Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Nach einem Berichte der Landeshauptmannschaft 
in Windhvek giebt es, wie aus Mittheilungen der 
mit den Verhältuissen des südwestafrikanischen Schutz- 
gebieles vertrauten Missionare hervorgeht, in dem 
porlugiesischen Gebiete sowohl als in der zum deut- 
schen Ovambolande gehörigen Landschaft Ondonga 
der Sklaverei ähnliche Zustände. Die Sklaven oder 
Hörigen sind zumeist Kriegsgefangene, die größten- 
theils als Mädchen oder Kinder auf besonderen 
Raubzügen ergriffen und mitgesührt werden. Es ist 
zu hoiffen, daß diesen Zuständen nach Ausdehnung 
des deutschen Einflusses auf diesen noch wenig be- 
suchten Theil des Schutzgebietes ein baldiges Ende 
gemacht werden wird. 
Aus Klein-Popo schreibt unter dem 9. Novem- 
ber 1894 die eine der nach Togo entsandten Pflege- 
schwestern in „Unter dem rothen Kreuz“: 
„Heute sind es gerade acht Tage, daß wir in 
Togo landeten. Freitag Abend 10 Uhr traf der 
Dampfer mit uns ein, und waren wir Alle gesund 
und munter; wir blieben aber noch die Nacht an 
Bord und wurden erst Sonnabend früh an Land 
gerudert. Wir grauten uns etwas vor der Bran- 
dung, es ging aber Alles sehr gut, denn wirklich, 
ehe man sich dessen versah, hoben uns die Schwarzen 
aus dem Boot und setzten uns aufs Trockene; nicht 
im Geringsten naß wurden wir. Am Lande empfingen 
uns drei Herren, unter ihnen der Herr Zolldirektor, 
der berichtete, daß der Herr Landeshauptmann er- 
krankt sei und Herrn Stabsarzt Wicke schon sehn- 
süchtig erwarkecte. Ueber Sonnabend und Sonntag 
logirten wir im Zollhause, in des Herrn Doktors 
alter Wohnung, und am Montag siedelten wir nach 
unserem Heim über, um die Sachen, soweit sie an- 
gekommen, an Ort und Stelle zu setzen. Da unser 
Kochherd noch nicht aufgestellt ist, müssen wir noch 
im Freien kochen, aber der Koch ist ein netter, ge- 
scheiter Mensch, der seine Sache sehr gut macht. 
Am ersten Tage der Einweihung hat er uns bis 
12 Uhr mittags ein stattliches Diner fertiggestellt. 
Am Mittwoch, dem drilten Tage unseres Einzuges, 
bekamen wir den ersten Kranken, einen am Fieber 
leidenden Deutschen; gestern kam der zweite, gleich- 
falls Europäer und auch fieberkrank. Vorläufig 
haben wir alle Hände voll zu thun mit Reinmachen 
des Hauses. Daneben haben uns die Arbeiter noch 
gar nicht verlassen. Da Küche und Speisekammer 
erst fertiggestellt werden müssen, sleht alles dafür 
Bestimmte noch kunterbunt durcheinander, und der 
Wirrwarr ist manches Mal schwer zu lichten. Morgen 
soll nun wenigstens der Herd fertig werden, dann 
ist ein großer Schritt vorwärts gethan, da wir dann 
unter Dach kochen können. Unser Krankenhaus ist 
sehr schön und geräumig und wird allgemein das 
Palais in Klein-Popo genannt; auch ist seine Lage, 
dicht am Meere, wundervoll und vor allen Dingen 
sehr gesund."“ 
82 
  
Sehr erfreulich lauten die Nachrichten, nach der 
Zeitschrist „Die katholischen Missionen“, aus den 
Missionen der weißen Bäter in Aequatorial-Afrika. 
Von der Station Unserer Lieben Frau von der 
Hülfe in Uschirombo schreibt P. Capus, daß bereits 
2000 Katechumenen die Medaillen erhielten, das 
Zeichen, daß sie die Gebete und Anfangsgründe des 
Katechismus wissen. Von allen Seiten strömen neue 
Katechumenen zu, zum guten Theil durch den Eifer 
der Neophyten gewonnen. Die Kinder unterrichten 
ihre Eltern, die Brüder ihre Schwestern u. s. w.: 
eifrige Katechumenen gehen mit der Trommel durch 
die Dörfer und rufen die Leute zum Unterricht. Den 
Missionar unterstützt eine ganze Menge solch kleiner 
„Schulmeister". Sobald dieselben eine Anzahl neuer 
Stammesbrüder gewonnen und ihnen den kleinen 
Schaß ihrer eigenen Kenntnisse mitgetheilt haben, 
kommen sie zum Missionar und sagen: „Vater, die 
und die habe ich unterrichtet, gieb ihnen jetzt die 
Medaille“". So geht die Kunde von dem christlichen 
Glauben rasch von Dorf zu Dorf in immer weitere 
Kreise. Einen Hauptansloß zu dieser Bewegung gab 
die Bekehrung des großen Häuptlings Ndega. Er 
ist einer der Eifrigsten in der Anhörung des täg- 
lichen Unterrichts und giebt sich alle Mühe, den 
Kleinen Katechismus in seinen alten Kopf zu bringen, 
um nicht hinter den Anderen zurückzubleiben. Zwei 
oder drei Katechumenen, die er stets bei sich hat, 
müssen ihm die Hauptpunkte der christlichen Wahr- 
heiten immer wiederholen. Der Einfluß Rdegas hat 
eine große Zahl anderer Häuptlinge aus Nah und 
Fern zur Nachahmung gezogen, wie die von Ulangwa, 
Lunzewe, Utambala, Usongo, Ugomba, Uyombe u.a. 
Der alte Häuptling von Utambala, namens Kututwa, 
bat die Missionare zu sich und nahm voll Freude 
und Lernbegierde ihre Lehre an. Er ist ein „Mulingi“, 
d. h. einheimischer Dichter. „Eine neue Zeit“, so rief 
er begeistert, „kommt für das Land Utambala; schade, 
daß ich nicht mehr jung bin, um ihren Glanz zu sehen“. 
?. Brard schreibt aus der Station Unserer 
Lieben Frau von Kamoga in Bukumbi, daß er letztcs 
Jahr 83 Neophyten gewonnen; 67 tragen die Me- 
daillen, über 1000 sind im Unterricht. Dank der 
Mitwirkung des deutschen Stationschefs, Herrn 
Langheld, wurde die Mission auch auf die große 
Insel Ukerewe ausgedehnt. Auch sonst ist in den 
Briefen der Missionare wiederholt des freundlichen 
Entgegenkommens der deutschen Kolonialbeamten 
dankbar gedacht. 
Rus fremden Kolonien. 
Grenzabkommen zwischen Frankreich und dem 
unabbängigen Kongostaat. 
Unter dem 27. Dezember 1894 hat der Präsident 
der französischen Republik einen Vertrag Frankreichs 
mit dem Kongostaate vom 14. August 1894 geneh- 
migt. Beide Regierungen haben sich demnach auf
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.