Full text: Deutsches Kolonialblatt. VI. Jahrgang, 1895. (6)

Kamerun. 
Die Stationen des Schutzgebietes Kamerun. 
Der Gouverneur v. Puttkamer meldet in einem 
vom 19. Oktober datirten Bericht über die Lage auf 
den Stationen des Schutzgebietes Folgendes: 
1. Rio del Rey. Die Leitung dieser wichtigen 
Grenzstation ist dem lürzlich von Urlaub zurück- 
gekehrten Zollassistenten Schoene übergeben worden. 
Nach Aufhebung des der schwedischen Firma ver- 
liehenen Monopols beginnt die Ambas Bay Trading 
Company das Gebiet mit Energie zu bearbeiten: es 
sieht zu hoffen, daß andere Firmen folgen werden. 
Die deutsch-englische Kommission zur Festlegung 
der Grenze hat ihre Thätigkeit mit Beginn des 
Monats eröffnet; nähere Nachrichten über den Fort- 
gang sind demnächst zu erwarten. 
2. In Buga werden die Einrichtungsarbeiten 
erst mit dem demnächst von Togo zu erwartenden 
Stationschef Leuschner eine weitere Förderung er- 
fahren. Der Wegebau Viktoria—Bucsa macht rüstige 
Fortschritte, jedoch mehren sich die technischen Schwierig- 
keiten mit dem Beschreiten des höheren Gebirges 
derart, daß die baldige Anwesenheit des im Wegebau 
erfahrenen Leuschner ein immer dringenderes Be- 
dürfniß wird. 
3. In Edea nähert sich das neuc massive Wohn- 
gebäude seiner Vollendung. Friedensverhandlungen 
mit den besiegten Bakokostämmen sind noch immer 
im Gange. 
Nach Ausweisung der Duallahändler aus dem 
Edeabezirk und Erledigung der lange verschleppten 
Kriegsentschädigungsfrage beginnt sich der Handel 
auf dem Sannaga sichtbar zu heben. Die Vorunter- 
suchung des oberen Sannaga wird demnächst nach 
Fallen des Wassers und Aufhören der Regenzeit und 
jedenfalls noch im Laufe des Monats November von 
dem Premierlieutenant v. Brauchitsch und dem 
ihm beigegebenen Lieutenant Oskar Schmidt in 
Angriff genommen. Um während dieser Untersuchung 
eine regelmäßige und gesicherte Verbindung zwischen 
Kamerun und Edea zu unterhalten, wird der Dampfer 
„Soden“, welcher seines Tiefgangs halber während 
der Trockenzeit den Kwakwa nicht passiren kann, für 
diese Zeit auf dem Sannaga (Edea— Kwalwamündung) 
stationirt und die Verbindung mit diesem Fahrzeug 
von Kamerun aus miltelst des nunmehr wieder ge- 
brauchsfähigen Petrolmotorboots hergeslellt. 
4. Nach Uebernahme der Station Yaünde durch 
den Kommandeur der Kaiserlichen Schutztruppe, Nitt- 
meister v. Stetten, haben in jener Gegend, nament- 
lich am oberen Sannaga mit dem Wutestamm der 
Mango, verschiedentliche feindliche Zusammenstöße 
stattgefunden. Nach Beurlaubung des zunächst mit 
Verwaltung und Einrichtung der Station betrauten 
Lieutenants Dominik hat sich Premierlieutenant 
Bartsch von der Kaiserlichen Schutztruppe zur 
619 
  
l 
i 
I 
Zu seiner Verfügung befinden sich auf der Station 
außer einer Anzahl Arbeiter eine Garnison von 
60 Mann der Truppe mit zwei weißen Unteroffi- 
zieren, sowie zwei moderne Geschütze (Maxim= und 
3,7 cm Schpellfeuergeschüß). Premierlientenant 
Bartsch hat den Auftrag, weitere Feindseligkeiten 
und kriegerische Aktionen ohne vorherige Bericht- 
erstattung unter allen Umständen zu vermeiden, für 
den Ausbau und die wirthschaftliche Entwickelung der 
Station zu sorgen und durch Anknüpfung und Pflege 
freundlicher Beziehungen mit den eingeborenen 
Stämmen das Ansehen der Regierung zu befestigen. 
Eine weitere wichtige Aufgabe der Station ist 
die fortlaufende Beobachtung der Zustände in Wute 
und Tibati und Berichterstattung hierüber. 
5. Lolodorf, welches lediglich als Zwischen- 
station auf dem Wege Kribi—Yaunde Bedeutung 
hat und zur Sicherung dieses Weges militärisch be- 
setzt werden mußte, ist der Schutztruppe übergeben 
und mit einem weißen Unteroffizier und 23 Mann 
der Truppe besetzt. 
6. Von Campo sind besondere Ereignisse nicht 
zu berichten. 
7. Der Stationschef Conradt und der Assistent 
und Gärtner Standt sind von ihrem bisherigen 
Standort Lolodorf nach Mundame übergesiedelt. 
Nach einem Bericht des Ersteren wird er jeßt die 
Station mit meiner Genehmigung von Mundame 
selbst in die etwa fünf Wegstunden entfernte Gegend 
der allen Zintgraffschen Barombistation verlegen. 
Die neue Station, welcher — da weder Mun- 
dame noch Barombi paßt zweckmäßiger Weise 
ein neuer civilisirter Name beizulegen sein dürfte, 
liegt auf einer der höchsten Erhebungen am soge- 
nannien Elefantensce, mit Rundblick auf See und 
Ebene, auscheinend schön und gesund. 
Außer der sehr nöthigen polizeilichen Aufsicht in 
jenen Gegenden, der Bewachung der sich immer mehr 
entwickelnden Handelsstraße, der Unterhaltung freund- 
licher Beziehungen zu den Bali — die Station be- 
schäftigt schon jetzt ausschließlich Baliarbeiter — soll 
die neuc Station dem Charakter ihres Leiters ent- 
sprechend wesentlich eine landwirthschaftliche Versuchs- 
station werden. Aubau verschiedener Nutz= und 
Futterpslanzen und Viehzucht gehören in das Pro- 
gramm der Station. Und zwar soll dies ohne 
größere Anlagekosten aus dem Kleinen ins Größere 
entwickelt werden. Herr Conradt hofft, hier end- 
lich einmal eine Station schaffen zu können, die sich 
nach wenigen Jahren selbst erhalten wird. 
8. Die Wiederbesetzung des Militärpostens Ma- 
lende hat mangels Personals noch nicht erfolgen 
können, sich auch als vorläufig nicht dringlich her- 
ausgestellt. 
Von Anlage der neugeplanten Station in Ny- 
anga habe ich geglaubt absehen zu sollen, da einer- 
seits die hierfür erforderlichen Mittel nicht vorhanden 
weiteren Leitung der Station nach Yaunde begeben. sind, andererseits aber die Wahl des geeigneten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.