Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

nach dem Einnehmen des Mittels nicht über Uebel- 
keit, die Ruhr aber wurde auch dieses Mal durch 
dasselbe in keiner Weise beeinflußt; die Stühle er- 
solgten nach wie vor unter Bauchkneisen und Kollern 
im Leib täglich 4 bis 7 mal, 
vor das eine Mal mehr, das andere Mal weniger 
Schleim und Fetzen und waren auch häufig fleisch- 
wasserartig gefärbt. 
Im Lazareth für Farbige wurde das Mittel 
durch Arzt Dr. Müller bei 11 Kranken angewandt, 
bei neun neu eingestellten Waniamwesi= bezüglich 
Maniema-Rekruten, die ihre Krankheit meist schon 
auf dem Marsch aus dem Innern zur Küsile er- 
worben hatten, und bei 2 
Soldaten. Arzt Dr. Müller gab die emctinfreie 
Ipecacuanha in Dosen von 0,6 g 3 bis 6 mal 
täglich, konnte aber nur in drei ganz leichten Fällen 
schnelle Heilung in wenigen Tagen konstatiren. In 
den anderen Fällen machte die zunehmende Anzahl 
120 
enthielten nach wie 
Der zweite, wieder günstig lantende Bericht ist 
von dem z. Z. in Berlin auf Urlaub weilenden 
Regierungsarzt von Kamerun, Dr. F. Plehn, 
verfaßt. Derselbe berichtet: In vier Fällen wurde 
das in Frage stehende Präparat ohne jede weitere 
lokale Behandlung angewendct. Nur die Diät wurde 
selbstverständlich geregelt; so lange Blut im Stuhl 
nachweisbar war, wurde nur flüssige Nahrung ge- 
stattet, in der Hinsicht folgte ich ganz den allgemein 
gültigen Regeln. 
1. Sch., 25 Jahre alt, Arbeiteraufseher. Drei 
Tage nach seiner Entlassung aus dem Krankenhaus, 
älteren sudanesischen 
der Stühle und zunehmende Schmerzhaftigkeit des 
Leibes in kurzer Zeit die gleichzeitige Anwendung 
von Opiaten und Eingießungen nöthig. 
Zwei Kranke starben: der eine, welcher nur mit 
emetinfreier Ipecacuanha behandelt war, nach sechs 
Tagen in Collaps, der andere, welcher vom dritten 
Krankheitstage ab neben emetinfreier Ipecacuanha 
auch Opium und Eingießungen erhalten hatte, nach 
neun Tagen. Eine brechenerregende Wirkung hat 
Arzt Dr. Müller nicht beobachtet. 
Aus Vorslehendem schenen mir folgende Schlüsse 
gezogen werden zu müssen: 
er sogenannten emetinfreien Ipecacuanha der 
Kadeschen Oranienapotheke ist das Emetin gänzlich, 
wie behauptet wird, nicht entzogen (vergl. meinen 
ersten Fall). Eine auffallend schnelle Heilung der 
Nuhr ist mit dem Mittel nicht zu erzielen. 
leichteren Fällen von Ruhr mag man mit der 
emelinsreien Ipecacuanha allein auskommen; solche 
Fälle aber heilen auch nicht selten ohne jegliche 
Medikation, lediglich durch zweckmäßige Diät und 
angemessenes Verhalten. In schweren Ruhrsällen, 
aluten sowohl wie chronischen, kommt man mit der 
emetinfreien Ipecacuanha allein nicht aus, sondern. 
man bleibt in solchen Fällen besser bei der sonst 
üblichen Behandlung mit Ricinusöl, Opiaten, 
Adstringentien, Darmirrigalionen u. s. w. Wo man 
In 
sich bei der Ruhr allerdings zur Anwendung von 
Ipecacuanha entschließt, da möge man der sogenannten 
emetinfreien Ipecacnanha den Vorzug geben, da sie, 
wenn sie auch nicht ganz emctinfrei ist, so doch 
weniger Emetin enthält, als das gewöhrliche 
Ipecacuanhapräparat. Ich muß allerdings bei 
dieser Gelegenheit gestehen, daß ich bisher von der 
Ipecacuanha, so sehr sie in den Lehrbüchern als 
Ruhrmittel gepriesen wird, sonderliche Erfolge bei 
der asfrikanischen Ruhr überhaupt nie oder doch fast 
nie gesehen habe. gez. Dr. Becker. 
Chefarzt der Kaiserlichen Schutztruppe für 
Deutsch-Ostafrika. 
wo er sich wegen Fiebers ausgehalten, Erkrankung. 
7. September 1893 heftige Leibschmerzen, nament- 
lich während der sehr häufigen Stuhlentleerungen, 
30 bis 40 Entlerrungen im Laufe des Tages. 
Jedesmal geringes Quantum glasigen Schleims, von 
hellrothen Blutstreifen durchzogen. Reichlich rothe 
Blurkörper in den Fäces nachweisbar. Keine 
Dysenterieamöben. Puls beschleunigt. Temperatur 
normal. Aufnahme in das Hospital. Der Kranke 
erhält heiße Breinmschläge um den Leib und zwei- 
stündlich eine Tablette emetinfreier Ipecacuanha. 
Als Nahrung werden nur Schleimsuppen, Milch 
und Reiswasser gestattet. Die Schmerzen lassen 
schnell nach. In der Nacht noch acht Entlecrungen, 
in allen geringe Mengen von Blut. Gegen Morgen 
Schlaf. 
8. September 1893. Patient fühlt sich wesent- 
lich besser. Die Schmerzhaftigkeit des Leibes hat 
nachgelassen. Die Behandlung wird genau wie am 
Tage zuvor fortgesetzt. Sieben Entleerungen im 
Laufe des Tages. Glasige Schleimmassen, Blut- 
gehalt noch deutlich, doch gegen gestern verringert. 
Nachts vier Entleerungen, zeitweis fester Schlaf. 
Temperatur tagsüber völlig normal. 
10. September. Patient fühlt sich wesentlich 
besser, verlangt feste Nahrung, die indeß nicht ge- 
währt wird. Es wird mit Medikation, Bettruhe 
und Diät fortgesahren. Tagüber vier, nachts drei 
Entleerungen, in denen theilweis keine Blutbeimischung 
mehr nachweisbar ist. 
11. September. Patient fühlt sich wohl. Mehr- 
mals dünner, aber gefärbter Stuhlgang. Keine 
Blutbeimischung mehr nachweisbar. Temperatur 
normal. Es wird weiter zweistündlich eine Tablette 
emetinfreier Ipecacnanha gegeben. Die Nacht ver- 
läuft ruhig, uur eine Entleerung. 
12. Seplember. Der Kranke verläßt das Bett. 
Ipecacuanha wird weiter verabreicht. Geschabtes 
Fleisch und Eier werden gestattet. Erhebliche Ent- 
kräftung. Rekonvaleszenz. Nach vier Tagen verläßt 
der Kranke als geheilt das Hospital. 
2. A., schwedischer Faktorist, 26 Jahre. Chronische 
Dysenteric, seit mehreren Wochen angeblich bestehend, 
sarblose mit Schleim und Blut vermischte Enl- 
leerungen. 18. April 1894 Ausspülung des Reltums 
mit 1 Liter warmen Wassers. Diät. Stündlich 
eine Tablette emetinfreier Ipecacuanha. Bettruhe,
	        
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