Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

auch hier ihren ursprünglichen Charalter als Vieh—- 
zũchter nicht verleugnen, ihr zahlreiches Vieh. Ein 
wahrhaft unbezahlbarer Genuß ist für den Reisenden 
in Adamana die herrlich frische Milch, welche überall 
zu haben ist. Das mit einer Kleeart untermischle 
Gros war hier ganz besonders zart; zahlreich trat 
hier auch die Mimose auf. Die Straße war sehr 
belebt und es begegneten uns ost Karawanen, meist 
Vieh mit sich führend. 
Am 19. Jumi überschritten wir auf sleinigem, 
kühn gewundenem Saumweg den Djauro Gotel und 
erreichten das auf einer breiten, flachen Kuppe 
liegende, rings von Bergen umschlossene, befestigte 
YMaluba. Hier erhielten wir neue Führer. Nun 
verengten sich die Thäler, meist führte der Weg auf 
schmalem Saumpfade, und während wir zu beiden 
Seiten in den Bergen viel Vieh und Niederlassungen 
bemerkten, trafen wir am Wege nur Zangos an. 
Nachdem wir den Mao Sim und den Mao Bar- 
lenje passirt hatten, verbrachten wir in einem der- 
selben, malerisch in einem engen Kessel gelegen, die 
Nacht, um am nächsten Tage den 1800 mn hohen 
Paß des mächtigen Genderostockes zu ersteigen. Der 
kaum fußbreite, steinige Weg führt steil zur Paß- 
höhe hinan und verursachte den durch das Wohl- 
leben der letzten Wochen etwas verweichlichten 
Trägern viele Mühe und Anstrengung. Jeder Fehl- 
tritt konnte verhängnißvoll werden, denn während 
sich auf der einen Seite steile Wände aufthürmten, 
gähnte auf der anderen der Abgrund, in welchem 
losende Gebirgsbäche der Ebene zueilten. Ein Träger 
strauchelte, zum Glück rettete ihn ein Baum vor 
gänzlichem Absturz, doch ging die Last, welche er 
tung, fast völlig verloren. Endlich war die Paß- 
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höhe erreicht und vor uns im Norden lag die weite 
Tiefebene mit ihren Farmen 
und Ortschaften, 
während sich im Nordost das Gebirge in einem fast 
ebenso mächtigen Stocke, dem Yagari sortsetzte. Auf 
gleich beschwerlichem Pfade ging es nun bergab und 
in laum zwei Stunden hatten wir die Ebene wieder 
erreicht. Allzu rasch war der Uebergang von der 
schönen, stärkenden Luft der Berglandschaft in die 
drückend warme Treibhaustemperatur, als daß er sich 
bei uns Weißen nicht sehr fühlbar gemacht hätte. 
Auch die Vegetation änderte sich wie mit einem 
Schlage und nahm die Physiognomie des Südens 
au, der ästereiche Baobab, der Butterbaum wurden 
häufiger, die seuchten Boden anzeigende Fächerpalme 
erschien und in der Savanne trafen wir vielfach 
den Goschi, einen Zwergbaum, mit cßbarer, 
aprikosenartiger Frucht. 
Bald erreichten wir die mit Gräben, Bastionen 
versehene Stadt Dodo am Mao Deo. Der Häupt- 
ling wollte uns zuerst in der Stadt Wohnung an- 
weisen, doch schien er anderen Sinnes geworden zu 
sein und wünschte, wir solllen außerhalb derselben 
ganz zerfallene Hütten beziehen. Ich zog deshalb 
weiter und schlug einige Kilometer unterhalb am 
Flusse das Lager auf und ließ mich auch durch keine 
Bikten des Häuptlings bewegen, ihn in Dodo auf- 
zusuchen. Der wenig anziehende Marsch bis Kontsha 
führte durch fast nur ebenes Parkland. Die Ver- 
pflegung war mittelmäßig. Die an und für sich 
nicht sehr freundlichen Einwohner verkauften auch 
ungern Lebensmittel, weil die zahlreichen Heu- 
schreckenschwärme entsetzlichen Schaden auf den 
Feldern angerichtet hatten. Fast täglich begegneten 
wir einem dieser Züge, welche wie große gelbe 
Wolken die Sonne bedeckten und oft eine Länge von 
4 bis 6 km hatten. 
Am 28. Juni, dem ersten mohammedanischen 
Feiertage, erreichten wir Kontsha, einen großen 
offenen Platz mit bedeutendem Markte; denn hier 
kreuzen sich die Straßen nach Yola, Tshamba, Ba- 
kundi, Gashla, Banyo, Tibati und Ngaunderc. 
Kontsha wie Gashka gehören nominell zum Fürsten- 
thum Banyo, waren jedoch eben im Begriffe, diese 
Oberherrschaft abzuschütteln. Wir bezogen im 
Fremdenviertel Wohnung und ich beschloß, so lange 
zu bleiben, bis ich mich über die Verhältnesse 
orientirt und meine Kaurivorrähe für den Weiter- 
marsch neu ergänzt hatte. Durch Haussa-Kauf- 
leute wurde ich bald informirt. Zuerst erfuhr ich, 
daß vor einigen Monaten die Expedition Maistre 
die Stadt auf dem Wege nach Ibi passirt hätte, 
und serner, daß Mizon in Lan, im Emirate Muri 
mit seinen Schiffen festsitze, während der von Brazza 
nach Yola gesandte Panel vom Emir nicht empfangen 
worden sei. 
Bis zur Zeil hatte ich noch siets die Absicht ge- 
habt, von Kontsha aus Ngaundere zu erreichen, 
doch nun änderte ich meinen Entschluß. 
Wic die Verhältnisse lagen, war es nöthig, 
Mizon, der bei nun eintretendem Hochwasser bald 
flott werden konnte, in Yola zuvorzukommen. Auser- 
dem war ich auch mit meinen Tauschwaaren bald 
zu Ende, nur noch von den besseren, zu Geschenken 
bestimmten Stoffen war genügend vorhanden. Ich 
beschloß also schweren Herzens, auf den Besuch von 
Agaunderc zu verzichten und so schnell als möglich 
direkt nach Yola zu marschiren. Indessen meldete 
sich bei mir ein Mann, welchen der erste Minister 
des Emir von Yola Akall zu mir gesandt hatte, um 
uns als Führer dahin zu dienen. Wenn dies nun 
auch sehr erstaunlich war, da ich mich noch gar nichi 
beim Emir angemeldet hatte, so war ich doch über 
die Aussicht, mit diesem sonst sehr mißtrauischen 
Fürsten keine längeren Auscinandersetzungen betreffs 
meines Kommens haben zu müssen, sehr erfrent. 
Am 30. Juni brachen wir daher von Koutfha 
auf, so ziemlich die Flegelsche Route einschlagend. 
Die Gegend war eben und durchgängig angebaut; 
im Nordosten erhob sich vor uns das mächtige 
Massiv des Atlantika. Das ganze Land war ent- 
setzlich von den Heuschrecken heimgesucht, und aus 
diesem Grunde begehrten die Leute für Lebensmittel 
ganz enorme Preise, so daß ich beschloß, im Eil- 
marsche Yola zu erreichen.
	        
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