Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

jort zum Gegner hinüber, verbat sich das Schießen 
auf seinem Boden, verlangte und erhielt Ersatz für 
das erschossene Pferd. Damit war für beide Theile 
von selbst Waffenruhe gegeben, die bis zu meinem 
Eintreffen währen sollte. Ich selbst war, nachdem 
sich die Nachricht vom Abmarsche des Gegners be- 
stätigt hatte, wieder aufgebrochen, durchquerte die 
Sanddünen an einer besseren Stelle als der Letztere 
und traf am 21. Januar in Gokhas ein. Unterwegs 
war ich zu meiner Freude vom Hauptmann v. Estorff 
begrüßt worden, welcher auf die ersten Anzeichen von 
Besserung seines Gesundheitszustandes von Kapstadt 
wieder in das Schutzgebict zurückgekehrt und in 
Aderitztucht gelandet war, nachdem er dort von 
meinem Zuge nach dem Süden gehört hatte. Bei 
der Durchreise durch Gibeon hatte Hauptmann 
v. Estorff Witbooi selbst zur Reise nach Gokhas 
bewogen, um dort als Friedensvermittler thätig zu 
sein. Vorher erfolgte indessen bereits meine Ankunft, 
und trat ich sosort mit den Führern der Aufständi- 
schen, Jacob und Eduard Lambert, in Verbin- 
dung. Dabei muß ich hervorheben, daß ohne das 
Eingreifen des Führers der Witbooischen Reiter, 
Somuel Jzaak, der Gegner abermals flüchtig ge- 
worden wäre. In dieser Flüchtigkeit ruht die Stärke 
der Hottentotten; durch sie werden dieselben zu einem 
unfaßbaren Gegner, der aber stets die Macht hat, 
unseren kleineren Militärstationen und Patrouillen 
gefährlich zu werden. Solches war vorliegend be- 
dauerlicherweise auch bereits zu Tage getreten. Am 
20. Jonnar hatte eine Abtheilung Khauas-Hotten- 
bolten sich bei Hoachauas gezeigt. Eine von dem dortigen 
Stationschef abgesandte und in der unvorsichtigsten 
Beise vorgehende Patrouille wurde beschossen, wobei 
die Reiter Ziem und Bahlecke fielen. Troß dieses 
Vorfalls glaubte ich indessen die Möglichkeit, durch 
Entgegenkommen weiteres Blutvergießen verhindern 
zu können, nicht von der Hand weisen zu sollen, 
dies um so mehr, als die beiden Führer Jacob und 
Eduard mich einstimmig versicherten und glaubwürdig 
zu machen wußten, die Sache sei nicht beabsichtigt 
gewesen und das Schießen gegen den Befchl erfolgt. 
Am 24. Jannar traf Hendrilk Witboeoi selbst 
mit etwa 60 Reitern ein und betheiligte sich nun in 
energischer Weise an den Friedensverhandlungen. 
Der Stamm wurde verurtheilt, das gestohlene Vieh 
herauszugeben — Witbooi holte dasselbe mit seinen 
Reitern persönlich ab — und seinen Wohnplatz unter 
dem neuen Kapitän Manasse in Goamus zu nehmen, 
einem Platze, der zwischen dem Witbooischen und 
Simon Cooperschen Gebiete liegt. Der neue Kapitän 
Manasse Lambert hatte solches selbst gewünscht, da 
er zurückscheute, mit seinem verwilderten Stamme in 
die entlegene Gegend am Nosob zu ziehen, sondern 
Anlehnung an ältere Kapitäne vorzog. Indessen 
habe ich dem Kapitän Manasse, sobald dies seinen 
Wünschen entspräche, die Rückgabe eines Theiles 
seines früheren Gebiekes in Aussicht gestellt. Denn 
auf der anderen Seite würde es unklug sein, durch 
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– 
allmähliches Verschmelzen mit dem neuen Stamme 
Witbooi oder Simon Cooper wesentlich zu stärken. 
Kapitän Manasse hat für seine Rückkehr vorläufig 
einen Zeitraum von zwei Jahren in Aussicht ge- 
nommen, da er glaubt, sich bis dahin eingelebt zu 
haben. 
Aus KReelmanshoop. 
Nach Regelung der Verhältnisse bei den Khauas= 
Hottentotten marschirte die 1. Kompagnie unter dem 
Hauptmann v. Estorff wieder nach Windhoek zurück, 
während Major Leutwein selbst mit der 2. Kom- 
pagnie über Gokhas und Gibeon seinen Zug nach 
dem Süden fortsetzte. Auf dem Marsche nach Keet. 
manshoop erhielt er die Meldung, daß der Kapitän. 
Claas Matros von Kcetmanshoop plößlich aus Angst 
vor den Deutschen mit seinen gesammten Anhängern 
den Platz verlassen, daß seine wehrhaften Leute sich 
auf den Höhen östlich des Platzes verschanzt hätten 
und daß es des energischen Eingreifens durch den 
Bezirkshauptmann Duft und den Stationschef Pre- 
mierlieutenant Bethe bedurste, um dieselben zur 
Nückkehr zu bewegen. Beim Eintreffen des Majors 
in Kectmanshop hatten sich die Bewohner sast alle 
wieder eingefunden, kurze Zeit darauf erschien auch 
Claas Matros, um sich wegen seines thörichten Ver- 
haltens zu entschuldigen. 
Ueber den weiteren Verlauf der Angelegenheit 
ist den Berichten des Majors Leutwein Folgendes 
zu entnehmen: 
Der Oberhäuptling Willem Christian, dem der 
Platz Keetmanshoop untersteht, hat sich sofort auf 
  
die deutsche Seite gestellt und den Kapitän Claas 
Matros zur Verantwortung nach Warmbad befohlen, 
woselbst ich alsbald nach meinem Eintreffen die Sache 
bei dem Oberhäuptling zur Sprache brachte. Willem 
Christian war mit mir einig, daß Clags Matros 
infolge des gezeigten thörichten M#ßtrauens zu den 
dentschen Behörden nicht mehr würdig sei, die Kapi- 
tänschaft länger zu bekleiden und daher — mit allen 
Ehren — seines Amtes entsetzt werden müßte. Ich 
werde mich vorläufig mit dieser Thatsache begnügen 
und die Ausführung lediglich dem Oberhäuptling 
überlassen. 
Der tiefere Grund zu diesem unerquicklichen Vor- 
kommniß liegt in dem leider immer noch nicht zu 
bannenden Mißtrauen der Eingeborenen gegen die 
Weißen. Der Kapilän hatte sich allen Ernstes ein- 
geredet, die Deutschen wollten ihn aufhängen. Einige 
unbedeutende äußere Veranlassungen haben dann die 
Sache zum Ausbruch gebracht. Nachträgliche Auf- 
klärung fällt in solchen Fällen schwer, da die scheuen 
Eingeborenen zu einer Vesprechung nicht zu haben 
sind. Namentlich müßten die Beamten sowohl wie 
Osfiziere und Mannschaften ein allzu energisches 
Auftreten zu vermeiden suchen, weil die Eingeborenen 
das gar nicht vertragen können. Daher habe ich
	        
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