Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

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83. 
Gegen die Entscheidungen der Häuptlinge ist Berufung an das Eingeborenen-Schiedsgericht zulässig. 
Dasselbe ist als erstinstanzliches Gericht zuständig für diejenigen Civil= und Strafprozesse, welche 
nicht zur Zuständigkeit der Häuptlinge gehören. Das Verbrechen des Mordes und des Todtschlags bleibt 
jedoch der Jurisdiktion des Schiedsgerichts entzogen. 
Auch ist dasselbe nicht befugt, auf Todesstrafe sowie auf eine Freiheitsstrafe von mehr als zwei 
Jahren zu erkennen. 
* 4. 
Streitigkeiten zwischen Eingeborenen und den im Geltungsbereich dieser Verordnung ansässigen 
Angehörigen des Duallastammes sind der Rechtsprechung der Häuptlinge entzogen. Sie fallen, auch wenn 
der Gegenstand des Streitwerthes in Civilsachen oder die Urtheilefindung in Strassachen das in § 2 be- 
zeichnete Maß nicht überschreitet, unter die Zuständigkeit des Eingeborenen-Schiedsgerichts. 
« §4a. 
Mit Rücksicht darauf, daß sich im Gebiet von Bodiman selbständige Duallaniederlassungen befinden, 
soll stets ein Dualla Mitglied des Schiedsgerichts sein. 
86. 
Für die Rechtsprechung des Schiedsgerichts sind die an Ort und Stelle in Uebung stehenden 
Gebräuche und Gewohnheiten maßgebend. · 
86. 
Die Mitglieder des Eingeborenen-Schiedsgerichts sowie deren Stellvertreter werden durch den 
Kaiserlichen Gonverneur ernannt. Die Ernennung ist jederzeit widerruflich. 
„ 
87. 
Das Schiedsgericht ernennt einen Vorsitzenden, welcher die Verhandlungen zu leiten, sowic einen 
Sekretär, welcher über jeden Streitfall ein Protokoll zu führen hat. 
Das Protokoll, welches das Datum des Sißtzungstages, die Namen der Richter und der Parteien, 
den Gegenstand und Grund des Rechtsstreits sowie die erlassene Entscheidung enthalten muß, ist von dem 
Vorsihenden und dem Protokollführer zu unterschreiben. Die Protokolle eines Jahres sind chronologisch 
zu einem Aktenstücke zu vereinigen und können von dem Gouverneur und dessen Stellvertreter jederzeit 
eingesehen werden. Auch steht dem Gonverneur und dessen Stellvertreter jederzeit frei, den Sitzungen des 
Eingeborenen-Schiedsgerichts beizuwohnen. 
88. 
Gegen die Entscheidungen des Schiedsgerichts ist Berufung an den Kaiserlichen Gouverneur oder 
dessen Stellvertreter zulässig. Dieselbe muß binnen 14 Tagen nach Verkündung der Eutscheidung schriftlich 
oder mündlich beim Gonvernementssekretär eingelegt werden. 
80. 
Die der Kompetenz des Eingeborenen-Schiedsgerichts nicht unterworsenen Strassachen sind der 
Jurisdiktion des Kaiserlichen Gouverneurs beziehungsweise dessen Stellvertreters vorbehalten. 
Kamerun, den 12. Seplember 1895. 
Der Kaiserliche Gouverneur. 
(L. S.) gez. v. Puttkamer. 
Verorduung, betreffend Einführung eines Eingel Schiedsgerichts für die 
Aunwohner des Sannaga. 
  
Streitigkeiten zwischen den Eingeborenen des Malimba= und Bakokostammes am unteren Sannaga 
sind durch den eingeborenen Häuptling des Beklagten zu erledigen, wenn in bürgerlichen Streitsachen der 
Werth des Streitgegenstandes 120 Mark (10 Kru) nicht überschreitet und in Strafsachen der Gegenstand 
der Urtheilsfindung eine That bildet, deren Ahndung keine höhere Strafe als 300 Mark oder sechs Monate 
Gesängniß erfordert. 
§ 2. 
Gegen die Entscheidung der Häuptlinge ist Berufung an ein neu zu bildendes Eingeborenen= 
Schiedsgericht zulässig.
	        
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