243 —
Nachrichten aus den deulschen Schukgebieten.
Deultsch · PVstafrika.
Von der Station Rilimatinde
berichtet Kompagnieführer Prince unter dem 1. Fe-
bruar d. Is. Folgendes:
Nachdem am 1. Januar nach dreistündigem
Marsch von Useke her die Temben in Konko besetzt
waren, entließ ich am 5. in Mukunduku die 3. Kom-
pagnie nebst allen entbehrlichen Trägern zur Küste,
da die herrschende Hungersnoth einen Unterhalt der
über 1000 Köpfe zählenden Karawane schlechterdings
unmöglich machte. Am 9. langte ich in Muhalala
an, kehrte aber am 11. nach dem zwei Stunden
rückwärts gelegenen Kilimatinde zurück, das in jeder
Beziehung ersterem Platze vorzuziehen ist.
Da wenig Gras, lediglich Kräuter, auf diesen
Höhen wachsen und Holz, wenn auch überreich und
in bester Qualität vorhanden, so doch infolge der
ausgedehnten Kulturlichtung weither geholt werden
muß, wurde ein einfaches Zeltlager bezogen, das
allerdings angesichts der Regenzeit mancherlei Un-
zuträglichkeiten bietet. Infolge derselben sowie der
Nachwirkungen der Strapazen der eben bestandenen
Expedition zeigte sich ein ungünstiger Gesundheits-
zustand bei Weißen wie Schwarzen.
Am 15. Januar langte die erste Gouvernements-
karawane für die Station an. An Stelle von
477 Lasten sind leider nur 179, zumeist Wellblech,
eingetroffen. Von den übrigen 298 Laslen sind laut
Mittheilung aus Mpwapwa dort 95 Lasten deponirt,
die übrigen 203 Lasten liegen längs des Weges
Dar-es-Saläm—Kilossa—Mpwapwa in Busch und
Dorf, weil die hungernden Träger weggelaufen bezw.
vielfach Hungers gestorben sein sollen. Ich bitte das
Gouvernement, Schritte zu thun, durch neue Träger
von der Küste die Lasten zu sammeln und hersenden
zu lassen; eventuell ließe sich dies auch durch Kilossa
machen.
Die politischen Verhältnisse im eigentlichen Ugogo
sind zur Zeit recht günstige, da das ganze Gebiet
zwischen Uhehe und Unyanyembe, das mehr oder
minder ein schlechtes Gewissen hat, unter dem Ein-
druck unserer Erfolge in Uhehe und des Kampfes
bei Konko steht.
Nachdem ich drei Mal die Friedensbitten Konkos
ausgeschlagen, die beiden letzten Male sogar die Ge-
sandten festgenommen, habe ich schließlich am Kaiserfest
den nochmals flehentlich erbetenen Frieden gewährt, da
die Einwohner Konkos ja doch unter dem Drucke
der Wahehe Nondoas und der unter Kassui strolchen-
den Krieger des Silke standen.
Kussenta, nicht Masenta, der größte Häuptling
in Ugogo, welcher der ehemaligen Station Unyang-
wira so viel zu schaffen machte, und gegen den vor
zwei Jahren Feldwebel Erttel fiel, Lieutenant
v. Bothmer verwundet wurde, hat sich auf Gnade
und Ungnade unterworfen. Jetzt ist dabei erst der
ganze Umsang des Unfugs, den dieser Häuptling
getrieben hat, herausgekommen. Nämlich der von
früheren Europäern des Gouvernements erwähnte
Masenta bezw. richtig Kussenta hat sich von keinem
Weißen jemals sehen lassen, sondern stets einen An-
deren geschickt, der ihn personifizirte, was auch wäh-
rend der ganzen Dauer der Erhaltung der Station
Unyangwira durchgeführt worden ist. Jetzt erst ist
Kussenta selber zum Vorschein gekommen und zwar
in angstvoller Unterwürfigkeit. Er ist, um einer
nochmaligen Täuschung vorzubenugen, rekognoszirt
worden; sein besonderes Kennzeichen ist ein auffallend
dünner linker Unterschenkel. Er macht einen viel
besseren Eindruck als sein früherer Doppelgänger,
der auch mich vor zwei Jahren hier zum Besten
gehabt hat; und er hat sich augenscheinlich mit der
Frage der deutschen Herrschaft endgültig abgefunden.
Zum Keisertage, an dem die befohlene Festparade
abgehalten wurde, hatte ich von Ujansi bis in die
Nähe der Marenga Makali die Häuptlinge und
Sultane u. s. w. auffordern lassen, wodurch eine Ver-
sammlung zusammengebracht wurde, wie sie Ugogo
noch nicht gesehen. Da bei dieser Gelegenheit viel-
fach Ochsen zur Vertheilung kamen, die Häuptlinge
mit Ochsenbraten und Pombe, die kleinen Leute mit
gebratenen Ziegen und Ochsen im Freien regalirt
wurden, war die Stimmung eine lebhaft fröhliche.
Ueber die landwirthschaftliche wie geographisch=
politische Lage Kilimatindes möchte ich mich vorerst
einer Aeußerung enthalten, um an der Hand eines
vom Lieutenant Engelhardt noch zu liefernden
Krokis eine deutlichere Schilderung geben zu können;
Manches benöthigt auch noch einer genaueren Kenntniß
meinerseits.
Ein sehr unerfreulicher Umstand ist die herrschende
Hungersnoth, die auch durch die zum Theil schon ver-
dorbene diesjährige Ernte nicht erheblich gemildert
werden wird. Der Marsch von Kuirenga hierher
war mit der über 1000 Köpfe zählenden Karawane
eben nur möglich, weil er kriegerischer Natur war
und die gefundenen Lebensmittel requirirt werden
konnten. Jebt bin ich naturgemäß ausschließlich auf
Einkauf angewiesen. Wenn ich auch in Ugogo selbst
von den noch ängstlichen Leuten Einiges kaufen
könnte, so muß ich doch in Rücksicht auf die Station
wie das Land selbst mich solchen Einkaufs enthalten
und mich an die weiter abliegenden Orte wenden,
wo bessere Verhältnisse vorliegen sollen. Dem-
entsprechend habe ich mit der ganzen weiteren Um-
gebung — bis Kiwere westlich, bis Irangi östlich —
Verbindungen angeknüpft, aber auch diese Quellen
versiegen bezw. müssen noch unbenußt bleiben. In
Turu z. B., wohin ich den Unteroffizier Frahm in
der Zeit vom 12. bis 25. Januar zweimal zum Ein-
kauf schickte, entstanden Feindseligkeiten seltens der