Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

allein anstatt, wie gehofft, auf festen Boden und in! Landung der Truppen 
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begonnen. Obgleich die 
offenes Gelände zu gelangen, befanden sich die An= Operationen so still als möglich ausgeführt wurden, 
greifer nunmehr in einem Neß von Wasserläufen, 
welche die einzelnen Häusergruppen voneinander 
trennten. Das Feuer der Eingeborenen wurde immer 
stärker, die Geschütze der Engländer konnten wegen 
vollständiger Erschöpfung der Bedienungsmannschaft 
nicht mehr vorwärts gebracht werden, die Haussa- 
soldaten geriethen in Unordnung und seuerten, als 
die Matrosenkompagnie in die vorderste Linie vor- 
gezogen wurde, dieser in den Rücken. Kapitän 
Powell erkannte bald, daß seine Stelluug unhaltbar 
war, und ließ die Truppen, gedeckt durch die Lan- 
dungsmannschaft der „Phoebe“, den Rückzug nach 
den Schiffen antreten, die auch ohne nennenswerthe 
Verluste erreicht wurden. Wie prekär die Lage der 
Engländer gewesen war, beweist am besten die That- 
sache, daß der 7-Pfünder und die Laffete eines 
Maximgeschützes zurückgelassen werden mußten. Beide 
wurden, nachdem das Geschübtz vernagelt worden 
war, in den Kreek versenkt. 
Kapitän Powell hielt sich nicht für stark genug, 
um einen zweiten Angriff auf die Stellung des 
Gegners zu wagen. Er telegraphirte deshalb an 
den Chef des westafrikanischen Geschwaders um Ver- 
stärkung, und es trat eine Unterbrechung in den 
Operationen ein. Am 28. September erschien 
wurden die Eingeborenen doch aufmerksam und er- 
öffneten ein heftiges Feuer nach der Gegend der 
Landungsstelle. Indeß gelang es den Angreisern, 
ohne Verluste den Weg durch den Wald zurück- 
zulegen. Vor dem Walde angekommen, entwickelte 
Admiral Bedford die Truppen: den rechten Flügel 
bildeten die Marinesoldaten mit Maximgeschützen und 
Raketen, das Centrum die Matrosen, den linken 
Flügel die Haussas. Diese Formation ließ sich 
jedoch nicht lange cinhalten. 
Nicht nur daß die Haussas, welche von der Flanke 
Geschützfeuer erhielten, alsbald aus der Linie aus- 
ogen, auch das Terrain ließ ein Vorgehen in so 
ausgedehnter Front nicht zu. In der Folge standen 
die Marinesoldaten mit den Geschützen in der Front, 
sodann kamen die Matrosen und zuletzt die Haussas. 
Beim Vorrücken wurde alsbald erkannt, daß die 
feindliche Stellung unhaltbar war. Allenthalben 
verliesßen die Eingeborenen die Geschütze und wandten 
sich zur Flucht. 
Admiral Bedford mit dem Kriegsschiff „Philomele“ 
an der Benin-Mündung. Die nächsten Tage ver- 
gingen mit der Beschießung der Stellung Nannas 
und ausgedehnten Rekognoszirungen. So wurden 
Truppen des Niger-Coast-Protectorate auf dem rechten 
User der Kreek gelandet, um von hier aus gegen 
Brohemiedorf vorzudringen, allein das Terrain bot 
auf dieser Seite die gleichen Schwierigleiten wie auf 
dem linken Ufer. Inzwischen machte der General- 
tonsul Moor noch einmal den Versuch, Nanna durch 
Boten zur freiwilligen Unterwerfung zu bewegen. 
Allein der Häuptling ließ sich auf Unterhandlungen 
gar nicht ein. 
Da die Rekognoszirungen ergeben hatten, daß 
ein Angriff nur Erfolg haben konnte, wenn es 
gelang, die Stellung Nannas im Rücken zu fassen, 
so wurde am 23. September von Neuem damit be- 
gonnen, einen Weg durch den Wald aufs dem linken 
User des Kreeks zu bahnen. Mit Hülse einiger 
Ueberläufer aus dem feindlichen Lager gelang es in 
der That, die Richtung des Weges so zu wählen, 
daß die Geschützstellungen Nannas, welche alle auf 
Um 8 Uhr waren die Engländer 
im Besitz des Dorfes, nachdem ihnen nur an einer 
Stelle, bei Allumas Hause, geringer Widerstand ent- 
gegengesetzt worden war. Kurz darauf stieß auch 
Kapitän Campbell, der mit einem Detachement den 
Brohemie-Kreek heraufgekommen war, zur Haupi- 
macht. 
In den Häusern Allumas und Nannas, die aus 
einer Reihe einzelner, zum Theil mit eisernen Dächern 
versehener Gebäulichleiten bestanden, wurden Magozine 
mit erstaunlichen Mengen an Kriegs= und Handels- 
gegenständen, vor Allem von Schnaps gefunden. Das 
Verzeichniß, welches der lommandirende Admiral 
einreichte, zählt unter Anderem auf: 106 Geschütze 
berschiedenen Kalibers, 14 Tonnen Schießpulver, 
Beherrschung des Brohemie-Kreeks berechnet waren, 
in weitem Bogen umgangen wurden und das Dorf 
von der Rückseite gesaßt werden konnte. 
tägiger Arbeit, während deren die Eingeborenen 
fortgesetztes, aber erfolgloses Geschütz= und Gewehr- 
sener unterhielten, war ein nahezu ofsenes Terrain 
erreicht, das einen Angriff auf das Dorf mit Aus- 
sicht auf Erfolg gestattete. Am folgenden Tage, den 
27. September, wurde morgens 5¼ Uhr mit 
Nach zwei- 
über 100 Wallbüchsen, 1513 Steinschloßflinten, 
248 Kisten voll mit Säbeln und Messern, zwischen 
500 und 600 Kartätschen, Munition für Gatling- 
Geschütze, Snidergewehre und Revolver, daneben 
Tuchvorräthe im Werthe von 3000 bis 4000 E, 
andere Waaren und vor Allem 8300 Kisten zu je 
12 Flaschen Gin, also 99 600 Flaschen Gin. Die 
Brüsseler Akte scheint mithin in dieser englischen 
Kolonie ihren wohlthätigen Einfluß bisher nur in 
recht bescheidenem Maße entwickelt zu haben. 
Die Engländer hielten das Dorf noch einige 
Tage besetzt und durchstreisten die Gegend, um wo- 
möglich der Person Nannas habhaft zu werden, 
was indeß nicht gelang. Eine große Anzahl Sklaven, 
die mit anderen Eingeborenen nach und nach aus 
dem Busch, wohin sie geflohen waren, zum Vorschein 
kamen, wurden für frei erklärt. Der Häuptling 
Nanna selbst stellte sich später in Lagos freiwillig 
den englischen Behörden.
	        
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