen Ueber- 
fällen ist ein ausgedehntes Kundschaftersystem jenseits 
der italienischen Grenze angeordnet worden, ausge- 
führt durch die im italienischen Solde stehenden 
Banden. Diese haben bei ekwaigen Angriffen sich 
auf die nahe an der Grenze liegenden festen Positio- 
nen der Italiener, die durch reguläre Truppen besetzt 
und vertheidigt werden, zurückzuziehen, jede eilige 
Meldung wird von den am weitesten vorgeschobenen 
Posten durch Rennkameele an die befestigten Orte 
gebracht, die alle in telephonischer Verbindung mit 
Massaua stehen. Die wichtigsten an der abessinischen 
Grenze gelegenen Befestigungen sind: Halai, Adi, 
Kari und Agordat. Unter der Leitung des gegen- 
wärtigen außerordentlich tüchtigen und energischen 
Gorverneurs hat die Kolonie schon bedeutende Fork- 
schritte in jeder Hinsicht gemacht und wird immer 
größere machen bei strenger Aufrechterhaltung der 
inneren Ruhe und Ordnung. 
(Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine. 
November 1893.) 
  
Aus Mozambique. 
Nach einem Berichte des amerikanischen Konsuls 
zu Mozambiquc hat die englisch-porlugisieche Zam- 
besi-Kompagnie von der Königlich portugiesischen Re- 
gierung die Konzession zum Bau und Betrieb eines 
Telegraphenkabels zwischen Mozambique und Quili- 
mane sowie von Telegrapheulinien zwischen Tete 
und Chicoa, Tete und Missale, Chicon und Zumbo 
erhalten. Der Bau dieser Linien soll binnen 18 Mo- 
naten vollendet werden.
	        
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