Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

auch scheinen dort weniger religiöse Bedürfnisse als 
die Werthschätzung christlicher Kultur zu Grunde zu 
liegen. 
Ein großes Bedürfniß ist in Mangamba Schaffung 
neuer Arbeitsgelegenheiten für die Christen, damit 
durch geregelte und nützliche Beschäftigung der au- 
geborenen Trägheit der Neger und ihrer Gering- 
schätzung der Arbeit entgegengewirkt werden könnte. 
Der Versuch mit einer Kaffeepflanzung ist, wie es 
scheint, wegen ungeeigneter Beschaffenheit des Bodens 
nicht gelungen. Die Missionare empfehlen deshalb 
Einführung von Handwerken. 
Missionar Autenrieth hat 1894 ein neues 
Gebiet östlich vom Nkosiland besucht. Wichtiger noch 
mag das Vordringen Br. Wittwers nach Lokyamba 
im nördlichen Basa-Gebiet sein, wo man sich in 
diesem Jahr dauernd niederzulassen hofft, um von 
da aus auch das zur Niederlassung für Europäer 
ungeeignete südliche Basa= und Bodiman-Gebiet, das 
bisher von Mangamba aus besucht wurde, besser 
bearbeiten zu können. 
RAus fremden Rolonien. 
Ueber die wirtbschaftliche Entwickelung des britischen 
stindien 
giebt eine von dem amtlichen Berichterslatter für 
wirthschaftliche Erzeugnisse an die indische Regierung, 
George Watt, im vorigen Jahre verösfentlichte 
Denkschrift bemerkenswerthe Ausschlüsse. Das Er- 
gebniß der Darstellung ist in Kurzem Folgendes: 
Landwirthschaft. Das britische Ostindien um- 
faßt eine Fläche von 699 Millionen Acres; nach 
Abzug der auf die Vasallenstaaten der Eingeborenen 
u. s. w. treffenden Theile, für welche es an statistischen 
Berichten fehlt, entfallen auf Waldungen 52 654 970 
Acres, auf unkultivirbaren Boden 118955257 Acres, 
auf unbebautes Feld 99 295 639 Acres, auf Brach- 
feld im laufenden Umtriebe 31 202 604 Acres, auf 
die wirkliche Erntefläche 187 795 210 Acres. Im 
Jahre 1891/92 wurden hierauf an Nahrungsmitteln 
eine Masse von 57 215 000 Tonnen erzielt. 
Diese kurze Zahlengegenüberstellung ergiebt, daß 
schon durch die bloße Inangriffnahme des noch un- 
bebaut daliegenden Landes eine beträchtliche Stei- 
gerung der landwirthschaftlichen Produktion erzielt 
werden kann. Dieselbe gewinnt aber noch erheblich 
an Umfang, wenn eine verbesserte Art der Bewirth= 
schaftung Platz greisen wird; nöthig erscheint vor 
Allem eine entsprechende Düngung und eine soyste- 
matische Einrichtung von Bewässerungsanlagen, die 
Durchführung der leßzteren liesse auch einen natür- 
lichen Vorzug des Landes ausnutzen: es würden 
doppelte Ernten erzielt werden. Die Schaffung der- 
artiger Anlagen ist neuerdings auch Gegenstand der 
eifrigen Fürsorge der Regierung geworden. Die 
Fläche des berieselbaren Landes beträgt zur Zeit 
465 
  
27 592 088 Acres; eine doppelte Ernte ergeben 
23 237 192 Acres. 
Im Laufe der geschichtlichen Entwickelung sind 
fortdauernd Versuche zur Hebung der Ertragssähig- 
keit des Bodens durch die Neueinführung fremder 
Gewächse gemacht worden, die bis zur Verdrängung 
oder doch Vernachlässigung der einheimischen ging. 
Die Erfahrung hat indeß gelehrt, daß damit weder 
dem Werthe noch der Menge nach eine erhöhte Ernte 
sich erzielen ließ. Die Aufmerksamkeit ist vielmehr 
auf die Veredelung der vorhandenen einheimischen 
oder bereits eingeführten Arten zu richten. Die 
Ausnutzung des noch jungsräulichen Bodens, die Ver- 
besserung der Bewirthschaftungsart selbst sowie die 
Veredelung der gebauten Erzeugnisse erscheinen im 
Stande, die Produktion zu verdoppeln. Die Durch- 
führung der angeregten Verbesserungen ist aber von 
der Beschaffung eines Absatzgebictes, im Besonderen 
von der Haltung der Industrie abhängig, die sich 
den neuen Erzeugnissen zuwenden mufs#. 
Im Einzelnen sind die wichtigsten Erzengnisse 
an Nahrungsmitteln: Weizen, Reis, Gerste, Hirse, 
Hülsenfrüchte, Zuckerrohr, Gewürze. Dazu kommen 
die bedeutenderen Oel= und Faserfrüchte, Farbstoffe, 
Drogen und narkotischen Erzeugnisse (besonders 
Opium, Thee, Kafssee, Tabak, Chinin u. s. w.); an 
Nußthieren gedeihen Rinder, Pferde, Kameele, Schase, 
Ziegen u. s. w. 
Im Jahre 1891/92 betrug — um nur einige 
Ziffern wiederzugeben — die erzeugte Menge in 
Tounen: Reis 63 529 117, Weizen 20 180 857, 
Gerste 3 474 874, Hülseufrüchte 8 067 842, Zucker- 
rohr 3 100 147, Oelfrüchte (Leinsamen, Sesam u. a.) 
12 857 423, Fasergewächse (Baumwolle, Jute u. a.) 
11259602, Farbslosse, besonders Indigo, 1 190 233, 
Drogen 2 150 754. 
Die Förderung mineralischer Erzeugnisse 
im weiteslen Sinne isl noch keine beträchtliche. Britisch= 
Ostindien ist im Verhältniß zu seiner Ausdehnung 
und gegenüber den entsprechenden Größenverhältnissen 
der europäischen Staaten arm an Mineralien. Der 
Abbau der vorhandenen Schätze ist aber bisher fast 
nur in roher Weise betrieben worden; der berg- 
männischen Produktion steht zweifellos noch eine große 
Zukunft bevor. 
Die wichtigsten hier in Betracht kommenden Er- 
zeugnisse sind Kohle, Gold, Eisen, Salz und Petro- 
leum; daneben finden sich Edelsteine, Manganerde, 
Glimmer, Zinn, Blei, Kupfer, Antimon, Asbest, 
Seifenstein, Schiefer, Thon, Graphit, Alaun, Gips, 
Kalktstein u. s. w. Die Erforschung der mineralischen 
Schätze des Landes wird neuerdings amtlicherseits 
lebhaft in Angriss genommen. 
Die größte Ausbeute liesert die Kohle. Im 
Jahre 1878 bestanden 46 Bergwerke, davon 42 in 
Bengalen und zwei in den centralen Provinzen; die 
gesammte Förderung betrug etwas über eine Million 
Tonnen. Im Jahre 1892 waren 92 Bergwerke im 
Betriebe, davon 73 in Bengalen, 1 in Panjab, 2 in
	        
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