Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

In der letzten Reichstagssession hat ein Redner 
die Zahl der Hererorinder auf 30 000 geschätzt. 
Wenn derselbe zehnmal so viel gesagt hätte, so würde 
er sich vielleicht einer kleinen Ueberschätzung schuldig 
gemacht haben, aber ganz gewiß der Wahrheit näher 
gekommen sein. Daß kein Land der Welt im 
Stande ist, auf die Dauer solche Massen zu er- 
nähren, liegt auf der Hand. Die Hereros werden 
daher immer gezwungen sein, Wasser und Weide 
verlangend, an die Thore ihrer Nachbarn zu klopfen. 
Endgültiger Wandel wird in dieser Richtung erst zu 
erwarten sein, wenn die Hereros sich soviel euro- 
päische Bedürfnisse angewöhnt haben werden, daß 
ihre Ochsen rechtzeitig in die Hände weißer Händler 
übergehen. 
Dendrik Witbooi 
war von Seiten des Landeshauptmanns eingeladen 
worden, in der nächsten Zeit Windhoek zu besuchen; 
er hatte aber die Aufforderung aus Gesundheitsrück- 
sichten ablehnen müssen. Einer von dem Distriktschef 
in Gibeon, Premierlieutenant v. Burgsdorff, am 
12. Juni d. Is. erstatteten Meldung ist Folgendes 
zu entnehmen: 
Kapitän Witbooi erklärt mir, so krank zu sein, 
daß ihm ein so langer Nitt wie nach Windhock 
augenblicklich unmöglich sei. Ich schicke ihn daher 
morgen mit einem Reiter und einem Wagen, welch 
letzterer so wie so nach dem Süden (Gubub) gehen 
muß, ins Bad nach Ganikois, einer heißen Schwefel- 
quelle am Fischfluß zwischen Gibeon und Bersaba 
(elwa einen Tag von hier entfernt). In zehn Tagen 
werde ich selbst den Kapitän dort aufsuchen. In 
vier bis fünf Wochen (Mitte Juli) hat mir alsdann 
Witbooi versprochen, mit mir nach Windhock zu reisen. 
Thatsächlich ist Witbooi zur Zeit hinfällig und lei- 
dend. Das letzte halbe Jahr, in dem er ruhig in 
Gibcon war, hat ihn zum alten Manne gemacht, 
von dem es z. B. ganz ansgeschlossen ist, daß er je 
wieder solche großen Ritte wie seiner Zeit den in 
das Feldschuhträgergebiet ausführen kann. 
  
RAus dem Brreiche der Wissivnen und 
der Antkisklaverei-Bewegung. 
Die Mission kann im Balonglande (Kamerun) 
nach einem Berichte des Missionars Keller noch 
nicht von Erfolgen berichten. Ein schöner Anfang 
ist im südlichen Muynka gemacht, wo seit 1 1/2 Jahren 
ein Gehülfe angestellt ist. Dort ist regelmäßig Gottes- 
dienst und Schule, in welcher nach hiesigen Begriffen 
schon tüchtig gelernt wurde. In Mpondo, Malende 
und Ndom verlangen die Leute ebenfalls nach der 
Mission, das heißt nach Schule und Unterricht. 
Balong kann sich eben auch nicht mehr länger gegen 
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das Evangelium verschließen; denn rings um dasselbe 
her treibt die Basler Mission ihr Werk. In Abo 
etwa sechs Jahre, in Bakundu hatten schon die 
englischen Baptisten vor der Annektirung des Landes 
eine Station, die von der Basler Mission trotz ge- 
ringen Erfolges nicht aufgegeben, sondern um eine 
neue Station vermehrt wurde. Neuerdings wurde 
selbst Nkosi in den Bereich der Arbeit gezogen. 
  
Die Brüdergemeinde berichtet im neuesten 
Jahresberichte über ihre Arbeiten in Deutsch-Ostafrika: 
Das verflossene Jahr war für diese unsere neu- 
begonnene Mission ein wichtiges Jahr. 
Wie im vorigen Jahresberichte schon erwähnt, 
haben die neu ausgesendeten Geschwister Rungue 
glücklich erreicht. Es lag ja bei ihrer Aussendung 
unsererseits die bestimmte Absicht vor, zur Anlegung 
wenigstens einer neuen Station zu schreiten, denn es 
ist klar, eine Station, Rungue, allein mit sieben 
Brüdern zu besetzen, wäre unnöthig gewesen. Schon 
der vorjährige Bericht hatte von einer beabsichtigten 
Anlegung zweier neuer Stationen, im Süden und 
im Norden, gesprochen. Es sind aber aus den ge- 
planten zwei neuen Stationen nun drei geworden. 
Die Anlegung einer dritten Station war unsererseits 
weder gewünscht noch geplant worden, sondern wir 
hatten nur je eine Station im Süden und Norden 
in Angriff zu nehmen für geboten erachtet. Unsere 
Brüder gingen auf unsere Amweisung alsbald im 
Süden vorwärts und gründeten Rutenganio in der 
Gegend von Kararamuka. Da aber damals gerade 
der Krieg mit den Wahehe drohte, der eine Anlegung 
der Station im Norden bei Merere unmöglich machte, 
glaubten unsere Brüder die vorhandenen Kräfte nicht 
brach liegen lassen zu dürfen und schritten zur Grün- 
dung einer zweiten noch weiter südlich auf den See 
zu gelegenen Station Ipiana. 
Als später die Zeit zur Anlage einer Station 
bei Merere gekommen war und die Missionare 
Richard und Kooß dort in Utengule die Arbeit 
begannen, wurde Iniana beibehalten. 
So hat sich unser Werk dort räumlich dieses 
Jahr beträchtlich erweitert, eigentlich über unsere 
ursprüngliche Absicht hinaus. Es dürfte nun zunächst 
eine Zeit des Stillstandes in der äußerlichen Aus- 
breitung dieses Werkes eintreten. Die Arbeit der 
nächsten Jahre wird dem äußeren und inneren Auf- 
bau der in Arbeit genommenen Stationen gewidmet 
sein müssen. 
Bei alledem hat aber die eigentliche Missions- 
thätigkeit nicht geruht. Unsere Brüder haben sleißig 
die Verkündigung des Wortes fortgesetzt, namentlich 
in Rungue. Der Besuch der Versammlungen ist sehr 
verschieden. 
Die Thätigkeit an den befreiten Sklaven, zumal 
an den Kindern, hat namentlich Br. Bachmann 
mit großer Treue und nicht ohne Erfolg geübt.
	        
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