Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Auge reiche Abwechselung, der von vielen Rinnsalen 
durchschnittene Boden ist vielfach bebaut; wir trafen 
zahlreiche Farmen mit Rindvieh und Schafen an. 
Diese sind in der Regel mit hohen Flechtzäunen 
umgeben, um das Vieh am Ausbrechen zu verhindern. 
Im Uebrigen durchschritten wir meist Grasland, 
doch war das Gras kürzer und weniger schilfig als 
das der Ebene und mit Blumen untermischt, von 
denen Kamillen und Salbei und eine Wickenart be- 
sonders häufig waren; vielfach trifft man hier auch 
den Kolanußbaum an. 
Am Morgen des 12. Jumi bot sich uns ein 
herrlicher Blick: heraustretend aus einem engen 
Thale lag etwa 5 km entsernt tief unter uns Banyo. 
Es war ein reizender Anblick, die eng gebaute und 
dadurch mehr unseren europäischen Orten gleichende, 
rings umwallte, an einen Höhenzug angelehnte Stadt 
aus der Vogelperspektive betrachten zu können. 
Inzwischen nahte sich uns auch eine Abtheilung 
Berittener; es waren die Abgesandten des Banyo-= 
Herrschers, welche uns willkommen hießen und uns 
zwei große Ochsen, Schafe, Milch, Honig, Bier und 
Kolas als Gastgeschenk überbrachten. Der Lamido 
ließ mir seine große Freude über mein Kommen 
ausdrücken. Trotzdem der Tibati-Häuptling längst 
auch hierher seine Boten gesandt, um gegen uns zu 
schüren und ihn glauben zu machen, wir würden 
Krieg gegen ihn führen, wüßte er doch, daß ich als 
sein Freund läme, und deshalb heiße er mich herz- 
lich willkommen. Nur müsse ich verzeihen, daß er 
mir außerhalb der Stadtmauer Wohnung anweise, 
da ein altes Gesetz es nicht gestatte, daß Weiße in 
der Stadt schliefen: doch würde es ihn unendlich 
freuen, wenn ich ihn recht oft besuchle, und auch 
meinen Lenten stände der Besuch der Sladt und des 
Marktes jederzeit frei. 
Wir bezogen deshalb in der Nähe der Siadt- 
mauern Ouartier und richteten uns, da wir voraus- 
sichtlich doch einige Tage hierbleiben wollten, häus- 
lich ein. 
Es muß hier ein unglaublicher Ueberfluß an 
Vieh herrschen, denn unausgesetzt wurden wir mit 
Geschenken von Nindvieh, Kälbern, Schafen und 
Hühnern überhäuft; dagegen war großer Mangel 
an Gemüsen, denn außer süßen Kartosfeln und 
  
Bohnen und höchstens einzelnen Bananen war nichts 
zu bekommen. 
Am nächsten Tage machte ich meine Antritts- 
visite in Banyo. Zuerst beim Galadima, dem ersten 
Minister, und dem Yerima, des Lamidos ältestem 
Bruder und nächstem Thronberechtiglen. Die Stadt 
Banyo ist unterschiedlich von den übrigen Städten 
Adamanas, welche ich besuchte, sehr eng gebaut. 
Innerhalb der Umwallung, welche einen Umkreis 
von etwa 8 km hat, liegen die in sich abgegrenzten, 
sauberen Gehöfte dicht beisammen, so daß sich hier- 
durch eine Anzahl größerer und kleinerer Straßen 
bilden. Diese waren insolge des Regens ebenso 
schmutzig wie unsere Dorsstraßen, und es trieb sich auf 
1 
denselben Vieh jeder Art, Pferde und Esel herum, 
während Hunderte von Schmuttgeiern die Straßen- 
reinigung besorgten. Die in den Straßen frei 
laufenden Pferde sind Eigenthum des Lamidos und 
es steht Jedem, der Sattel und Zaumzeug besitzt, 
frei, eines der Thiere zu besteigen und beliebig lange 
zu benutzen. Der Markt in Banyo ist der größte, 
den ich angetroffen, und ist bedeutender als selbst 
der in Kontsha. 
Der Marktplatz ist besetzt mit den gedeckten 
Buden der Haussa-Kaufleute, welche daselbst Kleider= 
stoffe, Mützen, Hausgeräthe, Ledersachen, Sättel 
u. s. w. feilbieten; außerdem besteht eine eigene Ab- 
theilung für die Schlächter und ferner für die 
Lebensmittel verkaufenden Weiber. Hier konnte man 
in den kleinsten Portionen alles zum leiblichen Wohl 
Nöthige, als Salz, Kartoffeln, Mehl, Butter, Honig, 
bis zur Delikatesse der Saison, den in Palmöl ge- 
rösteten Heuschrecken, kausen. 
Einc neue Speise erhielt ich zeitweise vom Lamido 
oder Yerima gesandt; es waren dies kleine aus 
Bohnenmehl bereitete, in Butter gebackene Kuchen, 
welche ganz vorzüglich schmeckten; nicht übel sind auch 
die mit Honig bereiteten Durrhaklöße. Die Lobens- 
mittelpreise waren sehr billig, für zehn Kauris konnten 
die Leute ½ Pfund gutes Fleisch erstehen. Anderer- 
seits konnte ich meine Waaren hier zu gutem Preise 
loswerden, da ich für eine Messingstange 1500, für 
ein Packet Wolle 3000 und für ein Stück Weißzeng 
5000 Kauris erhielt. Als größere Münzeinheit hat 
man hier ein Stück Eisen von der Form einer kleinen 
Schaufel, welches 100 Kauris gilt. 
Der Lamido, ein ungefähr 20 Jahre alter, reiner 
Fullah mit offenem, sympathischem Gesicht, empfing 
mich mit ungeheuchelter Freundlichkeit. Er war eben 
im Begriffe, behufs seiner Investitur nach Yola zu 
reisen, denn vorerst war er noch nicht im ganzen 
Reiche anerkannt, da die Häuptlinge von Dodo und 
Kontsha einen älteren Verwandten, der gegenwärtig 
in Banyo gefangen saß, zum Lamido ausgerufen 
hatten. Auch er ersuchte mich, doch dahin wirken zu 
wollen, daß Banyo eine Station erhalte. Er habe 
vor, mit dem alten System der Abgeschlossenheit zu 
brechen und durch Handel und Verkehr mit den 
Weißen seinem Volle eine neue Aera zu eröffnen. 
Auch die größtentheils aus Fullahs bestehende Be- 
völlerung sowie die Großen kamen uns mit aus- 
gesuchtester Freundlichkeit entgegen, den ganzen Tag 
über empfing ich Vesuche oder hatte solche zu er- 
widern. Doch auch hier durfte unseres Bleibens 
nicht allzu lange sein und so erbat ich vom Lamido 
für den 17. Juni Führer, welche er mir auch bereit- 
willigst siellte. Als Abschiedsgeschenk übersandte er 
mir einen sehr schönen edlen Hengst und versprach 
mir, mich den nächsten Weg über das Gebirge nach 
Kontsha führen zu lassen. 
Der Marsch inmitten des Hochgebirges ging auf 
vorzüglichem Wege durch zahlreiche Farmen, und 
in den Bergen weideten reine, gelbe Fullahs, die
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.