Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Hals mit edlem Kopse und klugen Augen. Der 
Galopp ist leicht und auch die Trabbewegung nach 
einiger Arbeit weich und geräumig; da der Trab 
aber eine dem Afrikaner wenig sympathische Gangart 
ist, wird man beim erstmaligen Besteigen selten diesen 
Gang rein aus dem Pferde herausreiten können. 
Diese Pferde erscheinen mir jedoch etwas weich und 
somit dic für beschwerliche Märsche erforderliche Aus- 
dauer nicht zu besitzen. 
Selten schöne Eremplare habe ich von einer dem 
arabischen Pferde am nächsten stehenden Art gesehen. 
Bei beträchtlicher Größe, oft bis 1,60 m, steht der 
prächtige Oberkörper wie auf vier Säulen, der Brust- 
kasten ist mächtig gewölbt und der Hals hat nicht 
selten einen schönen festen Aufsatz, wie man ihn nur 
für das Schulpferd wünschen könnte. Ich habe ein 
solches Pferd, einen Rothschimmel, in Yola in sechs 
Tagen so weit gebracht, daß er, ohne einmal zu ver- 
sagen, Volten im Galopp mit und ohne Abchangiren 
ohne jeden Fehler ausführte. Da Adamana keine 
eigentlichen Gestüte besitzt, sondern die Pferde aus 
dem Norden eingeführt werden, trifft man meist nur 
Hengste, sehr selten Stuten, niemals jedoch Wallache 
an. Ihre Nahrung besteht aus Durrhakorn und 
dem langen schilfigen Grase, welches ihnen gehackt 
vorgelegt wird; ist kein Korn vorhanden, so begnügen 
sie sich auch mit Letzterem allein. Ueberraschend 
war mir, daß die Thiere dieses stets dem kurzen, 
saftigen Gebirgsgrase vorzogen. Gezäumt sind sie 
ausschließlich mit der scharsen Araberkandare, das 
Zaumzeug meist behangen mit Lederamuletts, in 
welche Koransprüche eingenäht sind. Der Sattel ist 
ein mit hohem Vorder= und Hinterzwiesel versehener 
Bock, dessen Stege selten unterlegt, während die 
Steigbügel äußerst eng und für uns Europäer sehr 
unbequem sind. Die Decke ist meist gepolstert und 
farbig abgenäht, je nach dem Range des Reiters 
wird hier oft ein bedentender Luxus entwickelt. Der 
Durchschnittspreis für ein gewöhnliches Neisepferd ist 
am Benn 60 bis 100 Mark, doch soll von den 
Fürsten für hervorragende Exemplare oft bis zu 
6000 Mark unseres Geldes bezahlt werden. 
An wilden Thieren ist der Elesant und Büffel 
noch sehr häufig, ebenso Leoparden und Hyäncn, 
während der Löwe nur in der Gegend um Takum 
angetrosfen werden soll. In den Flüssen wimmelt 
es von Flußpferden und Krokodilen. 
In den Niederungen des nördlichen Adamana 
trifft man unzählige Arten Sumpfgeflügels, Kraniche, 
Neiher und Störche, speziell den herrlichen Silber- 
reiher; dann Marabus, Flamingos, Pelikane, wie 
auch verschiedene Arten wilder Enten und Gänse. 
Eine zußerst lästige Landplage sind die sast all- 
jöhrlich erscheineuden Heuschreckenschwärme, welche in 
wenigen Stunden Habe und Hoffnung des Land- 
mannes vernichien. 
Wie sitark die Kriegsmacht der Adamauafürsten 
ist, ist schwer zu sagen. Der Emir von wyola soll 
über 2000 Reiter und 10000 Fußfoldaten gebieten, 
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welch Letztere meist mit Pfeil, Bogen und Spceren 
bewassnet sind. Die Reiter führen Speer, Schild 
und ein kurzes Schwert und sind theilweise mit ge- 
polsterten Kettenpanzern angethan. 
Die Ansiedelungen der Fullahs gruppiren sich 
in der Regel um das meist mit hohen Lehmmauern 
umgebene Gehöft des Ortshäuptlings. Diese voll- 
kommen für sich abgeschlossenen Familienbesitze ent- 
halten die für den Haushalt nöthigen Hütten, außer- 
dem ist der innenliegende Boden meist bebaut. In 
den anßerhalb der Ortschaften gelegenen Numde wohnen 
die Sklavenfamilien, meist unter Aufsicht eines Frei- 
gelassenen, welche den Feldbau im Großen besorgen. 
Im Allgemeinen ist der Fullah rüstiger und mehr 
au Entbehrungen gewöhnt als die übrigen Rassen 
Centralafrikas. Von dem unterworfenen Heiden, 
auf welchen er mit unsäglicher Verachtung herabblickt, 
unterscheidet er sich durch eine weit größere Be- 
dürfuißlosigkeit, wie ich auch nirgends mehr nach 
Ueberschreiung des Gebirges im den Fullahorten 
berauschende Getränke antraf. Der starre Mohamme-= 
danismus, welcher den Fullahs Adamanas nach- 
gesagt wird, ist mir nirgends aufgefallen. Nur die 
Feiertage werden von einem Theile der Bevölkerung 
streuge eingehalten. Die täglichen Gebete auf den 
primitiven Betplätzen wurden nur von Wenigen ver- 
richtet und die Hälfte dieser Strenggläubigen waren 
sicher Haussalente. Die Kenntniß des Korans er- 
streckt sich meist nur auf das Herleiern einzelner 
Gebete oder Schreiben von Sprüchen. Doch ist an 
den Höfen meist ein Schriftgelehrter zu finden, 
welcher die Söhne der Vornehmen tieser in die 
Wissenschaften des Islams einweiht. Speziell der 
Emir von Yola soll sehr belesen sein und auch beim 
jungen Lamido von Banyo fand ich große Aner- 
kennung, als ich ihm ein arabisches Buch schenkte, 
dessen Inhalt er mir mit großer Genugthunng be- 
reils am nächsten Tage erzählen konnte. 
Der Marsch am 9. Juni führte uns mitten in 
eine piltoreske Gebirgslandschaft, deren meist kegel- 
förmige Erhebungen eine Höhe von 6000 bis 
8000 Fuß haben dürften. Nach beschwerlichem, 
steilem Ausstieg gelangten wir durch ein enges, wildes 
Thal in einen weiten Kessel, in welchem auf zwei 
langgestreckten Rücken sich ein unabsehbares Häuser- 
meer ausdehnte, aus welchem sich stellenweise größere 
palastähnliche Gebäude abhoben. Es war dies Tibatu, 
die Sommerresidenz und nun Begräbnißplatz des 
vor fünf Monaten verstorbenen Lamido von Banyo. 
Die Stadt, welche die doppelte Ausdehnung hat und 
zu Lebzeiten jenes Herrschers auch der erste Platz 
des Neiches war, hat nun ihre Bedeutung vollkommen 
verloren. Mehr als die Hälfte der Häuser sind ver- 
lassen, da der neuc Fürst sich wieder dic alte Reichs- 
hauptstadt erwählt hat. Von hier aus sandte ich 
Boten an ihn voraus, um ihm mein Kommen an- 
zuzeigen. 
Der Weg bis Banyo zieht sich nun auf einem 
Hochplateau hin. Die Berglaudschaft bietet dem
	        
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