nunmehr nur von den daselbst sitzenden Groß-
leuten abhing. Ich setzte mich daher am 22. abends
über Tjeetjoos Werft dorthin in Marsch. Bei letzt-
genanntem Häuptling fand freundlicher Verkehr statt.
Ich lobte ihn wegen seiner loyalen Haltung, freute
mich aber auf der anderen Seite, ihn den Anblick
meiner vorübermarschirenden, jetzt auf 500 Reiter
angewachsenen Truppe genießen lassen zu können.
Wenn Tijectioo auch äußerlich Frieden hält, so ist
er innerlich doch mehr aus Furcht als aus Liebe
zu uns von dem Aufstande ferngeblieben.
Im Uebrigen blieb auch eine nach Ekuja voraus-
gesandte Aufforderung zur Unterwerfung unter An-
drohung einer Fortsetzung des Krieges im Falle der
Weigerung nicht ohne Wirkung. Neun Großleute von
Nikodemus stießen zum Theil unterwegs zu uns,
zum Theil hatten sie sich in Okahandya gestellt.
Es stand sonach kein Feind mehr im freien Felde
und erübrigte lediglich ein diplomatisch-gerichtliches
Nachspiel, dessen Schauplatz naturgemäß nur Oka-
handya sein konnte. Dort hatte mittlerweile der
Major Mueller die neu eingetroffene Truppe orga-
nisirt und sonach eine — um mich eines Ausdrucks
aus dem großen Kriege zu bedienen — Art „Reserve-
armec“ formirt.
an Stelle von Windhoek kann ich nur als eine
glückliche bezeichnen.
ist nicht zu unterschätzen und schreibe ich es lediglich
der Anwesenheit dieser Truppe zu, wenn die oben
gemeldete Festsetzung von Nikodemus ohne Schwierig-
keiten vor sich gegangen ist. Außerdem konnte nach
genanntem Platze durch Vermittelung der Lente
Samuels leicht eine gut funktionirende, regelmäßige
Verbindung zwischen Major Mueller und mir her-
gestellt werden.
Etwa am 20. Mai d. Is. war die Formirung
der Abtheilung Mueller beendet und sie brach
dem erhaltenen Befehl gemäß zur Vereinigung mit
mir behufs gemeinsamen Angriffes auf die Werft
Ekuja in nordöstlicher Richtung auf. Bevor es je-
doch so weit gekommen war, erfolgte die bereits er-
wähnte freiwillige Unterwerfung der Großleute von
Ekuja, worauf sachgemäß der Rückmarsch der Abthei-
lung Mueller nach Okahandya zu erfolgen hatte.
Am 2. Juni früh fand feierlicher Einmarsch da-
hier unter sichtlicher Theilnahme der Bevölkerung
sowie Vereinigung der alten und neuen Truppe statt.
Die durch den Assessor v. Lindequist sofort be-
gonnene gerichtliche Untersuchung ergab mit unzwei-
deutiger Klarheit, daß der Anstifter des Krieges
einzig und allein Nikodemus gewesen ist, und
zwar hatte er seine Wühlereien unmittelbar nach
seiner Einsetzung als Kapitän des Ostens begonnen.
Auch Witbooi suchte er hereinzuziehen. Ich
werde dessen Aussage als besonders interessant
später einsenden. Nikodemus leugnet freilich mit
dreister Stirn, auch angesichts der ihm gegenüber-
gestellten Zeugen, einschließlich seines Mitschuldigen
Kahimema, welch Letzterer seinerseits nichts beschönigt.
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Die Wahl des genannten Platzes
Die Macht der Riaruapartei.
entgegen.
Die Triebfeder zu dem Handeln Nikodemus war,
neben dem allgemein vorhandenen Mißtrauen der
Eingeborenen gegen die Pläne der Weißen, sein
ungemessener Ehrgeiz in Verbindung mit persönlicher
Feindschaft gegen den Oberhäuptling Samuel und
damit auch gegen uns, da wir diesen unterstützten.
Morgen und übermorgen wird das Kriegsgericht
stattfinden, und kann ich über den Ausfall vielleicht
noch mit dieser Post melden.
Es erübrigt nun, über die Vorgänge in den
übrigen Theilen des Hererolandes zu berichten. Vor
meinem Abmarsche von Otjunda hatte ich zehn weiße
Reiter unter Vizefeldwebel Froede nebst einigen
Hereros entsendet, um die Viehposten Kahikactas
aufzuheben und dessen Werft zu entwaffnen. Diese
Abtheilung ist gestern zurückgekehrt. Die Ausbeute
bestand aus 1200 Stück Vieh und 14 Gewehren.
An Widerstand dachte Niemand mehr. Am meisten
Lust zum Losschlagen scheinen dagegen die Hereros
in Omaruru gehabt zu haben, wobei die bekannten
Namen Daniel Karriko, Gawayo und Katare wieder
eine Rolle spielen. Manasse selbst wirkte für den
Frieden, wie Lieutenant Volkmann indessen meint,
nur äußerlich. Mir selbst schrieb er nur Frieden
athmende Briese. Jedenfalls erschien die Haltung
der Hereros in Omaruru drohend genug, um den
Major Mueller zur Entsendung einer Verstärkung
von 15 Mann der neuen Truppe dorthin zu ver-
aulassen. Ich selbst habe beschlossen, meinen nächsten
Zug ebendahin sowic in das Kaokofeld zu unter-
nehmen, sobald Menschen und Thiere sich einiger-
maßen erholt haben. Anderenfalls riskiren wir eines
Tages auch in Omarurn einen ähnlichen unerwarteten
Ausbruch wie jetzt in Gobabis.
Zu einem vollständigen Ausbruch kam dagegen
jetzt schon die aufrührerische Bewegung in Otjim-
binguec, vor Allem hervorgerufen durch die Auf-
reizungen eincs Engländers, Namens Wallace,
welcher außerdem den Eingeborenen in verbotener
Weise Spirituosen geliefert hatte. Einige 30 Hereros
rotteten sich in angetrunkenem Zusiande zusammen,
suchten das Haus eines Weißen zu stürmen und
setzten der herbeieilenden Militärpatrouille Widerstand
Daneben wurde auch Missionar Meyer
etwas belästigt. Es kam schließlich zu einer kleinen
Schießerei, bei welcher zwei Hereros verwundet
wurden. Der gerade mit einem Theil der neuen
Truppe angekommene Premierlieutenant d. R. (Ober-
grenzkontroleur) Schmidt setzte den Engländer in
Haft und stellte bei den Hereros durch gütliches Zu-
reden die Ruhc wieder her. Seitdem ist sie dort
nicht wieder gestört worden.
Wenn ich nun noch einmal auf den Verlauf
des Krieges zurücksehe, so muß ich sagen, daß er
ein ungewöhnlich glücklicher gewesen ist. In dem
für uns ungünstigsten Momente ausgebrochen, schien
der Aufstand das Schutzgebiet an den Rand des
Abgrundes zu bringen, zumal in den ersten Anfängen
nicht zu übersehen war, welche Ausdehnung er