Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

wird. Daß er Letzteres geworden, glaube ich be- 
haupten zu dürsen, da er andernfalls in die Ab- 
tretung Okombahes, die ihm sehr sauer geworden 
ist, nicht eingewilligt haben würde. 
Die Gründe, die mich veranlaßten, die Abtretung 
des genannten Platzes zu erstreben, gehen aus dem 
Inhalt der betreisenden Verträge hervor. Während 
die Berg-Damaras im ganzen Nama= und Herero- 
lande sonst zerstreut leben und als Diener der 
weißen wie der eingeborenen Bevölkerung ihr Dasein 
fristen, haben sie sich in Okombahe zu einem politischen 
Gemeinwesen zusammengeschlossen, jedoch auch hier in 
einem gewissen Vasallenverhältniß zu den Hereros 
siehend und von diesen stark bedrückt. 
Dadurch, daß dieselben nun direkt unter die 
deutsche Oberhoheit getreten sind, haben wir nicht 
nur einen Stamm von Arbeitern zu unserer Ver- 
sügung gewonnen, sondern es ist auch der Grund 
zur allmählichen Loslösung der gesammten Berg- 
Damaras als Nation von ihren bisherigen Unter- 
drückern gelegt, so daß sie mit der Zeit als dritter 
selbständiger Stamm neben die Hereros und Nama- 
quas gleichberechtigt treten werden. Dem auch die 
nicht in Okombahe lebenden Verg-Damaras sehen in 
dem dortigen Kapitän ihr nominelles Oberhaupt. 
Außerdem aber werden die Hereros nicht verhindern 
können, daß noch ein weiterer Theil derselben sich 
allmählich dort zusammenschließt. 
Es wird somit diese Abtretung die im Schutz- 
gebiete brennend gewordene Arbeiterfrage ihrer Lösung 
um einen bedeutenden Schritt näher bringen. Die Re- 
gierungssubvention von 1800 Mk. jährlich, welche ich 
dem Häuptling Manasse bewilligt habe, sällt demgegen- 
über nicht in das Gewicht. Die Politik der Kaiser- 
lichen Landeshauptmannschaft dahier muß stets dahin 
gehen, das Interesse der Häuptlinge an das ihrige 
zu lnüpfen, um dann durch jene das Volk zu be- 
herrschen. Nur so allein wird es uns möglich sein, 
auch bei geringer Machtentfaltung Herr im Lande 
zu bleiben. Das beste Mittel hierzu liegt in der 
Bewilligung von Jahresgehalten an die Häuptlinge, 
was Leßtere, mit oder gegen deren Willen, zu be- 
soldeten Beamten der Regierung stempelt. Daneben 
müssen die Häuptlinge in ihrer im hiesigen Schutz- 
gebicte eltwas schwachen Antorität ihren eigenen 
Volksgenossen gegenüber gestärkt werden. Ich habe 
den Stationschefs die Befolgung dieser Politik zur 
Pflicht gemacht, bis jett mit bestem Erfolge. Ich 
habe z. B. selbst gehört, wie der Oberhäuptling 
Samuel Maharero den Stationschef von Okahandja, 
Lieutenant Eggers, um möglichst baldige Nückkehr 
auf den Plaß ersuchte, um dort während seiner be- 
vorstehenden eigenen Abwesenheit für Ruhe und 
Ordnung zu sorgen. 
Als Stalionschef von Omaruru habe ich den 
Sekondlientenant Volckmann eingesetzt. 
Hand in Hand mit meinen Verhandlungen mit 
dem Häuptling Manasse ging, durch den gleichfalls 
mitgekommenen Assessor v. Lindequist mit ge- 
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wohnter Energie geführt, die Untersuchung wegen 
der Ermordung des Engländers Christie. 
Dieselbe ergab, daß der Ermordete, ein gewalt- 
thätiger, dem Trunk ergebener Mensch, ohne Grund 
einen Bastard getödtet hatte und daß die von dem 
Häuptling Manasse zu seiner Verhaftung und Ueber- 
führung nach Omaruru abgesendeten sechs Hereros 
ihn dann ohne Vorwissen des Kapitäns und ohne 
jede Veranlassung getödtet hatten. Das Urtheil 
lautete gegen den Hauptschuldigen auf Todesstrafe, 
gegen den Nächstschuldigen auf acht Jahre Zuchthaus, 
gegen die übrigen vier Theilnehmer auf je sieben 
Monate Gefängniß. Am härtesten wurde es dem 
Häuptling, der Urtheilsvollstreckung gegen den Zweit- 
schuldigen zuzustimmen, da es sich hierbei um seinen 
Neffen handelte, ein Verwandtschaftsverhältniß, welches 
nach den Anschauungen der Hereros demjenigen 
zwischen Vater und Sohn nahe kommt. Im Interesse 
der Gerechtigkeit bestand ich jedoch auf der Ueber- 
führung gerade dieses Schuldigen nach Windhoek. 
Außerdem bestand ich auf Vollstreckung der erkannten 
Todesstrafe, und es erfolgte diese durch ein Kom- 
mando Soldaten, in Anwesenheit des Oberhäuptlings 
Samuel sowie des Engländers Tatlow, des 
Schwagers des Ermordeten, welche ich Beide, um 
von Hause aus der Entstehung aller falschen Gerüchte 
vorzubengen, als Zeugen zuzuziehen für nöthig be- 
sunden hatte. 
Im Uebrigen aber hielt ich es für zweckmäßig, 
dem Häuptling aus politischen Gründen thunlichst 
weit entgegenzukommen. Ich stellte daher für dessen 
Neffen, welcher sich jetzt zur Strasverbüßung in 
Windhvoek befindet, bei guter Führung baldige Be- 
guadigung in Aussicht. Die vier übrigen Schuldigen 
übergab ich dem Häuptling selbst zur Strafvoll- 
ziehung. Diese Maßregel bezweckte, dessen Ansehen 
bei seinen Stammesgenossen, welches durch die 
Urtheilsvollstreckung immerhin hätte erschüttert werden 
können, wieder zu stärken. Der Häuptling verurtheilte 
sie zu Zwangsarbeit bei dem neuen Stations-= 
gebäude in Omaruru, an welchem sie bereits sleißig 
mitarbeiten. 
Die Stärke der Station Omaruru beträgt 
1 Osfizier, 2 Unteroffiziere, 1 Lazarethgehülfen und 
24 Mann, von welchen ein kleiner Bruchtheil nach 
Okombahe abgezweigt werden wird. Anßerdem habe 
ich vorläufig ein Geschütz dort belassen. 
Um den beständigen Grenzstreiligkeiten vor- 
zubeugen, vor Allem um der im Hererolande be- 
stehenden Rechtsunsicherheit, hervorgerufen durch die 
unklaren Grenzverhältnisse, zu steuern, veranlaßte ich 
außerdem die drei anwesenden Hererohäuptlinge, die 
Feststellung ihrer gegenseitigen Gebietsgrenzen vor- 
zunehmen. Da sie nicht einig werden konnten, er- 
suchten sie mich um Entscheidung, fügten sich der- 
selben und waren alle drei damit zufrieden. Die 
Unabhängigkeit Manasses von dem Oberhäuptling 
Samuel, solange er den Schupvertrag getreulich 
hielte, wurde von mir auf dessen Wunsch nochmals
	        
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