Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

entstehen die unangenehmsten Wunden, wenn die 
Jungen auskommen. Man sieht öfters bei Ein- 
geborenen Füßc, bei denen infolge dieser Geschwüre 
mehrere Zehen fehlen. Der Sandfloh ist erst etwa 
vor zehn Jahren aus Brasilien nach der Westlküste 
Afrikas durch Sklavenschiffe eingeschleppt. Er hält 
sich mit Vorliebe an sandigen Stellen auf, also auf 
Dorf= und Farmplätzen. Nur durch dichtes Schuh- 
werk neben fleißigem Wassersprengen und Fegen und 
großer Reinlichkeit kann man sich einigermaßen vor 
ihm schüben. 
Deutsch-Südwelkafrika. 
Reise des Landesbauptmanns. 
Nach einem Berichte des Regierungsassessors 
v. Lindequist vom 24. Mai ist der Kaiserliche 
Landeshauptmann am 18. Mai mit 50 Reitern und 
einer Kanone nebst Begleitmannschaft über Otyinoa= 
nang (5 Minuten von der Missionsstation Otyihei- 
nena) am weißen Nosob nach Witvley und Gobabis 
aufgebrochen. Von dort gedachte er noch einige 
weiter östlich gelegene Punkte aufzusuchen und über 
Aais zurückzukehren. 
Der Hauptzweck der Reise ist, im Osten, ins- 
besondere bei den östlichen Hereros — dem noch fast 
durchweg heidnischen Stamme der Ovambandyern — 
einmal deulsche Macht und deutsche Soldaten zu 
zeigen. 
Der zur Begleitung aufgeforderte Oberhäuptling 
Samuel Maharero ist bis Otyinvanana gefolgt. 
Beunruhigende Nachrichten über kriegerische Absichten 
der Ovambandyern, welche der Häuptling nach Wind- 
hoek mitbrachte und die ihm während seines Aufent- 
halts brieflich aus Olahandya bestätigt wurden, 
veranlaßten Major Leutwein, vorsichtshalber bis 
zu dem Mittelpunkte der Bewegung, Otyinoanana, 
eine zweite Kanone mitzunehmen. Gleichzeitig wurde 
beschlossen, daß Herr v. Lindequist sich bis dahin 
dem Zuge anschließen solle, da ihm die sämmtlichen 
dort wohnenden Großleute bereits von der Grenz- 
abreitung her bekannt waren. 
Als am 19. Mai abends von dem Oberhäuptling 
vorausgesandte Boten in dem Lager zwischen Seeis- 
und Nosobfluß mit der Nachricht anlangten, daß von 
sämmtlichen Werften der Hereros auf dem rechten 
Nosobufer Wciber und Vieh entfernt seien und man 
dort sowohl wie in Otyinoanana einen Angriff er- 
warte, ritt Assessor v. Lindequist am folgenden 
Morgen mit einem Unteroffizier und dem Unter- 
kapitän Assa Riarua voraus, um den Platzkapitän 
von Otyiheinena, den alten Kahimemoa, sowie die 
dort versammelten Unterkapitäne und Großleute, vor 
Allem Nicodemus, vorzubereiten, doaß der Major 
seinen vorausgesandten Briefen gemäß in friedlichster 
Absicht komme. Kahimemoa war aber nicht in seiner 
Werft, und die den Ort umgebenden Höhen und 
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Gebüsche waren dicht mit schußbereiten Hereros beseßt. 
Die noch auf dem Platze selbst Befindlichen liefen 
trotz aller Friedensversicherungen gleichfalls eilends 
in die Schanzen. 
Erst nach halbstündigem Suchen und Warten er- 
schienen Nicodemus und Kahimemoa, welche die feind- 
selige Haltung ihrer Leute mit den umlaufenden 
Kriegsgerüchten entschuldigten. 
Nachdem die alsbald heranrückende Truppe unter 
den Klängen des Musikkorps in eine ausgezeichnete 
natürliche Stellung auf dem linken Nosobufer ein- 
gerückt war, ritt der Major und Assessor v. Linde- 
qnist, nur von Assa Riarua und zwei Reitern begleitet, 
auf das jenseitige User, wo die Leute noch kampfbereit 
in den Schanzen lagen. Auch Kahimemoa und Nico- 
demus waren wieder verschwunden und kamen erst 
nach einiger Zeit zum Vorschein mit denselben Ent- 
schuldigungen wie zuvor. 
Nachdem eine Versammlung in Kahimemoas Werft 
für den Nachmittag festgesetzt war, ritt Major Leut- 
wein zurück, während die Hereros noch bis in den 
Nachmittag hinein in den Schanzen blieben. 
Es wäre nun ein Leichtes gewesen, den Hereros 
die deutsche Waffenüberlegenheit handgreiflich vor 
Augen zu führen, doch zog Major Leutwein den 
Weg friedlicher Verständigung vor. Nach umständ- 
lichen viertägigen Verhandlungen hat er damit einen 
glänzenden friedlichen Sieg erfochten. 
Den Hauptgegenstand der Berathungen bildete 
die Oberkapitänschaft; wie sich denn auch die Feind- 
seligleit und das Mißtrauen der Hereros viel mehr 
gegen Samuel Maharero als gegen die ihn stützende 
deutsche Regierung richtete. Die Unterkapitäne Tietyoo- 
und Nicodemus scheinen die Hereros aufgehetzt zu 
haben, um ihre egoistischen Pläne durchzusetzen. Außer 
ihnen und dem Platzkapitän Kahimemoa waren noch 
sämmtliche Großleute von Okahandya ostwärts zu- 
gegen, vor Allem der sehr großen Einfluß besitzende 
Rathgeber des verstorbenen Kamaharero, der alte 
Riarna, ferner sein bereits erwähnter Sohn Assa 
Niarua, die am Nosob wohnenden Großleute Mambo, 
Kajata, Kanangati, Baradjo. 
Der Major brachte sie, indem er ihnen die Frage 
vorlegte, wen sie denn statt Samuel zum Oberkapitän 
wählen wollten, schließlich Alle dazu, daß sie Samucl 
Maharero öffentlich als den Oberhäuptling des 
Hererolandes anerkannten. Gleichzeitig wurde eine 
vollständige Versöhnung zwischen Samuel und seinen 
feindlichen Verwandten Tietyoo und Nicodemus her- 
beigeführt. Dem Ehrgeize des Letteren ist dadurch 
Genüge geschehen, daß Samuel Maharero ihn mit 
Genehmigung des Landeshauptmanns zum Kapitän 
des Ostens einsetzte, womit sich der hiervon haupt- 
sächlich betrofsene Kahimemoa einverstanden erklärte. 
Tietyoo untersteht als Unterkapitän direkt dem Ober- 
häuptling. 
In der Versammlung vom 21. besprach Maior 
Leutwein die Grenzfrage, indem er die Nothwen- 
digkeit der Festselhung einer sicheren Grenze zwischen
	        
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