Full text: Deutsches Kolonialblatt. VII. Jahrgang, 1896. (7)

Am 7. Juli früh konnte in Angriffshafen geankert 
werden. Die Vermessungsarbeiten wurden wieder 
aufgenommen. 
der Nähe der Humboldtbai vor dem Sechsstrohflusse, 
Am 21. Juli vormittags hatte ich in 
der Grenze des deutsch-holländischen Neu-Guinea- 
gebietes, geankert, welche durch den 141. Längengrad 
gegeben ist. 
Die Küstenvermessung hat ergeben, daß letzterer 
gerade westlich des Bougainvilleberges vorbeiführt, 
so daß dieser als sichtbarer Grenzpunkt bezeichnet 
werden kann. 
Am 13. August nachmittags trat ich die Rückreise 
nach Friedrich Wilhelmshafen an. Auf dieser Fahrt 
lief ich die etwa 90 Seemeilen von der Nordwestküste 
Neu-Guineas entfernt liegende Matty-Insel an, um 
Aufklärung über die astronomische Lage derselben zu 
schaffen. Die Insel wurde am 14. August vormittags 
gesichtet und mittags angesteuert. Kurze Zeit, nach- 
dem ich mit dem Schiff an der Südseite der Insel 
vor einem Eingeborenendorse gestoppt hatte, flüchteten 
drei Salomons-Insulaner mit Waffen und Munition 
zu mir an Bord, welche angaben, daß sie einer 
im Anfang dieses Jahres auf der Insel von der 
Firma Hernsheim errichteten Handelsstation an- 
gehört haben, deren Trader, ein Deutscher, von den 
Matty-Insulanern im März d. Is. erschlagen worden 
sei, und daß sie seit dieser Zeit im Busch gelebt und 
sich gegen weitere Ueberfälle der Eingeborenen durch 
ihre Waffen hätten schützen können. Ich nahm die 
Flüchtlinge an Bord und habe sie der Landesverwal- 
tung in Friedrich Wilhelmshafen übergeben. 
Nach den angestellten Beobachtungen liegt die 
Nordseite der Insel auf 1° 41“ und die Sddseite 
auf 1° 45“ südl. Breite, die ungefähre Mitte der 
JInsel auf 142° 557“ östl. Länge. 
Die ganz flache und mit Kokospalmen dicht be- 
standene Insel hat eine ungefähre Ausdehnung von 
fünf Seemeilen in Richtung O— W und vier Sce- 
meilen in Richtung N—S und ist von einem Küsten- 
riff umgeben. Die Matty-Jnsel ist im Jahre 1767 
von Carteret entdeckt worden, und scheint seit dieser 
Zeit nur äußerst selten von Europäern angelaufen 
zu sein. Erst in den letzten Jahren sind nach An- 
laufen der Insel durch den Dampfer der Neu-Guinea- 
Kompagnie „Mabel“ nähere Nachrichten über die 
Eingeborenen und ihre besonderen Eigenthümlichkeiten 
bekannt geworden. 
Die Eingeborenen der Matty-Insel gehören trotz 
der Nähe von Neu-Guinea und der Lage der Insel 
im Bismarck-Alchipel, wo hauptsächlich nur die 
melanesische Rasse vorkommt, einer Menschenrasse an, 
die weder melanesisch noch polynesisch ist, ihr Aus- 
sehen ist daher ein ganz anderes als das der Südsee- 
Insulaner. Das Auffallendste sind die geschlitzten 
Augen, dic an den Chinesen erinnern, und eine ganz 
helle Hautfarbe, wie sie bei keinem Melanesier vor- 
kommt. Im llebrigen haben sie das Aussehen eines 
Indiers, welches noch durch die kappenartige Kopf- 
bedeckung — aus Pandanus geflochten —, die an 
  
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die hohen Kappen der indischen Parsis erinnern, ver- 
stärkt wird. Die weitere Eigenthümlichkeit der Matty- 
Insulaner liegt in den von ihnen hergestellten Waffen 
und Geräthschaften. Die letzteren sind so eigenartig 
und theilweise kunstvoll hergestellt, daß sie keine Spur 
einer Aehnlichkeit mit den im sonstigen Schutgebiet 
vorkommenden Waffen und Geräthschaften aufweisen, 
vielmehr eine in sich abgeschlossene Fertigkeit von 
großem ethnographischen Interesse darstellen. Die 
Haupkdörfer liegen an der West= und Südseite der 
Insel am Strande entlang. Vor einem derselben 
wurde mit dem Schiff gestoppt und S. M. S. „Möwe“ 
in kürzester Zeit von einer großen Anzahl Kanus 
mit Eingeborenen umringt, dic sofort einen lebhasten 
Tauschhandel mit der Besatzung anfingen. Das rohe 
Eisen in Gestalt von einfachem Bandeisen oder Hobel- 
eisen war der gesuchteste Artikel. Auch die Kanns 
sind kunstvoll gearbeitet. Ein Aufbau vorn und 
hinten, der gleichmäßig an den Enden des Kanus 
verläuft, erinnert an den typischen Bug französischer 
Kriegsschiffe. Segel wurden nicht gesehen. Ein 
Ankerplatz für Schiffe dürfte nur an der Südseite 
der Insel zu finden sein. Außerhalb liegende Niffe 
wurden auf den beiden Anstenerungsseiten nicht 
angetroffen. 
Am 14. nachmittags setzte ich die Weiterreise fort 
und ankerte am 16. August nachmittags in Friedrich 
Wilhelmshafen. 
Rus dem Bereiche der Missionen und 
der Kntishlaverei-Bewegung. 
Aus Ostafrika ist auf telegraphischem Wege die 
betrübende Nachricht eingetroffen, daß die Missionare 
Karl Segebrok und Ewald Ovir in der Nacht 
vom 19. zum 20. Oktober in Mern im Kilimandjaro- 
gebiete von Eingeborenen ermordet worden sind. Die 
beiden Missionare, welche deutschen Ursprungs, aber, 
in Ingermannland geboren, russischer Staatsangehö- 
rigkeit sind, wurden im Sommer vorigen Jahres 
von der Leipziger evangelischen Missionsgcsellschaft 
nach dem Kilimandjarogebict hinausgesandt und 
hatten sich erst vor Kurzem nach der Gegend des 
Meruberges zum Zwecke der Anlegung einer Station 
begeben. 
Wie weiter gemeldet wird, ist eine Expedition 
unter dem Stationschef Kompagnieführer Johannes 
zur Bestrafung der Mörder unterwegs. 
Die Missionszeitschrist „Kreuz und Schwert- 
veröffentlicht in ihrer Novembernummer einen Aufruf 
des apostolischen Präfekten F. Maurus Hartmann 
zu Beiträgen zum Bau einer katholischen St. Josephs= 
kirche in Dar-es-Saläm. Die Zahl der weißen und 
farbigen Katholiken sei inzwischen so angewachsen, 
daß das kleine, zinkgedeckte, ursprünglich als Schlaf- 
raum dienende Kirchlein im Benediktinerkloster lange
	        
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