tigleit der von der Mission betriebenen Industriezweige
wird selbst von den englischen Beamten anerkannt.
Die im Jahre 1893 eröffnete Station Unangu im
Daolande (auf dem Hochland östlich vom See) gedeiht
unter der Pflege eines Missionsarztes und eines ein-
geborenen Geistlichen. Eine wichtige Ausdehnung
hat das Werk dadurch erhalten, daß man im Sep-
tember v. Is. die auf dem Westuser liegende Stadt
Kotakota besetzt hat; damit ist auch das jenseitige
Ufergebiet in Angrisf genommen.
Einen segensreichen Einfluß hat auch die aus dem
südlichen Wesiufer des Nyassa thätige Mission der
Freischotten (die sog. Livingstonin-Mission) auf die
Vollsverhältnisse ausgeübt, worüber der kürzlich von
dort zurückgekehrte Missionar Gossip berichtel: „Seit
Menschengedenken waren die am See wohnenden
Eingeborenen, ehe die Mission sich dort niederließ,
die Opfer der periodisch sich wiederholenden Raub-
züge der Angoni, eines Zulustammes, der das Berg-
land der Ufergebiete bewohnt. Wie die Matebelen
lebten sie nur von Krieg und Naub und waren der
Schrecken ihrer Nachbarn. Unvermuthet stiegen sie
bei Nacht von ihren Bergen herab, umringten plötlich
die Dörfer und speerten die Männer, sobald diese
ihre Hülten verließen, schleppten die Weiber sammt
dem Vieh auf ihre Bergfesten hinauf und verließen
dann die Niederlassungen als verwüstete und entvöl-
kerte Stätten. So kann man noch jetßt streckenweis
tagelang reisen, ohne auch nur eine Menschenseele zu
tressen. Seitdem aber die Mission sich an den Ufern
des Sees niedergelassen hat, ist Alles anders geworden.
Man hat freundliche Beziehungen mit den Atonga
und anderen Stämmen angeknüpft, die sich gern unter
den Schutz der Weißen stellten. Auch mit den stolzen
und blutdürstigen Angoni wurden Abmachungen ge-
trossen und das Endergebniß davon übertrifft nun
alle Erwartungen. Stationen wurden in Vandawe
und im Angoniland gegründet und seitdem sind die
Atonga vor den Augoni sicher. Jetzt kam man auf
den Missionsstationen Angonikrieger mit Akongafrauen
friedlich nebeneinander arbeiten sehen, und selbst bis
nach Blantyre im Shirehochland ziehen die vormals
gefürchteten Angoni, um dort als Arbeiter zu dienen.
Friedlich passiren sie die Dorsschaften der Atonga
und übernachten in deren Hütten, die sie früher als
hrimmige Feinde zu überfallen pflegten. Sehr er-
leichtert wurde den Missionaren ihre schwierige Auf-
gabe dadurch, daß die Jugend überall ein reges
Verlangen zeigte, Gottes Wort in der eigenen Sprache
zu lernen, und daß dies nun viele Hunderte im Stande
sind. Die Schulen in Bandawe und im Angoniland
sind überall überfüllt und es ist interessant, zu sehen,
wie z. B. der Oberhäuptling von Bandawe — ein
Mann, der sich früher viele Greuelthaten zu schulden
kommen ließ — jeßt mit Kindern auf der Schulbank
sitzt und sich mit Fibel und Schiefertafel beschäftigt."
Mittelpunkt der Mission ist das schon mehrfach ge-
nannte Bandawe mit einem Lehrerbildungsinstitut,
mit einer Kirche, einer Druckerpresse, mit Werlstätten
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und Oekonomic. Wichtig ist auch der ärztliche Zweig
der Missionsthätigkeit. Das Arbeiterpersonal ist in
den letzten Jahren bedeutend verstärkt worden.
Sübdlich davon, im gesünderen Shirehochland, liegt
das Arbeitsgebiet der schottischen Staatskirche mit der
Hauptstation Blantyre. Das siattliche Häuserviertel
der Missionsgebäude umschließt eine architektonisch
bedentende, fast ausschließlich von den Eingeborenen
gebaute Kirche, verschiedene Schulen, Werkstätten und
Gartenanlagen. Auch hier ist die Schulthätigkeit,
der Besuch der Gottesdienste und der bivilisirende
Einfluß der Mission bedeutend. Einen schweren Ver-
lust hat dieselbe lürzlich durch den Tod des Missions-
arztes Dr. W. A. Scott erlitten, der seit 1889 in
Blantyre thätig war. Seitdem das Shirehochland
unter britischem Schuß steht (1890), haben sich manche
europäische Kolonisten, Kaffeepflanzer und Abenteurer
dort eingefunden. So hat sich u. A. im Jahre 1893
ein australischer Kolonist, der Baptist Booth, in der
Nähe von Blantyre niedergelassen; derselbe pflanzt
Kaffee und will durch Gründung christlicher Kolonien
den Heiden das Christenthum beibringen. Er hat
sich aber bis jetzt bei den benachbarten Missionen
keinen sonderlich guten Namen gemacht, da er durch
enorm hohe Tagelöhne der Mission in Blantyre
deren Zöglinge und Gemeindeglieder an sich zu ziehen
sucht. Trotdem hat diese sogenannte Zambesi In-
dustrial Mission in der englischen Heimath, wo ja
jedes neue Problem des Missionsbetriebes begeisterte
Anhänger findet, hohe Gönner.
Die am Südufer des Tanganyika arbeitende Lon-
doner Mission hat bis jetzt nur ein kümmerliches
Dasein gefristet und es lag deshalb für mauche
englische Missionsfreunde der Gedanke nahe, daos
Arbeitsfeld ganz aufzugeben. Ursprünglich mit weit-
gehenden Plänen unternommen, gedachte man ver-
mittelst eines Dampsers, der im Jahre 1885 an den
Sce geschafft wurde, längs der beiden Ufer des Tan-
ganyika unter den Völkerschaften zu missioniren.
Aber die Schwierigkeiten der Kommunikation mit der
Küste, der übermächtige Einfluß der arabischen Skl-
T venhändler und wohl auch der Mangel einer richtigen
Oberleitung haben das Werl nicht gedeihen lassen.
Verschiedene Stationen, die angelegt wurden, gab
man wieder auf oder verlegte sie. Zur Zeit bestehen
nur noch die beiden Stationen Niamkolo am Südende
1 des Sees und Fwambo auf der Tanganyikahochebene.
Da man den ursprünglichen Plan der- Usermission
l aufgegeben hat, so ist der Missionsdampfer „Good
5 News“ an die Seengesellschaft verkauft worden. Auf
deutschem Gebiet, östlich von Udschidschi, liegt die
dritte Londoner Station, Urambo, auf der aber auch
bis jeßzt noch keine Ersolge erzielt worden sind.
Im deutschen Gebict — und zwar auf der von
Bagamoyo nach dem Tanganyika und Victoria-Nyansa
führenden Karawanenstraße — liegen die Usagara-
stationen der englisch-kirchlichen Mission: Mpwapwa,
Mamboia und Kisokwe. Die beiden ersteren bilden
noch immer die Stütz= und Ruhepunkte für die nach