Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Deutsch-SZüdwelkafrika. 
Ueber die Frage der Deranziehung der Eingeborenen 
zum Militärdienst 
hat der Kaiserliche Landeshauptmann unter dem 
23. Juli d. Is. folgendes Rundschreiben an die 
Bezirkshauptleute gerichtet: 
Die gemäß meiner Versügung vom 7. Mai 1895 
seitens der Herren Distriktschefs eingereichten Gut- 
achten, betreffend Einstellung von Eingeborenen als 
Soldaten in unseren Dienst, haben mir bewiesen, 
daß dieser für die Zukunft des Schutgebietes ganz 
besonders wichligen Frage allerseits das nöthige 
Verständniß entgegengebracht worden ist. Einige der 
Gutachten habe ich ganz besonders interessant ge- 
funden, um so mehr, als mittlerweile ein Feldzug 
Gelegenheit geboten hatte, die betreffenden Meinungen 
einer praktischen Probe zu unterziehen. 
In Bezug auf die einzelnen Völkerschaften des 
Schutzgebietes sind seitens der Herren nachstehende 
Ansichten aufgestellt worden: 
1. Bastards.“) 
Zwei Distriktschefs (Keetmanshoop sowie Premier= 
lieutenant Schwabe), welche Gelegenheit hatten zum 
Sammeln bezüglicher Erfahrungen, haben diesen 
Stamm als durchaus einstellungsfähig bezeichnet und 
aus ihm, nach geschehener Ausbildung, ein gutes 
Soldatenmaterial in Aussicht gestellt. Der verflossene 
Feldzug hat dieser Ansicht völlig Recht gegeben. Die 
in die Truppe eingestellten und eingekleideten Bastards 
haben sich in jeder Hinsicht bewährt und ist ein 
Unterschied zwischen ihnen und unseren Soldaten 
schließlich wenig mehr hervorgetreten. Bei dem 
Distriktschef von Gibeon habe ich ein Urtheil über 
die bei Grootfontein wohnenden Bastards unter dem 
Kapitän Swart vermißt. Letztere sind ein ge- 
schlossener Stamm, ähnlich demjenigen von Rehoboth, 
und lästt sich mit denselben, unter Zusicherung be- 
stimmter Vortheile, vielleicht ein ähnliches Wehr- 
abkommen treffen, wie solches bei den Bastards von 
Rehoboth bereits getroffen ist. Ich werde in dieser 
Sache Weiteres noch veranlassen. 
2. Hottentotten. 
Ein Distriktschef (Gobabis) bezeichnet diesen 
Stamm als in Zukunft möglicherweise einstellungs- 
fähig, ein Distriltschef (Keetmanshoop) will nach 
schwierigen Anfängen, und nachdem es gelungen war, 
das Vertrauen der Leute zu gewinnen, jetzt schon 
gute Erfahrungen gemacht haben und ein Distrikts- 
chef (Gibeon) will von deren Einstellung als Soldaten 
ganz absehen und sie lediglich als irreguläre Kavallerie 
verwendet wissen. Gerade in Beziehung auf Hotten- 
  
*) Bezüglich der Bastards vergl. den Vericht über das 
Ergebniß der Besi tigung der ersten Quote der wehr- 
pflichtigen Bastards im „D. Kol. latt“ vom 1. April 
1396, S. 188. 
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totten hat der letzte Feldzug besonders reiche Er- 
fahrungen gebracht und dürfte es sich empfehlen, zu- 
nächst diese in das Auge zu fassen. 
a) Die Witboois haben sich, wo sie unter 
dem direkten Befehl ihres Kapitäns standen, als 
disziplinirt und im Patrouillendienst wie im Gefecht 
als brauchbar erwiesen. Wo sie jedoch dem bezeich- 
neten mächtigen Einflusse einige Zeit entzogen waren, 
ist die Unzuverlässigkeit aller Hottentotten auch bei 
ihnen zum Durchbruch gekommen. Der Kapitän hat 
sich infolgedessen schließlich veranlaßt gesehen, nach 
dem Feldzuge, gegen seine ursprüngliche Absicht, noch- 
mals nach dem Osten zu gehen, um seine beim Ein- 
treiben der Kriegsentschädigung mitbeschäftigten Leute 
persönlich zu beaufsichtigen. 
b) Simon Cooper-Leute trafen erst am 
Schlusse des Feldzuges ein und sind daher nicht mit 
im Gefechte gewesen. Sie haben indessen im Ganzen 
einen guten Eindruck gemacht und sich auch gut 
gehalten, jedenfalls weit besser, als zu erwarten stand. 
Ich schreibe solches mit dem eispiel Witboois zu, 
welch Leßterer augenscheinlich auf Simon Cooper 
einen bedeutenden Einfluß ausübt. 
c) Hottentotten der „rothen Nation“ aus 
Hoachanas. Es handelte sich vorliegend nur um 
eine kleine Abtheilung von 12 Mann, welche 
geschlossen in eine Kompagnie eingestellt war. Die- 
selben haben sich bemüht, unseren militärischen An- 
forderungen gerecht zu werden, und sich auch im 
Gefechte über alles Erwarten gut gehalten. Diese 
Erscheinung dürfte vor Allem als Verdienst des 
Unteroffiziers Pevestorff, unter dessen Führung 
die Hottentotten gestellt waren, aufzufassen sein. 
Derselbe hatte als Stationschef von Hoachanas es 
seiner Zeit verstanden, sich das Verkrauen der Leute 
zu erwerben. 
d) Außer den drei vorhergenannten geschlossenen 
Stämmen waren noch einzelne schon längst im 
Truppendienste sich befindende Hottentotten als 
Soldaten eingestellt. Von diesen haben sich zwei so 
gut gehalten, daß sie zur Auszeichnung in orschlag 
gebracht werden konnten, während die übrigen weder 
im Guten, noch im Schlechten aufgefallen sind, ihnen 
daher mindestens das Zeugniß „zur Zufriedenheit" 
gegeben werden kann. 
3. Hereros. 
Dieser Volksstamm erfährt seitens der sämmt- 
lichen vier in Betracht kommenden Distriktschefs eine 
durchaus abfsällige Beurtheilung. Zwei (Gobabis, 
Okahandya) erklären deren Einstellung, wenigstens 
als eingeborene Polizeisoldaten, für möglich; die 
beiden anderen (Otyimbingwe, Omaruru) wollen 
überhaupt nichts von ihnen wissen. Einer, der 
letzteren bezweifelt, daß die Hereros je auf Stammes- 
brüder schießen werden. Beide erkennen zwar die 
deutsch-freundliche Gesinnung des Oberhäuptlings an, 
erklären denselben jedoch durch seine Machtlosigkeit 
hierzu gezwungen und daher für uns von wenig
	        
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