Mittlerweile war das Gerücht von der Ankunft
fremder, mit Feuerwaffen bewaffneter Schwarzen im
elendesten Zustande von Krankheit und Hunger so—
wohl nach Port Moresby, dem Sitze des Gouverne-
ments von Britisch-Neu-Guinena, als auch zu dem
Magistratsbeamten für den Meokeodistrikt gelangt.
Von Port Moresby wurde ein Segelkutter (Ketch)
nach Motu-Motu dirigirt und ihm Kleider sowie
allerlei Dinge für die erste Hülfeleistung bei elend
Kranken mitgegeben, während Mr. Kowald, der
Beamte des Mekeodistrikts, sich selber auf den Weg
dahin machte.
Die Nachrichten waren allmählich über Land zu
den angedenteten Stellen gekommen, da ein schwerer
Südostpassat den Seeverkehr mit Kanus ganz gestört
hatte. Mr. Kowald war am 4. November nach
Motu-Motu gekommen und fand, daß die 22 Ueber-
lebenden mit Ausnahme weniger sich schon während
der zehn Tage des Aufenthaltes in Motu-Motu
außerordentlich erholt hatten, er lobt sehr die große
Sorge, welche sowohl der Lehrer der Londoner
Missionsgesellschaft Peter, als auch der Häuptling
Lahari von Motu-Motu den Unglücklichen hat zu
Theil werden lassen.
Mittlerweile wurde versucht, mit den Ueberleben-
den nach Port Moresby zu gehen, der kräftigere Theil
ging zu Fuß am Lande, während einige noch sehr
Elende ein offenes Boot benutzen konnten.
Am 7. November wurde die von Port Moresby
ausgesandte Keitch angetroffen und nun mit dieser,
leider durch sehr heftigen Wind und schwere See
sehr aufgehalten, nach Port Moresby in See ge-
gangen. Am 8. November gegen Mitternacht starb
noch einer der Ueberlebenden, ein Neu-Mecklenburger,
an Entkräftung und Dysenterie und wurde auf der
Nordseite der Wari-Wariinsel begraben.
Sonntag den 10. November, nachmittags, lief die
Ketch „Lokohn“ in Port Moresby ein, wo von Seiten
des Gouvernements zuerst in liebenswürdiger Weise
Alles gethan wurde, was nur irgend das körperliche
Befinden der noch immer recht schwachen Leute för-
dern konnte, dann aber hielt es der Gouvernements-
sekretär Mr. Musgrave in richtiger Würdigung der
Thatsache, daß die Erinnerung jetzt wohl noch lebhaft
sei, aber naturgemäß sich abschwächen würde, für
richtig, sofort in umfassender Weise die einzelnen
Ueberlebenden nach ihren Erlebnissen und den Um-
ständen der Expedition und des Todes der beiden
Weißen zu vernehmen und deren Erzählung proto-
kollarisch festzulegen.
Seinem eingehenden Befragen und den gemachten
Auszeichnungen ist es wohl zu danken, daß auch später
noch nach Monaten die Erinnerung der Leute so weit
ausgefrischt und rege gemacht werden konnte, daß die
allgemeinen Erlebnisse der Expedition, die Umstände
des Todes des Reisenden und des Polizeiunter-
offiziers Piering mit einem hohen Grade von Wahr-
scheinlichkeit in erzählende Form haben niedergelegt
werden können.
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—
Durch Reparaturen des Gouvernementsdampfers
„Merrie England“, welche das Schiff so lange in
Brisbane festgehalten haben, war Lieutenant Governor
von Britisch-Neu-Guinea Sir William Muc Gregor
genöthigt, die Ueberlebenden etwas länger in Port
Moresby zurückzuhalten. Am Montag den 30. März
1896 lief der Dampfer „Merrie England“ in den
Friedrich Wilhelmshafen ein und Kapitän Jonecs
übergab die 21 Ueberlebenden der verunglückten Ex-
pedition Otto Ehlers im Auftrage Sir William
Mac Gregors an den stellvertretenden Landeshaupt--
mann Korvettenkapitän a. D. Rüdiger.
Die Leute sahen ungemein kräftig und gesund
aus, nur zeigten Viele die Narben jener durch Blut-
egelbisse entstandenen bösen eiterigen Wunden an
ihrem Körper. Sir William Mac Gregor hat die
Liebenswürdigkeit gezeigt, daß er die Hülfeleistung
an die Verunglückten, die Sorge um die Kräftigung
ihrer Gesundheit und ihrer Körper durch geeignete
und reichliche Nahrung, ebenso wie den Rücktransport
durch den Gouvernementsdampfer nach Friedrich
Wilhelmshafen als einen Akt internationaler Höflich-
keit und freundnachbarlicher Gesinnung aufgefaßt hat.
RHus dem Bereiche der Missionen und
der Antishlaverei-Bewegung.
Die Deutsch= ostafrikanische Missions-
Gesellschaft hat zwei neue Stationen in Mane-
romango (Usaramo) und in Wuga (Usambara)
angelegt. ——
Die Missionare der Pallotinermission in
Kamerun P. Bancken, P. F. Walter und die
Laienbrüder Mathias Kasparek, Joseph Fischli,
Wilhelm Borchert sind nach Deutschland zur Er-
holung zurückgekehrt. Nach Kamerun abgereist sind
die Priester F. G. Walter, P. Otto, zwei Brüder
und vier Schwestern. Die Mission unterhält jetzt
die drei Stationen: Engelberg, Kribi und Marien-
berg. In ersterer, für welche besonders von Seiten
der Schweizer reiche Gaben gespendet worden sind,
ist ein Sanatorium und eine Kaffeepflanzung mit
30 000 Bäunmchen angelegt.
Dem Berichte der Rheinischen Mission für
das Jahr 1895 entnehmen wir:
Hatte das Vorjahr dem Namalande den so
lauge ersehnten Frieden gebracht, so können wir nun
berichten, daß sich dieser Friede erhalten und weiter
befestigt hat. Dazu hat sehr viel eine Reise des
Herrn Landeshauptmanns beigetragen, die ihm Ge-
legenheit bot, sich überall den Leuten bekannt zu
machen und allerlei unbegründete Furcht, die hier und
da noch bestand, durch sein freundliches und gerechtes
Auftreten zu beseitigen. Allerdings hat es auch nicht
an einzelnen Gefährdungen des Friedens gefehlt, so